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München: Prozess gegen Hoeneß-Erpresser wird neu aufgerollt

München

Prozess gegen Hoeneß-Erpresser wird neu aufgerollt

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    Das Urteil gegen den Hoeneß-Erpresser stufte der BGH als zu hart ein. Jetzt wird neu verhandelt.
    Das Urteil gegen den Hoeneß-Erpresser stufte der BGH als zu hart ein. Jetzt wird neu verhandelt. Foto: Andreas Gebert (dpa)

    Als "Mister X" forderte er 215 000 Euro vom Steuersünder Uli Hoeneß und drohte ihm Schwierigkeiten im Gefängnis an. Für drei Jahre und neun Monate schickte das Gericht den hoch verschuldeten Mann in Haft. Weil der BGH das Urteil für zu hart hält, wird nun neu verhandelt.

    Der Prozess gegen den Erpresser von Uli Hoeneß ist am Mittwoch vor dem Münchner Landgericht neu aufgerollt worden. Zu Beginn wurden frühere Urteile gegen den mehrfach vorbestraften Angeklagten verlesen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hatte das Landgericht diese Vorstrafen bei der Verurteilung im Dezember 2014 zu stark zulasten des Mannes bewertet. Die Strafe von drei Jahren und neun Monaten Haft sei zu hoch. Daher muss sich andere Strafkammer des  Landgerichts jetzt erneut mit dem Fall befassen.

    Er forderte 215.000 Euro von Uli Hoeneß

    Der Angeklagte hatte gestanden, Uli Hoeneß vor dessen Haftantritt erpresst zu haben. Im Mai 2014 schrieb er dem ehemaligen Präsidenten des FC Bayern und verurteilten Steuerhinterzieher einen Drohbrief und forderte 215.000 Euro. Andernfalls könne sich Hoeneß auf einen "unruhigen Haftverlauf" einstellen. Richter im neuen Verfahren ist Rupert Heindl, der auch den Prozess gegen Hoeneß im März 2014 geleitet hatte.

    Uli Hoeneß: Die Geschichte der Steueraffäre

    Uli Hoeneß: Vor vielen Jahren begann er an der Börse eine Zockerei, die ihn 2013 ins Visier der Justiz brachte.

    2001: Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überweist Hoeneß in Form eines Kredits und einer Bürgschaft 20 Millionen D-Mark (10,23 Millionen Euro) auf ein Konto in der Schweiz.

    2002 bis 2006: In diesen Jahren handelt Hoeneß nach eigenen Worten teilweise Tag und Nacht an der Börse und macht weltweit Geschäfte.

    2008: Hoeneß machte nach eigenen Angaben schon in den Vorjahren zu viele Verluste. Mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise sei es «endgültig in den Keller» gegangen, und er habe seine Geschäfte stark reduziert.

    August 2011: Nach langen Verhandlungen einigen sich Deutschland und die Schweiz darauf, dass in der Schweiz gebunkerte unversteuerte deutsche Vermögen nachversteuert werden. Das Abkommen, das später noch präzisiert wird, soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

    November 2012: Die von SPD und Grünen regierten Länder lassen das Abkommen im Bundesrat scheitern - damit kann Hoeneß seine Gewinne nicht nachträglich steuerrechtlich legalisieren.

    Am 17. Januar 2013 reicht Hoeneß nach eigenen Angaben Selbstanzeige bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle in Rosenheim ein.

    März 2013: Das Finanzamt hat die Selbstanzeige schnell an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Am 20. März kommt es zur Hausdurchsuchung in Hoeneß' Anwesen am Tegernsee. Ihm wird der Haftbefehl eröffnet, dieser wird gegen eine Kaution und Auflagen außer Vollzug gesetzt.

    April 2013: Der «Focus» macht den Fall öffentlich.

    Juli 2013: Die Staatsanwaltschaft erhebt am 30. Juli Anklage gegen Hoeneß. Diese wird im November vom Landgericht München II unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.

    März 2014: Hoeneß wird wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

    Juni 2014: Hoeneß tritt seine Haft in der JVA Landsberg an.

    September 2014: Erster Ausgang - für einige Stunden kann Hoeneß das Gefängnis verlassen, um sich mit seiner Familie zu treffen.

    Januar 2015: Hoeneß wird Freigänger. Er muss jetzt nur noch zum Übernachten in die JVA, tagsüber arbeitet er in der Jugendabteilung des FC Bayern.

    Januar 2016: Die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg entscheidet, dass die Haftstrafe zum 29. Februar zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Münchner Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Beschwerde.

    Februar 2016: Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß kommt mit 64 Jahren vorzeitig aus der Haft frei.

    Am 8. August 2016 teilt der FC Bayern auf seiner Homepage mit, dass Hoeneß wieder für das Präsidentenamt kandidieren wird. Sein Nachfolger Karl Hopfner verzichtet auf eine weitere Amtszeit. Im November wird Hoeneß wiedergewählt.

    Hoeneß hatte die Drohung des Erpressers ernst genommen, aber nicht gezahlt: In einem Abfallbehälter im Münchner Stadtteil Sendling landete zwar wie gefordert eine rote Plastiktüte - aber drin waren nur Papierschnipsel statt Geld. Beim Abholen der vermeintlichen Beute schnappte die Polizeifalle zu. Der mit gut 300.000 Euro verschuldete Täter kam vor Gericht und gab alles zu. Bei Hoeneß entschuldigte er sich.

    "Erhebliche kriminelle Energie" bei Erpressung bewiesen

    Das Gericht wertete die Reue des Angeklagten zwar zu seinen Gunsten, doch schwerer wogen die erschwerenden Strafzumessungsgründe: Da sind die vielen Vorstrafen des Mannes, darunter zwei Verurteilungen zu mehrjähriger Haft wegen Betrugs. Seine "erhebliche kriminelle Energie" hat der Sohn einer Lehrerin und eines Uni-Dozenten laut Landgericht auch bei der Erpressung bewiesen: Er zog Handschuhe an, bevor er den Brief in den Computer tippte, und speicherte das Schreiben nicht ab, "um ein späteres Auffinden zu vermeiden".

    Diese Gründe für das Strafmaß hielt der Bundesgerichtshof nicht für tragfähig. Das Landgericht prüfte am Mittwoch das Verhalten des  52-Jährigen im Strafvollzug und nahm den Gesundheitszustand des Diabetikers unter die Lupe. Ein Thema war auch der Schlüsselbeinbruch, den er erlitt, als er beim Zugriff der Polizei vom Fahrrad stürzte. Eine weitere Operation sei nötig, klagte der verhinderte Erpresser. Der Prozess dauert an.  dpa

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