Das Oberlandesgericht (OLG) München hat am heutigen Dienstag zwei Mitglieder der Chemnitzer Neonazi-Szene über ihre Unterstützung für den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) vernommen. 1998 war das mutmaßlich NSU-Trio in Chemnitz untergetaucht und dort von Gesinnungsgenossen versteckt worden. In der Szene sollen zahlreiche scharfe Waffen herumgehen, so einer der beiden Zeugen. Auch er habe russischen Soldaten "für 100 Mark eine Kiste Granaten und eine Kalaschnikow" abgekauft.
Zu Beginn des Prozesses wollte der Zeuge sich an nichts erinnern. Daraufhin wurde er vom Vorsitzenden Richter Manfred Götzl ermahnt: "Sie sollten uns hier nichts vormachen und keine Show abziehen. Das würde ich Ihnen wirklich nicht empfehlen."
Gründungszeit der NSU: "Wir waren damals alle ausländerfeindlich"
"Zum Schutz vor Ausländern" wurden die Waffen gekauft, sagt der Zeuge. Nach seiner Darstellung sei er 1993 im Streit aus der Szene ausgetreten. Zwar habe er persönlich keine Ausländer gekannt, aber "wir waren damals alle ausländerfeindlich".
Anfang der 1990er Jahre habe er zusammen mit einer Mitgründerin der Gruppe "Blood & Honour" in Cheminitz die rechtsradikale Szene der Stadt "vereint". Die beiden konnten alle bis dahin rivalisierten Gruppen zu gemeinsamen Veranstaltungen bewegen. Diese Frau hatte im NSU-Prozess in der Vergangenheit auch als Zeugin ausgesagt. Da war sie aber der Meinung, dass sie nur eine harmlose Gruppe von Musikfans mit Interesse an Familie und Kindern aufgebaut hat.
Der Zeuge gab an gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Szene ein Asylbewerberheim in Flöha bei Chemnitz überfallen zu haben. Er nannte mehrere Namen aktenbekannter Mitglieder der Szene, die Unterschlupf für das untergetauchte Trio organisiert haben sollen.
Widersprüche zwischen den Aussagen der beiden Zeugen
Schließlich habe er bei einem weiteren Zwischenfall gegen die Rädelsführer ausgesagt und mit der Szene gebrochen. Bei dem Zwischenfall überfielen Neonazis eine Gruppe Bundeswehrsoldaten. In Dänemark habe er wieder Waffen gekauft. Diesmal zum "Schutz vor den Rechten".
Der zweite Zeuge zählt bis heute zur rechtsextremen Szene. Einen der Mitangeklagten begrüßt er vor dem Gerichtsgebäude mit Handschlag. Auf seinem Facebook-Profil findet man ein Foto mit der Aufschrift "Saufen macht frei". Es ist im Stil der Toreinfahrt im KZ Auschwitz mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei".
In seiner Aussage gibt er an, dass er die drei Mitglieder des NSU-Trios gekannt habe und 1998 das letzte Mal getroffen habe. Zu Details machte er immer wieder Gedächtnislücken geltend. Eine scharfe Waffe habe er nicht besessen. Damit widerspricht er dem anderen Zeugen. Der berichtete, dass die beide zusammen in einem Waldstück mit einer scharfen Waffe geübt hätten. Das Gericht will den zweiten Zeugen ein weiteres Mal laden.
Beate Zschäpe ist die Hauptangeklagte im NSU-Prozess. Ihr werden zehn überwiegend rassistisch motivierte Morde und zwei Sprengstoffanschläge von der Bundesstaatsanwaltschaft vorgeworfen. Vier mutmaßliche Unterstützer sind mitangeklagt. AZ/dpa/lby