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München: Starkoch muss Insolvenz anmelden: Schwere Kost für Alfons Schuhbeck

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Starkoch muss Insolvenz anmelden: Schwere Kost für Alfons Schuhbeck

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    Alfons Schuhbeck musste für Teile seines Gastro-Imperiums Insolvenz anmelden.
    Alfons Schuhbeck musste für Teile seines Gastro-Imperiums Insolvenz anmelden. Foto: Ursula Düren, dpa (Archiv)

    An guten Tagen folgte das Leben am Münchner Platzl einem bewährten Drehbuch. Alfons Schuhbeck, den sie „König vom Platzl“ oder „Platzl-Hirsch“ nennen, ist Regisseur und Hauptdarsteller zugleich, früh auf den Beinen, die weiße Kochjacke mit dem FC-Bayern-Emblem frisch gestärkt, in der Regel bester Laune. Wo Hof gehalten wird, entscheidet der Gastgeber spontan: im Café Orlando, oder, ein paar Schritte schräg gegenüber, in den Südtiroler Stuben.

    Das Publikum variiert ebenfalls eher selten. Wie immer machen zum Beispiel Weinhändler, Eventmanagerinnen und Journalisten dem Meister ihre morgendliche Aufwartung. Manche lässt er ohne Frühstück warten, andere mit, entscheidend für die Dramaturgie ist allein: Warten müssen sie alle.

    Starkoch Alfons Schuhbeck musste für seine Gastronomiebetriebe und den Partyservice Insolvenz anmelden

    Vielen seiner Besucherinnen und Besucher, ob sie es wissen wollen oder nicht, erklärt der Gastronom erst einmal seine Werktagsphilosophie, die da lautet: Man streiche den zu erwartenden Tag durch ein Sieb, was hängen bleibt, muss bis zehn Uhr erledigt oder entsorgt sein. Für langwierigere Auseinandersetzungen mit einem Einzelthema ist im rastlosen Leben des Alfons Schuhbeck kein Platz.

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    In den vergangenen Monaten jedoch ist das Sieb voller geworden als üblich. Spätestens seit Sonntag sind die guten Tage am Platzl fürs Erste gezählt. Der Starkoch musste für seine Gastronomiebetriebe und seinen Partyservice Insolvenz anmelden. Ein Schock für ihn, selbst wenn andere Unternehmensbereiche wie der Gewürzhandel nicht betroffen sind.

    Fast 40 Jahre durfte sich Schubeck mit einem Michelin-Stern schmücken

    Die Sterne standen schon länger nicht mehr ganz so günstig über dem Schuhbeck-Imperium. Fast 40 Jahre lang hatte sich der Regent mit einem Michelin-Stern schmücken dürfen. 2017 ging der Stern von den Südtiroler Stuben auf Schuhbecks neues „Fine Dining im Boettners“ über, ein noch barocker anmutendes Lokal zwei Häuser weiter. Eine hektische Umbenennung in „Alfons“ konnte das Schlimmste nicht verhindern. Anfang 2020 musste Schuhbeck den Gourmettempel schließen. Der Michelin-Stern verglühte.

    Die Frage, die sich damals wie jetzt stellt: Tanzt er auf zu vielen Hochzeiten? Dauerpräsenz ist sein Business. Die Publicity für seine mannigfaltigen Geschäfte verschafft Schuhbeck sich auch noch selbst, durch zahllose TV-Engagements. Seine Sendung im Bayerischen Fernsehen, bei der er sich zuletzt von der Kabarettistin Monika Gruber assistieren ließ, lockt ein Millionenpublikum an, „besonders dann, wenn ich einen Schweinsbraten mache“, wie der Entertainer erzählt.

    Helene Fischer soll ihren festen Platz in den Südtiroler Stuben haben

    Schuhbeck kann nur Schuhbeck und gerade dafür schätzen ihn seine Anhänger. Selbst wenn die Münchner Schickeria auch nicht mehr das ist, was sie mal war, und die „Weltstadt mit Herz“ unübersichtlich und schnelllebig geworden sein mag – die Fanbase eines Alfons Schuhbeck ist nicht zu unterschätzen. Er kennt alle und alle kennen ihn. Die Sängerin Helene Fischer soll ihren festen Platz in den Südtiroler Stuben haben. Der Fußballer Robert Lewandowski soll den Alfons anrufen, wenn er privat Freunde zum Grillen einlädt.

    Guide Michelin: Wie ein Restaurant zum Stern kommt

    Sterne fallen auch für Spitzenköche nicht vom Himmel. Bevor es die begehrte Auszeichnung gibt, haben Testesser (Inspektoren) des «Guide Michelin» die Angebote mehrfach getestet.

    Sie sind fest angestellt bei Michelin und zahlen für die Gerichte. Jedes Essen wird ausführlich protokolliert. Die Tester kommen alleine oder zu zweit, manchmal auch zu dritt.

    Oft geben sie sich nach dem Essen zu erkennen, sprechen mit dem Koch und werfen einen Blick in die Küche. Ist sich ein Inspektor nicht sicher, soll ein Stern verlöschen oder neu verliehen werden, kommen sie mehrfach.

    Alle haben eine Ausbildung im Hotel- und Gaststättengewerbe und urteilen nach einem System, das an objektiven Maßstäben ausgerichtet ist.

    Bewertet wird das Essen, nicht das Drumherum. Es geht um die Qualität der Produkte, die fachgerechte Zubereitung und den Geschmack, die persönliche Note, das Preis-Leistungs-Verhältnis und die immer gleichbleibende Qualität.

    Ein Stern: «Ein sehr gutes Restaurant.» Zwei Sterne: «Eine hervorragende Küche - verdient einen Umweg.» Drei Sterne: «Eine der besten Küchen - eine Reise wert.» (dpa)

    Zurück zur morgendlichen Audienz am Platzl, bei der es schon exzellent laufen muss, bis Schuhbeck seine Promi-Geschichten auspackt. In der Welt der Schönen und Reichen kann er durchaus auch mit Diskretion aufwarten. Seinen Gästen gibt er in seinen besten Momenten das Gefühl, nicht er sei der Allergrößte, sondern sie seien es, dann zückt er beiläufig das Smartphone und spricht: „Schaugts her, die waren auch schon da, der John Travolta, der Robbie Williams, der Sean Connery.“ Ach ja, der Schwarzenegger Arnie kommt auf d’Nacht vorbei, auf ein Schnitzel.

    Schuhbeck wollte die Umsatzeinbrüche durch einen Sparkurs kompensieren

    Was das jetzt hilft? Wenig. Wer ihn kennt, kann ahnen, wie schwer solche Begegnungen, einst sein Lebenselexier, dem 72-Jährigen nun fallen. Ein Schuhbeck spricht lieber über die Heilkraft seines Spezls, des Ingwers, als über die Folgen einer Insolvenz, die ausgerechnet ihn, den Erfolgsmenschen, den Stargastronomen heimsucht. Schuhbeck, der bekannt ist für Härte gegen sich selbst und gegen andere, fühlt sich plötzlich als Opfer, als „Corona-Opfer“. So lässt er sich zitieren.

    Dass ihn „der Spaß“ ein paar Millionen Euro kosten wird, offenbart Schuhbeck Vertrauten schon zu Beginn der Pandemie. Die Umsatzeinbrüche versucht er früh durch einen Sparkurs – Mitarbeiter müssen in Kurzarbeit – und eine Stärkung der krisenfesteren Säulen zu kompensieren. Eine Zeit lang geht das gut. Doch als die „vollmundig versprochenen“ (O-Ton-Schuhbeck) Corona-Hilfen ausbleiben, ist zumindest die Restaurant-Sparte nicht zu halten, droht in sich zusammen zu fallen wie ein schlecht gemachtes Soufflé. Bis zuletzt will der Meisterkoch auch private Gelder in die Firma gesteckt haben. Damit sei jetzt Schluss.

    Es läuft eine Ermittlung wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung

    Warum die Hilfen nicht geflossen sein sollen – darüber lässt sich nur spekulieren. Eine Rolle spielen könnte eine laufende Ermittlung wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung, die Mitte 2019 in einer Razzia am Platzl gipfelte. Schwarze Kassen im großen Stil trauen Schuhbeck allerdings nur seine größten Kritiker zu. Häufiger teilt man die Ansicht, nicht jeder gute Koch sei halt per se ein guter Buchhalter. „Eine Pleite ganz in Weiß“ spottet das Handelsblatt.

    Schuhbeck wäre nicht Schuhbeck, ginge er nicht auch diese, wohl größte späte Herausforderung seiner Karriere mit aller Kraft an. Auf Facebook schreibt er am Sonntagabend: „Meine Restaurants sind unverändert geöffnet. Ich freue mich auf eure Reservierung und euren Besuch. Euer Alfons.“

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