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München: Wildpinkeln ist ein Dienstunfall

München

Wildpinkeln ist ein Dienstunfall

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    An manchen Orten ist Wildpinkeln ausdrücklich verboten - wie hier am Deutschen Reichstag.
    An manchen Orten ist Wildpinkeln ausdrücklich verboten - wie hier am Deutschen Reichstag.

    Wenn einer sich zum Pinkeln in die Büsche schlägt, ausrutscht und so fällt, dass er sich das Sprunggelenk bricht, ist das, auf gut Deutsch gesagt, ein saudummer Unfall. Wenn das aber auf dem Heimweg von der Arbeit passiert, ist das ein Dienstunfall. So hat das Verwaltungsgericht München entschieden. Der Arbeitgeber, in diesem Fall der Freistaat Bayern, muss dann die Behandlungskosten übernehmen.

    Es geht um den Fall des 47 Jahre alten Kaspar Plöckl aus Schrobenhausen, Verwaltungsbeamter im Justizministerium. Plöckl fuhr, wie jeden Abend, am 28. Juli 2011 von seiner Arbeitsstelle in München in Richtung seiner Heimatstadt

    Manchmal überkommt einen auf einem so langen Nachhauseweg ein dringendes Bedürfnis. An diesem Juliabend wird eine Pinkelpause fällig, als Kaspar Plöckl in Petershausen auf den Bus wartet. Der Haltestelle gegenüber liegt eine kleine Grünanlage, die er schon öfter zum Austreten benutzt hat. Auf dem Weg muss der Beamte eine gepflasterte Böschung hinunter. Aber an diesem Tag hatte es geregnet.

    Dreieinhalb Monate krank, 5000 Euro Behandlungskosten

    Plöckl rutscht aus, stürzt und zieht sich dabei einen Trümmerbruch am rechten Sprunggelenk zu. Er muss operiert werden, wird dreieinhalb Monate krankgeschrieben. Die Behandlung kostet 5000 Euro. Die Kosten muss Plöckl nicht selbst bezahlen, sondern seine Krankenkasse. Er hat aber Angst vor Folgeschäden wie Verknorpelungen. Würde der Beamte arbeitsunfähig, hätte er bei einem Dienstunfall höhere Pensionsansprüche.

    Doch den Antrag, dass der Unfall als Dienstunfall behandelt wird, lehnt der Freistaat ab. Dagegen hat Plöckl geklagt. Der Vorsitzende Richter Dietmar Zwerger musste lange suchen, bis er einen Vergleichsfall fand. Die spärliche Fachliteratur hat für die Juristen einen guten Grund: Es ist schon lange kein Dienstherr mehr auf die Idee gekommen, dass man beim Pieseln auf dem Heimweg von der Arbeit nicht versichert ist.

    Richter orientiert sich an einem Fall aus dem Jahr 1963

    Schließlich orientierte sich der Richter an einem uralten Fall aus dem Jahr 1963 vom Bundessozialgericht. Es ging damals um einen Mann, der auf dem Heimweg eine öffentliche Toilette aufgesucht hatte und ausgerutscht war. Das Urteil: Was für die Notdurft in der Arbeit gilt, gilt auch für die Notdurft in einer „nahe gelegenen uneinsehbaren Bedürfnisanstalt“ auf dem Heimweg. In diesem Fall also auch für das Gebüsch, in das sich der Justizbeamte Plöckl zurückgezogen hatte. Ganz anders wäre der Fall gelegen, wenn der Kläger zum Beispiel zum Einkaufen oder zum Pizzaessen gegangen wäre. Dann wäre der Heimweg unterbrochen worden.

    Der Kläger ist sehr zufrieden. Ihm geht es ums Prinzip. Er hätte auch behaupten können, dass er auf dem Bahnsteig gestürzt sei, dann wäre der Fall ohnehin klar gewesen. „Aber ich war ehrlich und bin dafür bestraft worden“, sagt Kaspar Plöckl.

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