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München: Wenn der Staatsanwalt die Polizei abhören lässt

München

Wenn der Staatsanwalt die Polizei abhören lässt

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    Der Chef der Staatsanwaltschaft München muss sich wegen einer Abhöraktion rechtfertigen.
    Der Chef der Staatsanwaltschaft München muss sich wegen einer Abhöraktion rechtfertigen. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Angeblich schützen strenge Gesetze die Bürger davor, dass ihre Telefone angezapft werden und ihre elektronische Kommunikation heimlich ausgespäht wird. Doch so streng sind die Gesetze offenbar nicht. Das zeigt ein kurioser Fall aus München. Dort reichte der Staatsanwaltschaft der Tipp eines schillernden Informanten, der noch dazu auf Hörensagen beruhte, um drei unbescholtene Herren ins Visier zu nehmen: zwei hohe Beamte des Landeskriminalamts und den Polizeireporter des Bayerischen Rundfunks, Oliver Bendixen.

    Gestern musste sich der Chef der Staatsanwaltschaft München I, Manfred Nötzel, im Landtag für die Ermittlungen rechtfertigen. Er sagt, er habe von Rechts wegen keine andere Wahl gehabt, als zu ermitteln. Bendixen sieht sich als Opfer einer „von hinten bis vorne erfundenen Geschichte.“

    Die Telefone der beiden Polizisten wurden angezapft

    Immerhin der Kern der Ereignisse ist unumstritten: Im September 2012 behauptete ein in der Szene bekannter Privatermittler gegenüber der Staatsanwaltschaft, dass ein leitender LKA-Beamter angeboten habe, Ermittlungsakten aus dem damals höchst brisanten Fall „Hypo Alpe Adria gegen die Bayerische Landesbank“ für 30 000 Euro zu verkaufen. Der Privatermittler berief sich seinerseits auf einen Informanten. Zudem behauptete er, dass ein zweiter, namentlich bekannter LKA-Beamter involviert sei. Reporter Bendixen solle, so der Privatermittler, der Mittelsmann sein.

    Der Münchner Staatsanwaltschaft reichte das aus, um ein Verfahren einzuleiten. Sie brauchte dazu aber, weil es gegen das LKA ging, das Bundeskriminalamt. Diese Behörde aber war nur eingeschränkt bereit zu helfen. Die Telefone der beiden Polizisten wurden angezapft. Ebenso das Telefon einer Frau, die einem der beiden Beamten wegen einer zufälligen Namensgleichheit zugeordnet wurde, mit dem Fall aber überhaupt nichts zu tun hatte. Einen Journalisten abzuhören, allerdings kam für das BKA nicht infrage. Und auch mit dem in der Szene höchst umstrittenen Privatermittler wollte das BKA nichts zu tun haben.

    Die gesamten Ermittlungen, die zwischenzeitlich eingestellt und dann noch einmal aufgenommen wurden, erwiesen sich als Flop. Daran änderte auch nichts, dass der Informant des Privatermittlers sich doch noch gemeldet hatte. Er hatte seine Anschuldigungen zunächst bekräftigt, dann aber wieder in wesentlichen Punkten relativiert.

    "Unfassbarer Vorgang wie in einem schlechten Film"

    Gestern im Ausschuss verteidigte Nötzel die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft. Wenn es um Korruptionsdelikte gehe, sei er gezwungen zu ermitteln. Und für eine Telefonüberwachung habe er sich entschieden, weil das „die diskreteste, schonendste und am wenigsten Staub aufwirbelnde Maßnahme“ sei. Zur Beziehung der Staatsanwaltschaft zu dem Privatermittler könne er nichts sagen, weil man ihm Vertraulichkeit zugesichert habe.

    An diesem Punkt aber hakte die Opposition ein. Katharina Schulze (Grüne) sagte, die Aktion sei „ein unfassbarer Vorgang wie in einem schlechten Film“. Sie zweifelte die Seriosität der Informanten der Staatsanwaltschaft an und hielt Nötzel vor: „Sie können Ihr Verhalten bisher null Komma null plausibel machen.“ Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Franz Schindler (SPD), äußerte den Verdacht, dass sich die Staatsanwaltschaft mit einem Informanten aus dem Milieu eingelassen hat, „der sich nur aufgeblasen hat und wichtig machen wollte“. Auch nach der Anhörung bleibe „ein höchst ungutes Gefühl“.

    Weitere Aufklärung in dem Fall wird es, sehr zum Ärger des BR-Reporters Bendixen und der beiden LKA-Beamten, nicht geben. Die Anzeige gegen den Informanten wegen falscher Verdächtigung, Vortäuschung einer Straftat sowie Verleumdung wird wohl mit einer Einstellung enden.

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