Vor dem Mord am 50-jährigen Ismail Yasar in Nürnberg 2005 will eine Zeugin Beate Zschäpe in der Nähe des Tatorts gesehen haben. Das sagte die Frau am Dienstag beim NSU-Prozess am Oberlandesgericht in München.
Das ist Beate Zschäpe
Beate Zschäpe wurde am 2. Januar 1975 in Jena geboren. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin.
Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging Beate Zschäpe einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. «Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter», heißt es weiter.
Mit dem Gesetz kam Zschäpe erstmals als 17-Jährige in Konflikt. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen «Diebstahls geringwertiger Sachen» zu einer Geldstrafe verurteilt.
Zu der Zeit war sie aber häufiger Gast im Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt ist viel spekuliert worden.
Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beteiligten sich zu der Zeit an Neonazi-Aufmärschen im ganzen Land.
Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt.
Danach agierte Zschäpe mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie nannte sich unter anderem Silvia, Lisa Pohl, Mandy S. oder Susann D. Zeugen beschrieben sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.
Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena.
Im Prozess schwieg Zschäpe lange Zeit. An Verhandlungstag 211, im Juni 2015, antwortete sie dem Richter ein erstes Mal, und zwar auf die Frage, ob sie überhaupt bei der Sache sei.
Zu den Vorwürfen äußerte sich Zschäpe erstmal im September 2015. Ihr Verteidiger las das 53-seitige Dokument vor, in dem Zschäpe ihre Beteiligung an den Morden und ihre Mitgliedschaft im NSU bestritt. Lediglich die Brandstiftung in der letzten Fluchtwohnung des Trios gestand sie.
Ein psychologisches Gutachten aus dem Januar 2017 beschreibt Zschäpe als "voll schuldfähig".
Beate Zschäpe habe vor ihr in einem Supermarkt an der Kasse in der Schlange gestanden, sagte die Zeugin. Zschäpe sei ihr aufgefallen, weil sie einer Schauspielerin aus der US-Fernsehserie "Roseanne" ähnlich sehe: Sara Gilbert, die in der Serie die Figur der Darlene Conner spielt. "Sie stand direkt vor mir."
Zeugin: Beate Zschäpe an der Supermarktkasse getroffen
Wie die Zeugin vor Gericht erzählte, habe sie der Begegnung Beate Zschäpe anfangs im Supermarkt keine Beachtung geschenkt. "Als ich nach ein paar Jahren dieses Fahndungsbild gesehen habe, ist mir eingefallen, dass ich die am Edeka gesehen habe."
Die lockigen Haare und das Gesicht hätten sie an die amerikanische Schauspielerin erinnert. Der Vorsitzende Richter legte der Zeugin Bilder der Schauspielerin vor; tatsächlich besteht vom Typ her eine gewisse Ähnlichkeit zu der Hauptangeklagten.
Zwei Männer mit Fahrrädern am Tatort in Nürnberg
Die Zeugin berichtete auch, dass sie auf einem Spielplatz in der Nähe des Tatorts zwei junge Männer mit Fahrrädern gesehen habe. Beide hätten sehr kurze, fast rasierte Haare gehabt. "Für mich sahen die aus wie zwei Russen, aber die Gesichter kann ich ihnen nicht mehr beschreiben." Mehrere Zeugen hatten zwei Männer mit Fahrrädern am Tatort gesehen.
In der Anklageschrift geht die Bundesanwaltschaft aufgrund der Aussagen der Frau davon aus, dass Beate Zschäpe am Nürnberger Tatort war. In ihrer Vernehmung vor Gericht konnte sich die Zeugin allerdings an viele Einzelheiten nicht mehr erinnern; auch stehen ihre Aussagen zum Teil im Widerspruch zu Angaben, die sie bei einer Vernehmung im Jahr 2005 gemacht hatte.
NSU-Morde: Beate Zschäpe als Mittäterin angeklagt
Bislang gibt es keine belastbaren Hinweise, dass Zschäpe bei den Anschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) in der Nähe der Tatorte gewesen sein könnte. Beate Zschäpe ist als Mittäterin an allen Verbrechen der rechtsextremen Terrorgruppe angeklagt.
Laut Anklage haben Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos den 50-jährigen Ismail Yasar am Vormittag des 9. Juni 2005 in seinem Döner-Imbiss erschossen. Insgesamt werden der Neonazi-Gruppierung zehn Morde zur Last gelegt, darunter neun an Geschäftsleuten ausländischer Herkunft. dpa/AZ