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NS-Dokumentationszentrum: Obersalzberg entlässt 22 Besucher-Führer

NS-Dokumentationszentrum

Obersalzberg entlässt 22 Besucher-Führer

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    Das NS-Dokumentationszentrum in Obersalzberg hat 22 Besucherführer entlassen.
    Das NS-Dokumentationszentrum in Obersalzberg hat 22 Besucherführer entlassen. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Das Institut für Zeitgeschichte (IFZ) hat dem Personal, das Besuchergruppen auf Rundgängen durch das Doku-Zentrum leitet, zum Monatsende gekündigt. Hintergrund ist der Verdacht der Scheinselbstständigkeit. Das bestätigte eine Institutssprecherin. Betroffen sind 22 Männer und Frauen, einige von ihnen arbeiten dort seit Jahren.

    "So wie der Zustand jetzt in der Schwebe war, konnten wir ihn nicht lassen", sagte die Sprecherin. Das Problem: Das Institut für Zeitgeschichte ist sich zwar sicher, dass die Mitarbeiter selbstständig und freiberuflich durch das Dokuzentrum führen, die Rentenversicherung sieht das aber anders und spricht von Scheinselbstständigkeit, bei der Sozialversicherungsbeiträge unterschlagen werden. Wer Recht hat, müssen nun Gerichte klären. Das Institut hat gegen die Rechtsauffassung der Rentenversicherung geklagt. In dieser unklaren Rechtslage hätten die Verträge nicht weitergeführt werden können, sagte die Sprecherin. Darum müssten die Mitarbeiter gehen.

    Die bisherige Praxis sei "bewährt und erfolgreich", betonte sie aber - und die Situation in dem Dokuzentrum Obersalzberg sei sicher kein Einzelfall. "Es ist eine Praxis, die es so auch in anderen Ausstellungsbetrieben gibt."

    Grünen-Politiker wittert ähnliche Probleme in anderen Gedenkstätten

    Das befürchten auch die Grünen im bayerischen Landtag. Der kulturpolitische Sprecher der Fraktion, Sepp Dürr, will jetzt von der Staatsregierung wissen, ob es in den bayerischen KZ-Gedenkstätten in Dachau und Flossenbürg ähnliche Probleme gibt. Nach derzeitigem Stand sei das nicht der Fall, sagte der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Freller. Die rund 150 Menschen, die Führungen durch die Gedenkstätten machten, seien "echte Selbstständige" und nicht weisungsgebunden.

    Linkspartei spricht von Skandal

    Die Linkspartei in Bayern sieht in der Kündigung der Mitarbeiter einen Skandal und "Vertuschungsversuch auf Kosten der Beschäftigten". Ein Sprecher des Finanzministeriums, das für die Liegenschaften auf dem Obersalzberg zuständig ist, betonte, die Mitarbeiter lägen im Zuständigkeitsbereich des IFZ. "Es sind keine staatlichen Mitarbeiter." Das Ministerium kündigte aber bereits an, künftig mehr Geld für das Personal im Dokuzentrum zur Verfügung zu stellen.

    Auch die Grünen erheben schwere Vorwürfe gegen Finanzminister Markus Söder (CSU) und sprechen von einem "lange bekannten Fehler im System". "Finanzminister Söder hat die unsauberen, prekären Beschäftigungsverhältnisse dort billigend in Kauf genommen", kritisierte Dürr.

    Obersalzberg war Hitlers Feriendomizil

    Der Obersalzberg war neben Berlin der zweite Regierungssitz und Feriendomizil Adolf Hitlers. Erst im Sommer hatte der Freistaat mitgeteilt, insgesamt rund 17 Millionen Euro in den Ausbau der Gedenkstätte zu stecken. Baubeginn soll frühestens 2015 sein.

    Konzipiert war die Ausstellung ursprünglich für 30 000 bis 40 000 Gäste pro Jahr. Inzwischen besuchen rund 160 000 Menschen jedes Jahr das Museum, das die Aktivitäten Hitlers und anderer Mitglieder der NS-Führung in ihren Feriendomizilen auf dem Berg dokumentiert. Wer die Besucher künftig durch das Zentrum führen soll, ist noch unklar. Zwei Museumspädagogen und wissenschaftliche Mitarbeiter sollen nach Institutsangaben zunächst einspringen, alle angemeldeten Führungen sollen stattfinden.

    Ganz ähnliche Schwierigkeiten hatte es auch im Bundesrat und im Bundestag gegeben. Im vergangenen Jahr machte das Parlament Schlagzeilen, weil für Mitarbeiter, die Besuchergruppen durch den Bundestag führten, keine Sozialabgaben bezahlt wurden.  dpa/lby

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