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Nach Missbrauchsfällen: Justizministerin mahnt bessere Kooperation der Kirchen an

Nach Missbrauchsfällen

Justizministerin mahnt bessere Kooperation der Kirchen an

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    Beate Merk.
    Beate Merk.

    Der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche birgt nach Ansicht von Bayerns Justizministerin Beate Merk ernste Gefahren für das Verhältnis von Staat und Kirche.

    Die CSU-Politikerin mahnte vor allen eine bessere Zusammenarbeit der Kirche mit der Justiz an. "Es gibt Fälle, in denen es nicht so läuft, wie es laufen sollte", sagte Merk der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag). Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper hält kirchenintern eine "ernsthafte Reinigung" für dringend notwendig. Es sei gut, dass Papst Benedikt XVI. Klarheit schaffen wolle und "Null-Toleranz" denen gegenüber verlange, die sich mit so schwerer Schuld beschmutzten, sagte Kasper der römischen Tageszeitung "La Repubblica" (Samstag).

    Merk sagte, wenn sich herausstelle, dass die Kirche der Staatsanwaltschaft bewusst Verdachtsfälle von Kindesmissbrauch verschwiegen habe, dann werde das Verhältnis von Staat und Kirche beschädigt. "Die Kirche muss jetzt ein klares Signal geben, dass ihr der Schutz der Opfer, das Mitgefühl mit den Kindern, wirklich das Wichtigste ist. Dafür muss sie ganz konsequent mit den

    Merk forderte auch, die Verjährungsfristen bei Kindesmissbrauch auf 30 Jahre zu erweitern. Die jetzigen Verjährungsfristen seien viel zu kurz. Die CSU-Politikerin sprach sich auch für ein Krisentreffen mit den Bischöfen aus. "Ich werde mich gern mit den Bischöfen treffen. Wir müssen das Problem gemeinsam angehen", sagte Merk. "Es darf nichts unter den Tisch gekehrt werden." Am Freitag hatten Kirchenbeauftragte zahlreiche Details zu Missbrauchsfällen im oberbayerischen Kloster Ettal sowie bei den Regensburger Domspatzen bekanntgegeben.

    Mehrere ehemalige Domspatzen, die sexuell missbraucht oder körperlich misshandelt wurden, sind nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" bei Therapeuten im Münchner Raum in Behandlung. Ein Betroffener aus dem Allgäu habe von grausamen Ritualen im Internat Etterzhausen berichtet, einer Vorschule für jüngere Schüler, aus dem sich die Domspatzen in Regensburg rekrutierten. Dort habe Ende der 1950er Jahre der Direktor, ein katholischer Priester, härteste Strafen verhängt. So habe er oft auch in seinen Privaträumen ein "Nacktprügeln" betrieben, bei dem sich die acht- bis neunjährigen Kinder entblößen mussten und Schläge mit der Hand bekamen.

    Der Regisseur und Komponist Franz Wittenbrink, der bis 1967 im Regensburger Internat der Domspatzen lebte, sprach dem Bericht zufolge von einem "ausgeklügelten System sadistischer Strafen verbunden mit sexueller Lust", das dort bestand. Der damalige Internatsdirektor habe sich "abends im Schlafsaal zwei, drei von uns Jungs ausgesucht, die er in seine Wohnung mitnahm". Dort habe es Rotwein gegeben und der Priester habe mit den Minderjährigen masturbiert. "Jeder wusste es", sagte Wittenbrink, ein Neffe des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel (CSU). "Warum der Papstbruder Georg Ratzinger, der seit 1964 Domkapellmeister war, davon nichts mitbekommen haben soll, ist mir unerklärlich." In seinem Jahrgang habe ein Mitschüler kurz vor dem Abitur Selbstmord begangen.

    Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" ist der oberste Benediktiner, Abtprimas Notker Wolf, verärgert über die Aktivitäten der Erzdiözese München und Freising nach den Missbrauchsfällen im Benediktinerkloster Ettal. Es müsse geklärt werden, "ob die Erzdiözese so mit einer Abtei umgehen kann, wie sie es jetzt tut, beispielsweise die Schließung der Schule anzudrohen, falls der Schulleiter nicht zurücktritt, ohne dass diesem das Geringste vorgeworfen werden kann", sagte Wolf. (dpa/lby)

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