Im Münchner NSU-Prozess haben die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe einen Befangenheitsantrag gegen sämtliche Mitglieder des Strafsenats gestellt. Das sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl in der Hauptverhandlung am Dienstag. Der schriftliche Antrag sei am Montag eingegangen.
Sitzung kurz nach Beginn unterbrochen
Zur Begründung des Ablehnungsgesuchs sagte Götzl zunächst nichts. Die Sitzung wurde kurz nach Beginn unterbrochen. Bereits zu Prozessbeginn hatten Zschäpes Verteidiger einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter gestellt, der aber abgelehnt wurde.
Die juristische Aufarbeitung der NSU-Morde
Der Prozess: Er begann im Mai 2013 vor dem Oberlandesgericht München und kann, so wird geschätzt, bis zu zweieinhalb Jahre dauern.
Die Angeklagten: Auf der Anklagebank sitzen die 38-jährige, in Jena geborene mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe sowie vier Helfer der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).
Die Anklage: Dem NSU werden zehn Morde in den Jahren 2000 bis 2007 angelastet. Acht der Opfer waren türkischer Abstammung, ein Mann war Grieche.
Letztes Opfer war die Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter.
Alle wurden kaltblütig erschossen, aus nächster Nähe. Hinzu kamen zwei Sprengstoffanschläge mit 23 Verletzten.
Die mutmaßlichen Täter und NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die sich kurz vor ihrer Festnahme töteten, entkamen immer unerkannt.
Beate Zschäpe, so die Anklage, soll Mitglied der Terrorgruppe gewesen sein.
Das Gericht: Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts wird auch Staatsschutzsenat genannt. Er ist mit fünf Berufsrichtern besetzt.
Der Senat ist zuständig bei Anklagen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Offenbarung von Staatsgeheimnissen.
2012 hatte er zum Beispiel einen Freispruch gegen einen Journalisten aufgehoben, der den Schauspieler Ottfried Fischer mit einem Sex-Video zu einem Interview genötigt haben soll.
Außerdem werden dort sämtliche Terrorprozesse in Bayern verhandelt. Der Strafsenat verhandelt auch Revisionsverfahren.
Der Vorsitzende: Richter Manfred Götzl hat seine Karriere 1983 als Staatsanwalt begonnen. Er ist dafür bekannt, dass er sich strikt, fast bürokratisch an Regeln hält.
In sieben Jahren als Schwurgerichtsvorsitzender kassierte der Bundesgerichtshof nur ein einziges seiner Urteile.
Nebenkläger: Das Gericht hat 71 Nebenkläger eingeplant, darunter vor allem Angehörige der Mordopfer. (dpa/AZ)
Zschäpe ist als mutmaßliche Mittäterin bei den Mordanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) angeklagt. Der Neonazi-Terrorgruppe werden unter anderem zehn Morde zur Last gelegt.
Am Dienstag wollte sich das Gericht nach ursprünglicher Planung mit dem Mord an Mehmet Turgut am 25. Februar 2004 befassen. Zwei seiner Brüder sind deshalb als Nebenkläger im Gerichtssaal erschienen. Ob die Verhandlung wie geplant fortgesetzt wird, war zunächst noch nicht abzusehen. dpa/AZ