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Mamming: Nach Corona-Ausbruch: Mehr Kontrollen für Saisonarbeiter

Mamming

Nach Corona-Ausbruch: Mehr Kontrollen für Saisonarbeiter

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    Etwa zwei Dutzend Erntehelfer arbeiten auf einem Gurkenflieger.
    Etwa zwei Dutzend Erntehelfer arbeiten auf einem Gurkenflieger. Foto: Pleul, dpa

    Kaum ein Gemüse ist so kräfteraubend zu ernten wie die Gurke. Jeder Tag ist entscheidend, denn die Gurken wachsen schnell. Nur die kleinen, die in die Gurkengläser passen, versprechen Profit. Schulter an Schulter liegen die Erntehelfer auf dem sogenannten Gurkenflieger, der aussieht wie ein Traktor mit zwei Flügeln. Es ist heiß und stickig unter der Plane, die die Arbeiter vor Wind und Wetter schützen soll. Die Abende und Nächte verbringen sie in Gemeinschaftsunterkünften – Bedingungen, extrem günstig für die Verbreitung des Coronavirus.

    Im Mamming gibt es über 170 Corona-Fälle

    Auf einem Gurkenhof in Mamming (Kreis Dingolfing-Landau) haben sich mehr als 170 der knapp 500 Erntehelfer mit Covid-19 angesteckt. Ersten Vermutungen zufolge hat der Betreiber sich nicht an das Hygienekonzept gehalten, das die Gemüsebauern sich selbst auferlegt haben. Denn eigentlich sollten die Erntehelfer nur in festen Gruppen von je 25 Leuten arbeiten und wohnen. Bei einer Pressekonferenz am Montag in Dingolfing sagte der zuständige Landrat Werner Bumeder (CSU), dass diese vorgeschriebene Trennung nicht ordnungsgemäß eingehalten worden sei. Und weil sich die Infektionswege nicht mehr nachvollziehen lassen, steht jetzt der ganze Betrieb unter Quarantäne. Die Erntehelfer aus Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Ukraine sind – je nachdem, ob infiziert oder nicht – in verschiedene Häuser aufgeteilt. Die Ernte ruht, die Gurken wachsen weiter.

    Freistaat erhöht Bußgelder bei Hygiene-Verstößen

    Die Betreiberfamilie, die neben Gurken für Einmachgläser auch Erdbeeren, Kohl und Rote Bete anbaut, will sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht zu den Vorwürfen äußern. Sie habe „keine Kraft mehr“, sagt die Frau am anderen Ende der Telefonleitung.

    Die Konsequenzen, die der Freistaat aus dem Fall zieht, treffen auch andere Gemüsehöfe. Bei Verstößen gegen Hygieneauflagen würden künftig 25.000 Euro statt bislang 5000 Euro Bußgeld fällig, kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Dingolfing an. Betriebe sollen häufiger als bisher kontrolliert werden, und zwar „Tag und Nacht unangemeldet“. Vorgesehen sind auch Corona-Tests für alle Saisonarbeiter in Bayern. Die Bewohner der 3340-Einwohner-Gemeinde an den Isar-Auen können sich kostenlos testen lassen.

    Opposition kritisiert Umgang mit Erntehelfern

    Für die Opposition im Landtag ist das Thema damit noch nicht erledigt. Sie sieht nach dem Ausbruch in Mamming einige Mängel im Handeln der Staatsregierung. Die Grünen kritisieren ein „ostentativ zur Schau getragenes Desinteresse bei der Unterbringung von Saisonarbeitskräften“. Die SPD fordert ein Wohnraumaufsichtsgesetz, um Mindeststandards bei den Wohnverhältnissen sicherzustellen. „Im Moment haben die Betriebe hier völlig freie Hand“, kritisiert die Abgeordnete Diana Stachowitz, Expertin für Arbeitsmarktfragen.

    Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der FDP im Landtag, Julika Sandt, geht noch weiter. „Beim arroganten Umgang der bayerischen Staatsregierung mit dem Gesundheitsschutz von Erntehelfern war es nur eine Frage der Zeit, wann es wieder Corona-Herde in Bayern geben würde“, sagt sie und verweist darauf, dass das Gesundheitsministerium noch im Mai auf ihre Anfrage erklärt habe, dass Gesundheitskontrollen bei Erntehelfern einen „unverhältnismäßig hohen Aufwand“ darstellten.

    Auf Nachfrage unserer Redaktion wies Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) diesen Vorwurf zurück. Viele Erntehelfer, so sagte sie, seien erst jetzt gekommen.

    Niederbayern ist das wichtigste Gurkenanbaugebiet im Freistaat, ein Großteil des Gemüses wird zu Essiggurken verarbeitet – teils auch in Schwaben.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Corona-Krise: Arbeitsbedingungen der Erntehelfer sind unser Problem

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