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Münchner Bankerin: Die Betrügereien des Fräulein Spitzeder

Münchner Bankerin

Die Betrügereien des Fräulein Spitzeder

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    Adele Spitzeder.
    Adele Spitzeder.

    Der Finanz-Jongleur Jérôme Kerviel hat Schlagzeilen gemacht: Um 4,9 Milliarden Euro brachte der Börsenhändler seinen Ex-Arbeitgeber, die Société Générale. Für viele ist der 33-Jährige, der vergangene Woche zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden war, ein moderner Finanzhai. Dabei sind gierige Banker nichts Neues.

    Wir schreiben das Jahr 1872. Zehn Prozent Zinsen und das bar auf die Hand, versprach Adele Spitzeder den Leuten. Heerscharen von Menschen kamen nach München und legten ihr Erspartes bei ihrer "Dachauer Bank" an, bei der die Schauspielerin geschickt Geld von einem zum anderen verschob. Doch irgendwann verlor sie den Überblick.

    Vieles von damals erinnert an die heutige Krise

    Was dann geschah, ähnelt der Finanzkrise unserer Zeit: Die Bank brach zusammen, unzählige Anleger wurden um ihr Erspartes gebracht. Das Schneeballsystem trieb die Anleger in den Ruin Regisseur Xaver Schwarzenberger verfilmt derzeit das bewegte Leben der Spitzeder (1832 - 1895) mit Birgit Minichmayr in der Hauptrolle. Minichmayr ist sich der Parallelen zum heutigen Finanzgebaren vieler Banker bewusst. Spitzeders Schneeballsystem trieb zahlreiche Anleger in den Ruin. Die überhöhten Zinszahlungen finanzierte sie mit dem Geld, das ihr andere Anleger anvertrauten. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde von der wundersamen Geldvermehrung.

    Empfing sie die Bauern und Handwerker zunächst in einer Wirtsstube, leistete sie sich bald ein eigenes Haus - im Film eine prachtvolle Villa im edlen Münchner Wohnviertel Bogenhausen, vor der die Menschen in langen Schlangen geduldig auf das "Bankfräulein" warten, in der Hand dicke Geldbündel.

    Zuletzt war Spitzeders Geschichte 1972 verfilmt worden. Die junge Ruth Drexel spielte damals die Betrügerin, die die Menschen mit Charme und Bauernschläue einnahm. Minichmayr zollt Spitzeder Respekt: Eine unglaublich emanzipierte und starke Frau sei sie gewesen, ein verwegener Robin Hood, der das eingenommene Geld großzügig mit den Armen geteilt habe.

    Dazu passt auch das Äußere, das Regisseur Schwarzenberger für seine Hauptdarstellerin gewählt hat: Schlichte schwarze Kleider, um den Hals ein großes Kreuz. Privat liebte es die Spitzeder luxuriös, davon zeugen die Innenräume der Film-Villa: auf dem Esstisch die Reste eines Festmahls, im Salon ein Flügel und im Schlafzimmer prächtige Kleider.

    Marianne Sägebrecht findet bedrückend, dass die Geschichte auf Tatsachen beruht. Sie spielt die Wirtin Edeltraud Staller, bei der Spitzeder in München logierte. Sägebrecht bedauert vor allem die betrogenen Anleger. "Das geht mir wahnsinnig aufs Herz manchmal, weil man weiß, wie viele Menschen sich umgebracht haben danach und wie viele Menschen wirklich total verarmt sind." Entziehen konnte sich Spitzeder der Gerechtigkeit nicht. Sie landete im Zuchthaus, auch wenn sie sich selber wohl keiner Schuld bewusst war. So sehr war sie von ihrer Idee überzeugt, dass sie nach ihrer Freilassung erneut eine Bank eröffnen wollte.

    Bis Ende Oktober wird in Bayern, im österreichischen Waldviertel und in Wien für den Bayerischen Rundfunk und den ORF gedreht. 2011 soll der von Susanne Porsche produzierte Film ausgestrahlt werden. dpa

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