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Nach dem Fall Mickhausen: So gefährlich ist die rechte Szene in Schwaben

Nach dem Fall Mickhausen

So gefährlich ist die rechte Szene in Schwaben

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    Im Allgäu ist die größte rechtsradikale Skinhead-Gruppierung in Bayern zu Hause. Sie nennt sich „Voice of Anger“.
    Im Allgäu ist die größte rechtsradikale Skinhead-Gruppierung in Bayern zu Hause. Sie nennt sich „Voice of Anger“. Foto: Bernd Thissen, dpa

    Von Mickhausen im Landkreis Augsburg aus soll eine rechte Terrorzelle gesteuert worden sein. Was bleibt, ist die Frage: War das ein Einzelfall? Und wie gefährlich ist die rechte Szene in der Region?

    Wie groß ist die Zahl der Rechtsextremen in Bayern?

    Das bayerische Innenministerium geht davon aus, dass 2018 im Freistaat 2360 Personen dem rechtsextremistischen Kreis zuzuordnen waren – davon 500 als Mitglieder der NPD (55 Mitglieder in Schwaben), 160 bei der neonazistischen Partei „Der Dritte Weg“ (zehn in Schwaben) und zehn bei der Partei „Die Rechte“, die in Schwaben nicht aktiv ist. 1200 Personen sind nicht in Vereinen oder Kameradschaften organisiert. 30 Prozent der Rechtsextremen in Bayern sind nach Aussage der Experten Neonazis, gut 40 Prozent gelten als gewaltorientiert.

    Wie viele rechtsextreme Gewalttaten zählt die Polizei in Schwaben?

    Für Nordschwaben verzeichnet die Polizei 2018 kein einziges von Rechtsextremisten begangenes Gewaltdelikt. Die Zahl anderer Straftaten wie Volksverhetzung oder Sachbeschädigung durch Rechtsextremisten lag bei 88. Im Allgäu ist das Problem größer. Dort wurden 2018 insgesamt 182 rechtsextremistische Straftaten registriert. Fast 50 Prozent davon waren Propagandadelikte, knapp 30 Prozent Fälle von Volksverhetzung, in acht Fällen waren es Gewaltdelikte wie Körperverletzung, Raub oder Freiheitsberaubung. In ganz Bayern waren es 1834 rechtsextremistisch motivierte Straftaten, darunter 1124 Propagandadelikte und 63 Gewaltdelikte.

    Wo liegt der Schwerpunkt der Neonazi-Szene in der Region?

    Im Allgäu gibt es mehr Neonazis, als man vermuten würde. Sagt der Journalist Sebastian Lipp, der sich seit Jahren mit der rechten Szene im Allgäu beschäftigt und das Online-Portal „Allgäu Rechtsaußen“ betreibt. Im Allgäu ist auch die größte rechtsradikale Skinhead-Gruppierung in Bayern zu Hause. Sie nennt sich „Voice of Anger“ (Stimme des Zorns), hat etwa 60 Mitglieder und ist im Raum Memmingen und Kempten aktiv. Lipp sagt bei Vorträgen Sätze wie: „Es ist bequem, im Allgäu ein Nazi zu sein, weil man nirgends aneckt.“ Viele pflegten nach außen eine unauffällige bürgerliche Existenz. Im Inneren organisiert die Kameradschaft rechtsextreme Konzerte und „Heldengedenken“, auf denen darüber informiert werde, wie ein bewaffneter Kampf der Rechten begonnen werden könne. Die Mitglieder trainierten häufig Kampfsport und betrieben im Allgäu Tattoo- und Piercingstudios.

    Wer sind die führenden Köpfe?

    Die Bayerische Informationsstelle gegen Rechtsextremismus zählt mehrere Aktivisten auf: Benjamin Einsiedler, führender Aktivist von „Voice of Anger“, betreibe im Unterallgäu das rechtsextreme Plattenlabel „Oldschool Records“. Roland Wuttke koordiniere als langjähriger Funktionär der rechten Szene die Bürgerinitiative Ausländerstopp Augsburg. Alexander Feyen betreibe in Rain am Lech den rechtsextremistischen Online-Versandhandel „Schwarze-Sonne-Versand“. Er ist Schatzmeister der NPD in Bayern.

    Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: Terrorzelle enttarnt: Unser Kampf gegen Rechts muss entschlossener werden

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