Die Bilder, die Demonstranten am Samstag in Berlin produzierten, werden lange nachhallen. Dutzende Menschen versammelten sich am Reichstag und versuchten, ins Innere des Gebäudes zu gelangen, in dem das deutsche Parlament tagt. Viele von ihnen schwenkten Reichsflaggen, durchbrachen die Absperrungen und liefen auf die Treppe vor dem Eingang. Polizisten hielten sie davon ab, in das Gebäude einzudringen.
Eigentlich sollen Absperrungen und Bannmeilen eine derartige Eskalation verhindern und Parlamentsgebäude schützen. Auch in München gibt es rund um den Landtag eine Bannmeile, die offiziell den Namen "befriedeter Bezirk" trägt und in der öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel grundsätzlich verboten sind. Der Grund: Die Abgeordneten sollen unbeeinträchtigt von Störungen freie Entscheidungen treffen können. Zwar ist das Verbot nicht strikt: "Wir müssen jeden Einzelfall prüfen", sagt die CSU-Politikerin und Landtagspräsidentin Ilse Aigner dem Bayerischen Rundfunk. Allerdings habe man solche Anträge bisher "mehrfach abgelehnt".
Befriedeter Bezirk schützt den Landtag in München
Wer dennoch an einer Versammlung innerhalb des Bereichs teilnimmt, könne mit einer Geldstrafe von bis zu 3000 Euro belegt werden, teilt Landtags-Pressesprecher Peter Ringlstetter mit. Wer gar dazu aufrufe, den erwarten unter Umständen zwei Jahre Gefängnis.
Für Spaziergänger ist die Bannmeile jedoch begehbar – selbst die gut sichtbare Auffahrt des Landtags vom Isarufer her. Sollte es dort zu einer Versammlung kommen, werde sie mithilfe der Polizei aufgelöst, sagt Ringlstetter.
Demonstration vor dem Landtag: In München herrschen andere Regeln als am Bundestag
Das Sicherheitskonzept mit Blick auf die Berliner Vorfälle zu überarbeiten, sei aktuell nicht angedacht. Zwar werde man das Thema im Ältestenrat besprechen, sagt Präsidentin Aigner. Jedoch sei für sie wichtig, dass sich der Landtag nicht verbarrikadiere. Die Sicherheit stehe im Vordergrund, klar sei für sie dennoch: "Wir wollen offen sein."
Auch Vertreter der Opposition im Landtag stehen möglichen Verschärfungen skeptisch gegenüber. "Sicherheitskonzepte zu überprüfen und den aktuellen Lagen anzupassen, ist sicher richtig", sagt Jürgen Mistol, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, unserer Redaktion. Der Bayerische Landtag dürfe jedoch nicht "zu einer abgeschotteten Trutzburg umgewandelt werden".
Nach Angaben des Innenministeriums ist für Samstag, 12. September, eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in der Münchner Innenstadt angekündigt. Die Regelungen in der Landeshauptstadt sind bereits jetzt strikter als in Berlin. Dort sind Versammlungen in der Bannmeile außerhalb der Sitzungswochen erlaubt. Der Augsburger CSU-Politiker Volker Ullrich schlägt nun in der Welt vor, das faktische Demonstrationsverbot nicht mehr nur auf die Sitzungstage des Parlaments zu beschränken – Ausnahmen sollten jedoch weiterhin möglich sein.
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