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München: Party an der Isar: „Es ist viel exzessiver geworden“

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Party an der Isar: „Es ist viel exzessiver geworden“

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    An sonnigen Tagen findet man am Isarufer in München kaum mehr ein freies Plätzchen. Hier tummeln sich seit den Corona-Lockerungen an den Wochenenden wieder tausende Menschen.
    An sonnigen Tagen findet man am Isarufer in München kaum mehr ein freies Plätzchen. Hier tummeln sich seit den Corona-Lockerungen an den Wochenenden wieder tausende Menschen. Foto: Lea Binzer

    Strahlender Sonnenschein, weiß-blauer Himmel, 25 Grad – und das Isarufer ist an diesem Samstag in München wie an den vergangenen Wochenenden seit den Corona-Lockerungen voller Menschen. Viele junge Leute sind da. Sie liegen in der Sonne, baden oder machen Picknick. Von irgendwoher dudelt Musik. Ein freies Plätzchen ist kaum zu finden. Monika hat Glück.

    Die 26-jährige Studentin aus Augsburg hat mit ihren Freunden noch einen Schattenplatz in den Frühlingsanlagen zwischen Reichenbachbrücke und Wittelsbacherbrücke gefunden. „Ich bin extra aus Augsburg gekommen, weil ich von meinen Münchner Freunden gehört habe, wie cool die Stimmung hier ist. Abends wollen wir zum Feiern noch weiterziehen.“ Und was ist mit Corona? Das vergesse sie schon komplett. „Ich tauche hier völlig in die Atmosphäre ein.“

    Was den einen freut, ist des anderen Leid. Die Anwohner sind genervt. Lärm, Müll und Wildpinkler machen ihnen zu schaffen. „Seit den Corona-Lockerungen ist es viel exzessiver geworden“, erzählt der 34-jährige Daniel. Er wohnt direkt an der Isar. Mit seiner Freundin war er immer mehrmals die Woche am Fluss unterwegs. Das machen die beiden mittlerweile nur noch ungern. „Das Gefühl, dass es Corona gibt, hat man an der Isar schon lange nicht mehr. Es wirkt bei schönem Wetter wie ein riesiges Festival, der Geräuschpegel wie ein überfülltes Freibad in den Sommerferien.“ Man merke, dass sich die Leute Alternativen gesucht hätten. „Turnen, Konzerte oder einfach nur Gruppen, die an der Isar chillen. Man findet alles“, sagt er.

    15.000 feiernde Menschen, 1000 Polizisten

    Das Problem: Clubs und Discos sind wegen Corona weiterhin geschlossen. Zwar sei auch sonst in München viel los, sagt Sven Müller, Sprecher der Münchner Polizei. Doch mit den steigenden Temperaturen verlagern die Feiernden ihre Partys einfach in Parks, auf Plätze oder ans Isarufer – „dorthin, wo es schön ist.“ Bis zu 15.000 Personen sind es laut Polizei an einem Wochenende. Die Folge: verstärkte Polizeipräsenz an den Hotspots. „In München sind generell rund um die Uhr etwa 1000 Beamte im Einsatz. Wegen der Feierproblematik sind zusätzlich 200 bis 300 Polizisten vor Ort,“ erklärt Müller. Dabei setzt die Polizei auf Kommunikation. Denn Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln gelten weiterhin, doch Bußgelder können nur noch verhängt werden, wenn im öffentlichen Raum gegrillt oder gefeiert wird.

    Die verstärkte Polizeipräsenz wird im Englischen Garten deutlich, der voller Menschen ist. Zahlreiche Polizeiautos fahren die Wege ab. Polizisten kontrollieren Passanten oder reden mit Leuten, wenn ihnen etwas auffällt. Auch die 30-jährige Iva hat das schon erlebt. Sie steht am Rande einer Gruppe. Paarweise tanzen Menschen zu Salsa-, Kizomba- und Bachata-Musik. Die Tanzlehrerin erklärt: „Mehrere Münchner Tanzschulen haben sich wegen Corona zusammengetan, um im Englischen Garten zu tanzen.“ Wegen des Abstands werde in drei Arealen getanzt. 100 Personen dürften sie sein, da es sich um eine private Veranstaltung im Freien handle. „Weil wir die Vorschriften einhalten, hat die Polizei nichts beanstandet“, so Iva.

    Auch am Gärtnerplatz ist die Polizei schon am frühen Abend präsent. Jeder Fleck Gras um den Brunnen ist von Menschen besetzt. Es läuft alles noch ruhig ab. Doch wenn die Feiernden bis spät in die Nacht den Platz bevölkern, sich nicht an die Regeln halten und auch nicht auf die Kommunikation der Beamten reagieren, sei die Polizei konsequent und räume den Platz. „Das läuft bisher friedlich ab, meistens geht ein Großteil sogar freiwillig“, sagt Polizeisprecher Müller. Gewalt gebe es generell keine, „ab und zu ein paar blöde Sprüche, gerade wenn die Leute schon alkoholisiert sind“, fügt Müller an. Und: „Wir haben es im Griff, aber es ist eine hohe Arbeitsbelastung. Vor allem am Wochenende. Wenn das Wetter gut ist, sind Polizisten von 17 bis 3 Uhr nachts präsent.“

    Söder: „Einige vergessen, wie gefährlich das Virus ist“

    Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Situation in München im Blick, wie er dieser Tage mehrfach betonte. „Wenn ich mir manche TV-Bilder von Stränden oder Partys in Deutschland oder auch bei uns in München anschaue, habe ich das Gefühl, einige vergessen, wie gefährlich das Virus ist“, sagte er der Abendzeitung. Man sei daher im Gespräch mit der Stadt und der Polizei im Gespräch und werde im Zweifelsfall gegensteuern. „Lebensfreude und Vernunft dürfen kein Gegensatz sein“, sagte Söder. Gerade in den Großstädten sei jedoch spürbar, dass sich die Sorglosigkeit verstärke.

    In Augsburg gibt man sich diesbezüglich gelassen. „Hotspots gibt es keine“, sagt Michael Jakob, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. In der Innenstadt sei zwar wieder mehr los, doch zu mehr Beanstandungen sei es dadurch nicht gekommen. Einzige Ausnahme sei die Maxstraße. Auf der Partymeile ist es in jüngster Zeit vermehrt zu Problemen gekommen. Deshalb und um ein Auge darauf zu haben, dass die Abstandsregeln eingehalten werden, sei die Polizei verstärkter in der Stadt unterwegs.

    Auch in München hat die Polizei nach Sonnenuntergang das Treiben am Isarufer verstärkt im Blick. Die Augsburger Studentin Monika und ihre Freunde sind nicht mehr da. Sie sind wohl zum Feiern weitergezogen – in den Englischen Garten oder an den Gärtnerplatz vielleicht. „Wenn die aktuellen Corona-Regeln so bleiben und Clubs weiter geschlossen haben, bleibt die Situation in München wohl erst einmal so“, ist sich Polizeisprecher Sven Müller sicher. Denn: „Der Sommer hat gerade erst angefangen.“

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