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München: Scharfe Kritik an Vorbereitung des NSU-Prozesses

München

Scharfe Kritik an Vorbereitung des NSU-Prozesses

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    Mordanklage wegen Mittäterschaft: Verfahrensbeginn gegen Beate Zschäpe ist der 17. April.
    Mordanklage wegen Mittäterschaft: Verfahrensbeginn gegen Beate Zschäpe ist der 17. April. Foto: Bundeskriminalamt dpa

    Das ist Beate Zschäpe

    Beate Zschäpe wurde am 2. Januar 1975 in Jena geboren. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin.

    Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging Beate Zschäpe einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. «Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter», heißt es weiter.

    Mit dem Gesetz kam Zschäpe erstmals als 17-Jährige in Konflikt. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen «Diebstahls geringwertiger Sachen» zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Zu der Zeit war sie aber häufiger Gast im Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt ist viel spekuliert worden.

    Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beteiligten sich zu der Zeit an Neonazi-Aufmärschen im ganzen Land.

    Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt.

    Danach agierte Zschäpe mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie nannte sich unter anderem Silvia, Lisa Pohl, Mandy S. oder Susann D. Zeugen beschrieben sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.

    Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena.

    Im Prozess schwieg Zschäpe lange Zeit. An Verhandlungstag 211, im Juni 2015, antwortete sie dem Richter ein erstes Mal, und zwar auf die Frage, ob sie überhaupt bei der Sache sei.

    Zu den Vorwürfen äußerte sich Zschäpe erstmal im September 2015. Ihr Verteidiger las das 53-seitige Dokument vor, in dem Zschäpe ihre Beteiligung an den Morden und ihre Mitgliedschaft im NSU bestritt. Lediglich die Brandstiftung in der letzten Fluchtwohnung des Trios gestand sie.

    Ein psychologisches Gutachten aus dem Januar 2017 beschreibt Zschäpe als "voll schuldfähig".

    Scharfe Kritik an Vorbereitung des NSU-Prozesses: Am 17. April beginnt der Mordprozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte. Dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) werden zehn Morde zwischen 2000 und 2007 zugerechnet. Opfer waren neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer und eine Polizistin. Beate Zschäpe ist wegen Mittäterschaft angeklagt. Nun gibt es im Vorfeld Kritik an den Vorbereitungen für den NSU-Prozess.

    Vergleichbar mit den RAF-Prozessen

    Der Schwurgerichtssaal des Oberlandesgerichts sei mit 100 Plätzen für Zuschauer und Journalisten zu klein, sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz der "Berliner Zeitung" (Donnerstag). "Der NSU-Prozess ist ein Jahrhundertprozess und in seiner Bedeutung nur vergleichbar mit den RAF-Prozessen." Mit 100 Plätzen könne man keine Öffentlichkeit herstellen. Wiefelspütz fügte hinzu: "Das ist ein eindeutiges Versagen der bayerischen Justiz. Sie hat so schnell wie möglich angemessene Bedingungen zu schaffen."

    Kritik: Saal sei zu klein

    Auch der rechtspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Jerzy Montag, kritisierte: "Der Saal ist für solche außerordentlichen Verfahren viel zu klein. Deswegen wäre es eigentlich richtig gewesen, in München nach einem anderen Ort zu suchen."

    Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht genug Rücksicht auf das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit zu nehmen. Montag schlug vor, für die ersten Wochen des Prozesses in einen größeren, gut gesicherten Saal außerhalb des Gerichtsgebäudes umzuziehen, bis das öffentliche Interesse nachlässt. dpa/AZ

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