Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Natur: Warum der Luchs so gefährlich lebt

Natur

Warum der Luchs so gefährlich lebt

    • |
    Etwa zwei Dutzend Luchse gibt es derzeit im Bayerischen Wald. Jede illegale Tötung fällt da massiv ins Gewicht.
    Etwa zwei Dutzend Luchse gibt es derzeit im Bayerischen Wald. Jede illegale Tötung fällt da massiv ins Gewicht. Foto: Holger Hollemann, dpa

    Für den SPD-Umweltpolitiker Florian von Brunn sind die Zahlen „tatsächlich schockierend“, die ihm das Umweltministerium mitgeteilt hat. Er wollte wissen, wie es um die Tötung streng geschützter Tiere in Bayern steht. Die Antwort: In den vergangenen sechs Jahren wurden fünf Luchse und zwei Fischotter illegal getötet. In diesem Zeitraum sind in Ostbayern auch 14 Luchse spurlos verschwunden. Die Tiere, die drei bis fünf Jahre alt wurden, „konnten sich in ihrem Lebensraum nicht länger als 30 Monate halten, was angesichts der natürlichen Lebensdauer von Luchsen sehr ungewöhnlich ist“, schreibt das Ministerium. Bei den verschollenen Luchsen kann aus Sicht des Landesamts für Umwelt eine illegale Verfolgung durch den Menschen nicht ausgeschlossen werden.

    Dunkelziffer ist laut Experten deutlich höher

    Auch mindestens 85 Greifvögel wurden zwischen den Jahren 2010 und 2015 vergiftet oder auf andere Weise getötet – darunter sind vor allem Mäusebussarde und Rotmilane, aber auch ein Gänsegeier und ein Seeadler.

    Fachleute gehen davon aus, dass die Dunkelziffer noch deutlich höher liegt. „Das ist nur die Spitze des Eisberges“, sagt beispielsweise Jens Schlüter, der im Bund Naturschutz in Bayern der Luchsexperte ist.

    Bislang wurde kein Täter wegen der illegalen Tötung von Wildtieren belangt

    Der Landtagsabgeordnete von Brunn wirft der Staatsregierung vor, bisher viel zu wenig gegen die illegalen Tötungen der Wildtiere unternommen zu haben. Er macht das unter anderem daran fest, dass in den bekannten Fällen kein einziger Täter belangt wurde. Es konnten überhaupt nur in zwei Fällen Verdächtige ermittelt werden – bei dem im Januar 2011 im Landkreis Neustadt an der Aisch abgeschossenen Seeadler und bei dem im Februar 2015 im Kreis Forchheim in einer Tierfalle verendeten, nicht näher benannten Greifvogel. Doch die Ermittlungsverfahren wurden eingestellt, heißt es in der Antwort des Ministeriums auf die Anfrage. „Nach Mitteilung der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft konnte gegen die Beschuldigten ein Tatnachweis nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit geführt werden.“

    Kaum Anzeigen und keine Aufklärung der Wilderei: „Das ist eine erbärmlich schlechte Bilanz“, fasst von Brunn zusammen. Die Landtags-SPD fordert eine breite Informationskampagne über Artenschutz und Umweltkriminalität in Bayern und spezialisierte Fachdezernate bei der Polizei sowie eine entsprechende Schwerpunktstaatsanwaltschaft, die sich mit den Delikten bayernweit beschäftigt.

    Umweltministerin hat Belohnung für Ergreifung von Tätern ausgelobt

    Wie die Polizei bei der illegalen Tötung von Luchsen effizienter ermitteln kann, steht in einem internen Handlungskonzept, das inzwischen vom Polizeipräsidium Oberpfalz entwickelt worden ist. Das Papier ist allerdings als Verschlusssache eingestuft und „nur für den Dienstgebrauch“ – die unterste Sicherheitsstufe und „durchaus üblich“, um nicht Ermittlerwissen preiszugeben, heißt es aus dem Innenministerium.

    Selbst Belohnungen für die Ergreifung von Tätern haben bislang nichts bewirkt. Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) hat im Fall von Luchstötungen im Bayerischen Wald jeweils 10.000 Euro ausgelobt. „Wir mussten das Geld bis jetzt nicht ausbezahlen“, sagte gestern eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage. Der Bund Naturschutz hat es vor Jahren bereits mit einer doppelt so hohen Summe versucht. Aber „das bringt nichts“, sagt Luchsexperte Schlüter. Sein Verband fordert eine unabhängige Ermittlungseinheit, die mit der nötigen Fachkenntnis die illegalen Tötungen strafrechtlich verfolgt. Mitte Juli wollen die Naturschützer der Umweltministerin eine Massenpetition überreichen, in der auch diese Forderung enthalten ist. Für Schlüter ist das die Nagelprobe, wie ernst es Scharf mit der Bekämpfung von Umweltkriminalität meint. Die Aussage der Ministerin ist deutlich: „Kriminelles Verhalten ist nicht hinnehmbar. Die illegale Tötung streng geschützter Arten muss konsequent verfolgt und bestraft werden.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden