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Münchner Kunstfund: Augsburger Staatsanwaltschaft: Gemälde-Rückgabe an Gurlitt bereits versucht

Münchner Kunstfund

Augsburger Staatsanwaltschaft: Gemälde-Rückgabe an Gurlitt bereits versucht

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    Details zur Übergabe von rund 300 Bildern an den Münchner Kunstsammler Cornelius Gurlitt sollen geheim bleiben. Behörden in Bayern und Berlin wollen sich dazu nicht äußern - aus Sicherheitsgründen. "Wir werden alle erdenklichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Rechte des Beschuldigten und die Sicherheit der Bilder zu gewährleisten", sagte ein Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft am Freitag. Unterstützung werde es geben - auch von der eigens gegründeten Taskforce in

    Schon im Frühjahr wollte die Staatsanwaltschaft Gurlitt Bilder zurückgeben

    Am Freitag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft bereits im Frühjahr dieses Jahres versucht hat, Gurlitt die Bilder, die ihm zweifelsfrei gehören, zurückzugeben. Wie der Augsburger Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz der "Süddeutschen Zeitung" sagte, schrieb er den Kunsthändlersohn diesbezüglich bereits im Januar an. Dieser habe dann Ostern als Termin vorgeschlagen. Doch sei die Rückgabe gescheitert, weil weitere Versuche, den Sammler zu erreichen, fehlschlugen, sagte Nemetz.

    Nur Kunstwerke, die nicht in Verdacht der NS-Raubkunst stehen, sollen zurück

    Steuerfahnder und Staatsanwälte hatten die Werke - Ermittler hatten 1406 gezählt, Kunstexperten nur 1280, weil sie Werkkomplexe zusammenfassten - im Frühjahr 2012 in Gurlitts Münchner Wohnung beschlagnahmt, darunter viele Werke der klassischen Moderne.

    HANDOUT - Max Liebermann: «Reiter am Strand», Gemälde, 1901. Das Bild ist eines von 25 Werken aus dem spektakulären Münchner Kunstfund, die seit 11.11.2013 online einsehbar in der Lostart-Datenbank aufgelistet sind und bei denen laut Behördenangaben «der begründete Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug» besteht. Foto: Staatsanwaltschaft Augsburg/dpa (Nur zur redaktionellen Verwendung bei Urhebernennung und nur im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung) +++(c) dpa - Bildfunk+++
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    28 Bilder
    Die Behörden haben 25 Werke aus dem spektakulären Münchner Kunstfund in der Lostart-Datenbank aufgelistet, bei denen «der begründete Verdacht auf NS-Verfolgungsbedingten Entzug» besteht.

    Zwei Wochen nach Bekanntwerden des Fundes hatte die Behörde am Dienstag erklärt, sie wolle Gurlitt Bilder zurückgeben - allerdings nur Kunstwerke, die nicht im Verdacht der NS-Raubkunst und zweifelsfrei im Eigentum des 80-Jährigen stehen. Eine von der Bundesregierung geschaffene Expertenkommission soll herausfinden, bei welchen Werken aus Gurlitts Wohnung es sich um NS-Raubkunst handelt - möglicherweise sind es 590.

    Weitere Werke ins Internet gestellt

    Unterdessen wurden weitere Werke aus dem Kunstfund ins Internet gestellt. Die Staatsanwaltschaft veröffentlichte zahlreiche Grafiken von Edvard Munch, Max Liebermann und Henri de Toulouse-Lautrec in der Magdeburger Datenbank www.lostart.de. Insgesamt 79 Werke aus Gurlitts Sammlung sind dort inzwischen zu sehen, wegen hoher Zugriffszahlen war die Homepage am Freitag zeitweise nicht aufrufbar.

    Die spektakulärsten Kunstfunde der vergangenen Jahre

    2003 findet die New Yorker Schriftstellerin Elizabeth Gibson auf einem Sperrmüllhaufen ein abstraktes Gemälde. Später stellt sich heraus, dass es sich um das 20 Jahre zuvor gestohlene Meisterwerk "Drei Menschen" des mexikanischen Künstlers Rufino Tamayo handelt. Das Bild geht an die Besitzer zurück, die es beim Auktionshaus Sotheby's für über drei Millionen Dollar versteigern. Gibson erhält einen Finderlohn und einen kleinen Anteil am Auktionserlös.

    2006 bemerkt eine Wuppertalerin erst im letzten Moment, welch wertvolles Gemälde sich in ihrem Besitz befindet. Eigentlich wollte sie das Ölbild für 20 Euro auf einem Flohmarkt verkaufen. Beim Verpacken bemerkt sie auf der Rückseite jedoch eine Signatur. In einer Galerie stellt sich schließlich heraus, dass es sich um die "Weiße Tulpe" von Franz Radziwill handelt. Der Wert des Gemäldes wird auf rund 15.000 Euro geschätzt.

    Als ein Rentner in Baden-Württemberg 2006 den Speicher seiner verstorbenen Tochter ausräumt, findet er ein mit "Nolde" signiertes Frauenporträt. Der Vater übergibt das Gemälde der Polizei, die herausfindet, dass das Bild zwischen 1977 und 1979 aus einem Lagerhaus einer Spedition in Freiburg entwendet worden ist. Das Bild des Künstlers Emil Nolde gehörte dem Kunstverleger und Sammler Ernest G. Rathenau, dessen Erben das Gemälde zurückerhalten. 2007 wird das Bild in München für 2,58 Millionen Dollar versteigert.

    Nach mehr als 100 Jahren taucht 2011 erstmals wieder ein Gemälde von Leonardo da Vinci auf. Bei dem in New York entdeckten Werk, das einen Christus mit zum Segen erhobener rechter Hand zeigt, soll es sich nach der Meinung einiger Experten um das Bild «Salvator Mundi» handeln. Die Existenz des Leonardo-Gemäldes war seit langem bekannt, jedoch hielt man es für zerstört.

    2012 finden Kunstexperten des Madrider Prado-Museums eine "Zwillingsschwester" der berühmten Mona Lisa - eine Kopie, die gleichzeitig mit dem Original in der Werkstatt von Leonardo da Vinci gemalt worden sein soll. Das Bild hatte seit Jahren an einer Wand in der Madrider Pinakothek gehangen, sein Wert war aber lange nicht erkannt worden. Der Maler ist wahrscheinlich Francesco Melzi, der zu den bedeutendsten Schülern da Vincis zählt.

    Im November 2013 wird bekannt, dass ein 80-jähriger Münchner in seiner vermüllten Wohnung über Jahrzehnte einen schier unbezahlbaren Kunstschatz aufbewahrt hat - darunter Gemälde von Picasso, Dürer Matisse und Nolde. Bereits 2011 waren bayerische Zollfahnder offenbar auf den einmaligen Kunstschatz gestoßen. Die Fahnder beschlagnahmten etwa 1500 verschollen geglaubte Bilder von Meistern der klassischen Moderne. Darunter Werke von Pablo Picasso, Henri Matisse, Marc Chagall, Emil Nolde, Franz Marc, Max Beckmann, Paul  Klee, Oskar Kokoschka, Ernst Ludwig Kirchner und Max Liebermann. Aufgekauft hatte die Werke offenbar der Kunsthändler Hildebrand G. in den dreißiger und vierziger Jahren. Dessen Sohn Cornelius G. hat die Bilder wohl über ein halbes Jahrhundert in seiner Schwabinger Wohnung gehortet.

    Die amtierende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) appellierte im "Handelsblatt" an Gurlitt, mit den Behörden zusammen zu arbeiten. Wenn Gurlitt nicht bereit sei, sich mit ihnen zu einigen, könne sich der Fall noch sehr lange hinziehen - "zum Schaden aller", sagte sie. Ohne seine Mitarbeit habe die Bundesregierung kaum eine Möglichkeit, das Verfahren zu beschleunigen. "Herr Gurlitt trägt neben rechtlichen auch moralische Verpflichtungen. Ich denke, dass er sich dieser Tatsache nicht ewig wird verschließen können", sagte die amtierende Ministerin. "Es ist für einen 80-jährigen Mann auch nicht angenehm, so lange einem medialen Trommelfeuer ausgesetzt zu sein."

    Erben von jüdischem Kunsthändler bieten Unterstützung an

    Ein Hilfsangebot kam von den Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim (1878-1937). Sie boten der von Bund und Bayern eingesetzten Taskforce zum Schwabinger Kunstfund ihre Unterstützung an und wollen ihre Erfahrung, die sie mit Gurlitt gemacht haben, teilen. "Das könnte sich als hilfreich erweisen", teilten ihre Anwälte am Freitag mit.

    Beim Verkauf des "Löwenbändigers" von Max Beckmann durch das Auktionshaus Lempertz im Jahr 2011 war der betagte Gurlitt bereit gewesen, sich mit den Erben zu verständigen. Das sei, soweit bekannt, der einzige Fall gewesen, bei dem eine gütliche Einigung zwischen Gurlitt und jüdischen Anspruchstellern geklappt habe, hieß es.

    "Viele derjenigen, die jetzt möglicherweise Ansprüche an Herrn Gurlitt haben, sind hochbetagt." Deshalb sei es dringend geboten, schnell zu handeln und mit Gurlitt in Kontakt zu treten. "In einem vertrauensvollen Dialog wird sich vermutlich eine einvernehmliche Lösung im Interesse aller Beteiligten erzielen lassen." Dem "Spiegel" hatte Gurlitt kurz nach Bekanntwerden des Falls allerdings gesagt: "Freiwillig gebe ich nichts zurück, nein, nein." dpa/AZ

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