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München: Terrorprozess in München: Mutmaßliche IS-Frau bricht ihr Schweigen

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Terrorprozess in München: Mutmaßliche IS-Frau bricht ihr Schweigen

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    Der Angeklagten wird unter anderem vorgeworfen, ein fünf Jahre altes Mädchen als Sklavin gehalten und verdursten lassen zu haben.
    Der Angeklagten wird unter anderem vorgeworfen, ein fünf Jahre altes Mädchen als Sklavin gehalten und verdursten lassen zu haben. Foto: Peter Kneffel, dpa (Archiv)

    Die wegen Mordes und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagte Jennifer W. hat sich am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht (OLG) München erstmals zu den Tatvorwürfen geäußert. In einer Erklärung, die ihre Anwältin Seda Basay-Yildiz verlas, räumte sie ein, aus Deutschland ausgereist zu sein, um einen Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zu heiraten.

    Jennifer W. hatte sich im Irak dem IS angeschlossen

    "Ich war mit meinem Leben in Deutschland einfach so unzufrieden", hieß es in der Erklärung. Darum sei sie dann im August 2014 zunächst vom Flughafen Münster/Osnabrück nach Istanbul geflogen, um von dort nach Syrien weiterzureisen. 

    Nach Aufenthalten in mehreren Frauenhäusern habe sie zunächst einen IS-Kämpfer geheiratet, der allerdings in Ungnade gefallen sei, weil er aus einem Ausbildungscamp geflohen sei. Nach rund einem Monat habe der Mann sich wieder scheiden lassen. Im Juni 2015 habe sie dann den Mann geheiratet, dem vorgeworfen wird, im Irak ein fünf Jahre altes jesidisches Mädchen im Hof angekettet und verdursten lassen zu haben.

    In der persönlichen Erklärung, die ihre Anwältin am Mittwoch verlas, schilderte die mutmaßliche IS-Terroristin Jennifer W., wie ihr damaliger Ehemann die erst fünf Jahre alte Rania im Jahr 2015 mit einem Seil im Innenhof ihres Hauses im irakischen Falludscha festgebunden habe. "Ihre Hände waren vorne an den Handgelenken zusammengebunden", sagte sie. "Ich wollte ihr natürlich auf der Stelle helfen, wusste aber nicht, wie." Sie habe gemerkt, dass es immer heißer und die Sonne stärker wurde. 

    Ehemann von Jennifer W. soll Mädchen mit Seil im Hof festgebunden haben

    Darum habe sie versucht, ihren Mann dazu zu bewegen, das Kind wieder ins Haus zu holen. Er sei aber aggressiv geworden, habe gesagt, das Ganze gehe sie nichts an. Das Kind habe lernen sollen, "zu hören". Immer wieder habe sie ihn gebeten, das Mädchen wieder reinzulassen. Sie habe währenddessen geputzt und mehrmals nach dem Kind geschaut. Sie sei "erschrocken, wie schnell sich ihr Zustand verschlechtert hatte".

    Erst als die Kleine zusammensackte, sei er zu ihr gelaufen und habe sie losgebunden. Weil sie leblos blieb, sei er mit ihr aus dem Haus gelaufen und zu einem Krankenhaus gefahren. "Ich war geschockt", hieß es in der Erklärung der Angeklagten. Sie habe geweint und nicht schlafen können. Bei seiner Rückkehr habe ihr Mann nicht gesagt, dass Rania gestorben sei, hieß es in der Erklärung der Angeklagten. Laut Anklage war die Fünfjährige krank und hatte ins Bett gemacht. In der Sonne angekettet zu werden, war nach Angaben der Bundesanwaltschaft die Strafe dafür.

    Kurz nach diesem Ereignis, das die Angeklagte in ihrer Erklärung mit "Der Tag" überschrieb, sei das Paar aus dem Irak in die Türkei gereist. Von dort aus wurde Jennifer W. dann nach Deutschland abgeschoben, bei einem erneuten Ausreiseversuch Jahre später wurde sie dann festgenommen und schließlich angeklagt. 

    Terrorprozess in München: Das Urteil könnte im Juni fallen

    Die 29 Jahre alte Frau aus Lohne in Niedersachsen ist wegen Mordes durch Unterlassen angeklagt, weil sie tatenlos dabei zugesehen haben soll, wie das Kind verdurstete. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr außerdem Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Kriegsverbrechen vor. Das Kind soll ebenso wie seine Mutter aus einer Gruppe jesidischer Kriegsgefangener gekauft und als Sklavin gehalten worden sein, die Angeklagte gibt aber an, sie für Muslime gehalten und gut behandelt zu haben. Die Jesiden werden von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) systematisch verfolgt.

    Der Prozess hatte im April 2019 begonnen und sollte eigentlich längst beendet sein. Zuletzt zogen auch ein Strafverfahren gegen die beiden Verteidiger wegen des Vorwurfs, sie hätten aus einem nicht-öffentlichen Prozess in Düsseldorf zitiert, und Debatten um eine dritte Anwältin für die Angeklagte die Verhandlung in die Länge.

    Mitte Februar hatte das Gericht neue Prozesstermine angesetzt. Das Urteil könnte demnach womöglich am 18. Juni fallen - zwei Jahre und zwei Monate nach Prozessbeginn. Der damalige Ehemann der Angeklagten steht in einem separaten Prozess in Frankfurt vor Gericht. (dpa)

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