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Münchner Medientage: Online-Journalismus im Fokus der Medienexperten

Münchner Medientage

Online-Journalismus im Fokus der Medienexperten

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    Unter dem Motto "Mobile Life: Herausforderung für Medien, Werbung und Gesellschaft." diskutierten Medienexperten beim "Publishing Gipfel" im Rahmen der 27. Münchner Medientage.
    Unter dem Motto "Mobile Life: Herausforderung für Medien, Werbung und Gesellschaft." diskutierten Medienexperten beim "Publishing Gipfel" im Rahmen der 27. Münchner Medientage. Foto: Marc Müller (dpa)

    Mit dieser These kann man doch die Zukunft angehen: „Die gedruckte Tageszeitung ist ein richtiger Browser“, sagte Eugen Russ, Verleger der Vorarlberger Nachrichten, bei den Medientagen München. Was nichts anderes heißt, als dass der Leser durch eine vielfältige Themenwelt aus Politik, Wirtschaft, Sport, Kultur, Buntes, Region und Lokales surfen kann.

    Ein Bild, das dem Vorsitzenden des Verbandes Bayerischer Zeitungsverleger, Andreas Scherer, gut gefällt. Zumal die Zeitung von heute „endlich in der digitalen Welt angekommen ist, wobei der Königsweg noch nicht gefunden ist“. So stehe, so Scherer, das e-Paper, die elektronische Variante der Tageszeitung „für eine erfreuliche Entwicklung“.

    US-Medienanalyst: Kunden sind bereit, für digitale Informationen zu zahlen

    Was sich von der Mehrwertsteuer im Online-Sektor nach Ansicht der bayerischen Verleger nicht behaupten lässt. Scherer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Mediengruppe Pressedruck, in der auch die Augsburger Allgemeine erscheint, forderte einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz: Die sieben Prozent für Printmedien müssten auch auf den digitalen Bereich übertragen werden.

    Die Zeit der sorgenvollen Mienen der deutschen Medienhäuser sollte jedoch vorbei sein, meinte der amerikanische Medienanalyst Ken Doctor beim sogenannten „Publishing Gipfel“. „Seien Sie zuversichtlich und beweisen Sie Mut“, rief Doctor den heimischen Verlegern zu – im Optimismus typisch amerikanischer Anmutung wie der Hinweis auf ein neues Goldenes Zeitalter. Doctors Theorie: Die Kundschaft ist durchaus bereit, Geld zu investieren, um sich digital zu informieren.

    Demzufolge kann das Gratis-System der Huffington Post nicht einen Journalismus ersetzen, der zwar in modernem Gewand daherkommt, aber dennoch auf seriöse Art den Anspruch des Lesers nachhaltig erfüllt (interessanterweise sprach Doctor in München vom Leser, nicht vom „Nutzer“).

    Gratis-System der Huffington Post bei Münchner Medientagen in Kritik

    Die Huffington Post war übrigens bei der Gipfel-Veranstaltung durch Cherno Jobatey vertreten. Der trug rote Turnschuhe und darf sich „Editorial Director“ (Herausgeber) nennen. Der Ex-Moderator des ZDF-Morgenmagazins verteidigte den bunten Meldungs-Topf der deutschsprachigen Ausgabe der Internet-Zeitung. Aber die Runde war anderer Ansicht. „Dass das Journalismus ist, bezweifle ich“, meinte der Chefredakteur der Welt-Gruppe, Jan-Eric Peters.

    Jobatey fühlte sich erkennbar unwohl auf dem Podium. Und die Medientage München scheint er auch nicht zu mögen. Der Journalist, der noch immer etwas von einem Jungspund an sich hat, klagte: „Meint ihr, wir machen (...) hier Appetit auf eine Branche, wir machen hier Appetit auf ein Produkt? Nein, wir sehen aus wie ein Trauerverein.“ Die Huffington Post mache vor, wie es gehen könne.

    Was Peters in der bei diesem Thema einigen Runde konterte. Auf die Einladung Jobateys, zur „HuffPo“, wie die Netz-Postille unter Bloggern genannt wird, zu wechseln, antwortete Peters: „Dann lieber in Würde sterben.“

    Kreative Verknüpfung verschiedener Elemente sollen Leser locken

    In Würde lässt sich aber eine gute Zeitung machen, Einfallsreichtum vorausgesetzt. Der US-Medienexperte Doctor riet den Medienunternehmern, Geschichten in ihrem Angebot mit Audio-Clips und Videos anzureichern. Wer im crossmedialen Sinn kreativer, unterhaltsamer und informativer ist, könne damit am Ende auch Geld verdienen. Ein dankbares Publikum würden die deutschen Herausgeber auch in Nischen finden. Was an sich keine neue Erkenntnis ist. Der Erfolg von Blättern zu den Themen Kochen und Gesundheit sowie die Hochglanz-Faszination des Ländlichen sind dafür ein Beleg.

    Doctor machte den Zeitungen in Deutschland den Vorschlag, verstärkt personalisierte Geschichten, Events und Rabattaktionen anzubieten und auf diese Weise die Abonnenten auf eine markentreue Gemeinschaft einzuschwören.

    Dass in guten Reportagen der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte, hat sich in Deutschland aber längst herumgesprochen. Dass solche Erzählweise nah am Leser noch intensiviert werden kann – kein Widerspruch.

    Auch wie und ob Leser künftig für Online-Inhalte bezahlen sollten, bleibt eine Streitfrage und hat auch mit Wettbewerb zu tun. Ob Abos, Bezahlschranken, Gebühren für den Einzelabruf oder rein werbefinanzierte Angebote: Es wird wohl die Zeit erweisen, welche Modelle am ehesten funktionieren. Qualität hat ihren Preis. Das gilt für Handel und Wandel im Alltag, warum nicht auch bei Medienprodukten?

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