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Neuburg-Schrobenhausen: Dieses Dorf verschwindet

Neuburg-Schrobenhausen

Dieses Dorf verschwindet

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    Land unter hieß es schon öfter in Moos, zuletzt im Jahr 2005, als unser Archivbild entstand. Die frustrierten Bürger drangen damals auf eine Lösung.
    Land unter hieß es schon öfter in Moos, zuletzt im Jahr 2005, als unser Archivbild entstand. Die frustrierten Bürger drangen damals auf eine Lösung. Foto: NR (Archiv)

    Ein jahrhundertealter Ort wird nach und nach von der Landkarte verschwinden. Weil es der Staat so haben will.

    Das Dorf mit einmal 41 Anwesen und 112 Einwohnern heißt Moos, ein Ortsteil des Marktes Burgheim im Kreis Neuburg-Schrobenhausen. Es gibt Bauernhöfe, teils exklusive Wohnanwesen und schöne Gärten mit alten Obstbäumen und gepflegten Blumenrabatten. Hinter den Zäunen grüne Wiesen und noch weiter weg herrliche Laubholzwälder – eine ländliche Idylle. Die Kinder können auf der Straße spielen, weil es keinen Durchgangsverkehr gibt. Aber die Bundesstraße 16 ist nicht weit weg und die Verkehrsanbindung damit ideal.

    Das "Hochwasser-Dorf" ging schon oft unter

    Aber manchmal auch ein Albtraum für sie. Immer dann, wenn die nahe Donau sehr viel Hochwasser führt. Denn Moos liegt in einer großen Senke. Der Fluss ist vom Dorf aus gar nicht zu sehen. Aber er findet den Weg dorthin. Das

    Lösungsansätze der Bewohner winkt der Staat ab

    Nach dem Pfingsthochwasser 1999 forderten die Mooser und der Burgheimer Bürgermeister Albin Kaufmann Hilfe vom Freistaat. Die Marktgemeinde sah und sieht auch heute noch ein Gefahrenpotenzial in dem riesigen Stausee vor dem Kraftwerk Bertoldsheim ganz in der Nähe. Der Staustufenbetreiber solle den total verschlammten See endlich räumen und jenes gewaltige Rückhaltevolumen wiederherstellen, das beim Bau des künstlichen Beckens geschaffen wurde, fordert der Markt. Doch das Landratsamt und die Wasserexperten des Staates winkten ab. Das bringe kaum was. Dem Staustufenbetreiber blieb die millionenschwere Entlandung erspart. Bis heute.

    Der nächste Lösungsansatz: Ein Ringdeich mit Wällen, Schöpfwerk, Wehranlagen und Sicherungseinrichtungen für Abwasserkanäle. Kostenpunkt: 14,5 Millionen Euro. Aber: Ohne Garantie gegen Druckwasser, das über den Untergrund in die Keller eindringt. Also auch nur eine halbe Lösung. Deshalb wurde das „Asterix-Dorf“ mit dem riesigen Erdwall drum rum wieder verworfen.

    Das Wasserwirtschaftsamt will Moos als Abflussgebiet nutzen

    2005 holte der Freistaat zum großen Schlag aus, damit er das natürliche Landschaftsbecken freibekommt und vollständig als Abflussgebiet nutzen kann:  Das Wasserwirtschaftsamt sprach sich für die totale Absiedelung von Moos aus. Das brachte die Gemüter in den ohnehin schon sehr emotionalen Debatten im Marktgemeinderat wie im Kreistag Neuburg-Schrobenhausen endgültig zum Kochen.

    Häuser werden vom Staat abgelöst, die wertlosen Grundstücke müssen die Mooser behalten

    Die Dorfgemeinschaft wehrte sich heftig. Die Menschen fühlten sich jetzt vom Staat völlig im Stich gelassen und wollten ihre Heimat nicht aufgeben. Petitionen, Demonstrationen und Protestfahrten in den Landtag nutzten aber nichts. Das Wasserwirtschaftsamt schickte die Gutachter ins Dorf und ließ den Wert der Häuser ermitteln. Aber nicht den der Grundstücke. Die können – oder müssen – die Mooser nämlich behalten. Die Flächen sind praktisch wertlos. Käufer findet man keine. Auch eine Umwandlung in ein Freizeitgrundstück ist nicht möglich, denn das Landratsamt hat auf Druck der Staatsregierung bereits 2005 den generellen Baustopp über das ganze Dorf verhängt.

    Lediglich die Gebäude werden abgelöst. Mit 75,76 Prozent vom Schätzwert. Die Absiedelungskosten sind auf 10,5 Millionen Euro taxiert.

    Fünf Eigentümer wollen durchhalten

    Anfangs wollte keiner weichen. Aber der jahrelange Kampf hat Nerven gekostet. Der Widerstand weicht auf wie die Dämme bei einem langen Hochwasser. Immer mehr unterschreiben und bauen sich irgendwo anders eine neue Existenz auf. Der Abbruchbagger hat bereits sieben Anwesen plattgemacht. Darunter die über 400 Jahre alte Mühle, die einmal zum Besitz des Zisterzienserklosters Niederschönenfeld gehörte und zu einem traumhaften Wohnhaus umgebaut war. Die nächsten Anwesen stehen schon auf der Abbruchliste.

    Fünf Eigentümer wollen durchhalten und bleiben. Aber die alten Nachbarn und die Freunde gehen oder sind schon gegangen, die Dorfgemeinschaft löst sich auf. Die Zeit spielt für den Staat. Und die nächsten Hochwasser, die sicher kommen werden, ohnehin.

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