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Multimedia-Lesetipp: Lockdown unter Palmen: Ein Rundgang durch die Therme Bad Wörishofen

Sonst sind die Plätze im Whirlpool und an der Poolbar heißt begehrt - in Corona-Zeiten bleibt die Therme Bad Wörishofen verwaist.
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Lockdown unter Palmen: Ein Rundgang durch die Therme Bad Wörishofen

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    Einen schönen Urlaub wünscht das riesige Plakat an der Autobahnabfahrt Bad Wörishofen. Gut gelaunte Badegäste, die in strahlend blauem Wasser die Aussicht auf prächtige Palmen genießen, weisen den Weg in Richtung "Südsee". Doch wer an diesem neblig-kalten Märzmorgen dem Schild voller Sehnsucht nach Wärme und Erholung folgt, merkt schnell, dass daraus nichts wird. An den Einfahrten zum Parkplatz der Therme Bad Wörishofen flattert Absperrband im Wind, nur in einer Reihe bildet sich eine Autoschlange. Diejenigen, die dort anstehen, wollen aber nicht etwa zum Baden. Sie wollen zum Corona-Test. Nur direkt vor dem Haupteingang parkt ein Dutzend Autos. Sie gehören den wenigen Mitarbeitern, die nicht in Kurzarbeit sind, und einigen Handwerkern - wenn schon keine Badegäste kommen dürfen, wird in der Therme Bad Wörishofen nun eben saniert und umgebaut.

    "Null Einnahmen, und das jetzt seit über 230 Tagen, das muss man stemmen können"Jörg Wund, Inhaber der Therme Bad Wörishofen

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    Therme Bad Wörishofen hat die finanziellen Rücklagen aufgebraucht

    Durch den Haupteingang kommt in diesen Lockdown-Tagen nur, wer erwartet wird. Die kleinen Läden im Eingangsbereich sind geschlossen, Badeanzüge und Pflegeprodukte fristen ihr Dasein hinter Glasscheiben. Die Kassenhäuschen sind verwaist und außer ein paar Männerstimmen ist kaum etwas zu hören - kein Schlappen der Badeschuhe, keine Föns, kein Stimmengewirr.

    Seit mehr als 230 Tagen habe man seit dem Start des ersten Lockdowns am 17. März 2020 mittlerweile geschlossen gehabt, sagt Thermenbetreiber Jörg Wund, der in Hemd, Anzughose und Schnürschuhen am Becken im Saunabereich wartet. Im vergangenen Jahr kamen im Zeitraum, in dem die Therme geöffnet war, zwar immer noch stolze 300.000 Gäste - das seien allerdings nicht einmal halb so viele gewesen wie in einem normalen Jahr. Dementsprechend fehlten auch mehr als die Hälfte der Einnahmen.

    "Null Einnahmen, und das jetzt seit über 230 Tagen, das muss man stemmen können", sagt Wund. Die Rücklagen, die man gebildet habe, etwa für Erweiterungen und ein Hotel, seien jetzt aufgebraucht. Auf die beantragte Überbrückungshilfe wartet er immer noch - bislang habe die Therme lediglich eine Abschlagszahlung von 50.000 Euro für die Monate November und Dezember erhalten. Allein pro Woche koste der Betrieb der Therme das Fünffache.

    Die hohen Kosten, von denen Jörg Wund spricht, entstehen vor allem dadurch, dass die Technik im Bad weiterläuft, als kämen bereits morgen wieder Gäste in den Kneippkurort im Unterallgäu, die in sauberem, warmem Wasser entspannen wollen. Während das Leben draußen seit Monaten heruntergefahren ist, werden durch die Rohre der Therme täglich Millionen Liter Wasser gepumpt. In einem Kreislauf führt ihr Weg durch die Becken in einen Raum, den Geschäftsleiter Roland Vogtmann das Herzstück der Therme nennt.

    Durch einen Gang und eine massive Stahltür vom öffentlichen Bereich getrennt liegt das Filterhaus mit seinen meterhohen Kesseln, die mit ihren schwarzen Bullaugen an senkrecht aufgestellte U-Boote erinnern. Deutlich ist das Tösen des Wassers und der Pumpen zu hören - die imposante Filteranlage reinigt und desinfiziert rund 1000 Kubikmeter Wasser pro Stunde, erläutert Vogtmann und veranschaulicht die Größenordnung: "Wenn Sie bei uns beim Baden sind, können Sie davon ausgehen, dass Sie alle 45 Minuten in komplett frischem Wasser schwimmen."

    Würden die Filter nicht konstant durchlaufen, wären die Anlagen innerhalb kürzester Zeit verkeimt, erklärt der Geschäftsleiter. Hätten sie in der Therme Bad Wörishofen von Anfang an gewusst, dass sie ein Jahr schließen müssen, dann hätten sie die Wasseraufbereitungsanlage heruntergefahren, sagt Vogtmann. Das hätte enorme Kosten gespart.

    Einzig die Wassertemperatur wurde ein wenig gesenkt, außerdem wird in einigen Bereichen weniger geheizt als üblich - in den Umkleiden ist es deutlich kälter als sonst und auch die Saunen befinden sich im Lockdown-Schlaf, einzig in der Blockhaus-Sauna im Freien brennt ein kleines Feuer. Im Inneren der Therme kommen jedoch trotz Schließung Urlaubsgefühle auf. Das Wasser in den Becken leuchtet in hellem Blau, es ist immer noch kuschelig warm, eine große, grüne Bananenpalme trägt sogar Früchte. Doch selbst die Pflanzen vermissen die Besucher, sagt Birgit Ernst, Geschäftsleiterin der Therme. Ihnen fehlt das CO2 aus dem Atem der Gäste.

    Südsee-Feeling im Unterallgäu: Diese Bananenpflanze am großen Thermalbecken trägt Früchte.
    Südsee-Feeling im Unterallgäu: Diese Bananenpflanze am großen Thermalbecken trägt Früchte. Foto: Ida König

    Neue Terrasse, neue Empore: Das ändert sich in der Therme Bad Wörishofen

    Auf den zweiten Blick fällt auf, dass sich in der Therme einiges verändert hat: In den Saunen und zwischen den Liegen sind Plexiglas- oder Holztrennwände montiert, vielerorts weisen Schilder auf die Abstandsregeln hin. In den Becken treiben angekettete Bojen, die vor zu viel Kontakt zwischen den Badegästen schützen sollen. Wände und Fliesen wirken aufgefrischt. Sie wurden gestrichen und ausgetauscht - und auch an der Lüftungstechnik wurde gearbeitet, sagt Thermen-Chef Wund. "Man hat nicht die ganz große Lösung gemacht, weil ja keiner wusste, ob wir noch drei Wochen geschlossen haben müssen oder acht."

    Nachdem absehbar war, dass sich der zweite Lockdown hinzieht, sind nun größere Umbauarbeiten im Gang: "Die Sauna wird erweitert, wir bekommen eine große Empore, damit die Gäste in den Palmkronen liegen können", erklärt der Thermen-Chef. Zusätzlich werde im Außenbereich eine große Terrasse in den See gebaut.

    Wann dort wieder Menschen in Badekleidung entspannen können, ist ungewiss. Das nagt am Gemütszustand der Mitarbeiter - aber auch am Chef selbst. Im zweiten Lockdown sei es schwieriger, motiviert zu bleiben, gibt Wund unumwunden zu. "Es fehlt der Ruck, es fehlt das starke Absinken der Infektionszahlen." Für fast alle der rund 250 Mitarbeiter bedeutet der lange Lockdown vor allem eines: hundert Prozent Kurzarbeit.

    Therme Bad Wörishofen will kostenlose Schnelltests für Gäste durchführen

    Wie vielerorts liegt auch in Bad Wörishofen große Hoffnung auf den Corona-Schnelltests. Wund hofft, dass die Politik die vorgestellte Teststrategie akzeptieren wird. Gäste, die sich vorab anmelden, sollen künftig vor Ort getestet werden und am Parkplatz auf ihr Ergebnis warten. Für Mitarbeiter solle es jede Woche einen Test geben. Die Kosten für die Tests will die Therme tragen - Hauptsache, es darf endlich wieder gebadet und sauniert werden.

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