Die Tat
Der 18-jährige David Ali S. eröffnete am Freitag, 22. Juli 2017, gegen 18 Uhr abends das Feuer vor einer McDonald's-Filiale am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München. Dabei sterben neun Menschen, 36 weitere werden verletzt. Der Amokläufer erschießt sich später selbst. In München herrscht in den Stunden nach der Schießerei der Ausnahmezustand: Die Polizei spricht zunächst von einer Terrorlage. 2300 Sicherheitskräfte sind im Einsatz. Der Nahverkehr wird eingestellt, der Hauptbahnhof evakuiert. Über Stunden ist unklar: Wieviele Täter gibt es und wo sind sie? Die Entwarnung kommt am frühen Samstagmorgen, als Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä vor die Presse tritt. Die Polizei teilte mit, dass der mutmaßliche Täter David Ali S. nach Einschätzung der Polizei allein gehandelt hat - und inzwischen tot ist.
Der Täter
Bei dem Schützen handelt es sich um den 18-jährigen Deutsch-Iraner David Ali S.. Laut Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä handelte er als Einzeltäter. Der Schüler ist in München geboren und aufgewachsen. Er hatte eine illegale Pistole, Fabrikat Glock 17, Kaliber 9-Millimeter und mehr als 300 Schuss dabei. Die Waffe hatte er im Darknet besorgt. Gegen den 31-jährigen Waffenhändler und dessen Freundin laufen Gerichtsverfahren, gegen den Waffenhändler unter anderem wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und fahrlässiger Tötung. Für Waffe und Munition soll der 31-Jährige 4350 Euro bekommen haben. Er sitzt in Untersuchungshaft.
Nach den Schüssen am Olympia-Einkaufszentrum ist David Ali S. geflohen und hat sich unweit des Tatorts schließlich selbst getötet.
Im Laufe der Ermittlungen nahm die Polizei in München unter anderem einen 16-Jährigen als mutmaßlichen Mitwisser fest. Gegen den Jungen wurde wegen Nichtanzeigens einer Straftat ermittelt. Ein Haftbefehl gegen den 16-Jährigen wurde vom Oberlandesgericht München in letzter Instanz aber abgelehnt.
Außerdem gab es Ermittlungen gegen einen 15-Jährigen aus dem Kreis Ludwigsburg in Baden-Württemberg, der mit dem Täter gechattet haben soll.
Die Opfer
Zehn Menschen einschließlich Amokläufer starben durch Schüsse, 36 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Die Getöteten stammten nach Angaben des Münchner Polizeipräsidenten Hubertus Andrä alle aus München und Umgebung.
Die drei jüngsten Todesopfer waren erst 14 Jahre alt. Die traurige Liste nach Angaben des bayerischen Landeskriminalamts: eine 14-jährige Deutsche, eine 14-Jährige Staatenlose, ein 14-Jähriger Deutsch-Türke, ein 15-jähriger Ungar, ein 15-jähriger Deutsch-Türke, ein 17-jähriger Grieche, ein 19-jähriger Deutscher, ein 20-jähriger Kosovare, eine 45-jährige Türkin.
Das Motiv
Die Gewalttat war nach Angaben der Ermittler ein "klassischer Amoklauf". Der 18-Jährige aus München habe keinen Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat gehabt, sagte Andrä am Samstag. Auch gebe es "überhaupt keinen Bezug zum Thema Flüchtlinge." Bei Durchsuchungen im Zimmer des Schülers habe man Unterlagen zum Thema Amok gefunden. "Mit dem Thema hat sich der Täter offenbar intensiv beschäftigt", sagte Andrä. Der Täter hat sich wohl auch von Winnenden und dem Breivik-Attentat beschäftigt. Die Tat hatte der David Ali S. offenbar gut vorbereitet - er soll sie ein Jahr lang geplant haben. Mit der illegal erworbenen Waffe übte er im Keller des Mehrfamilienhauses, in dem er mit seinen Eltern wohnte. Dort fanden die Ermittler Einschusslöcher.
Der Täter litt wohl unter einer psychischen Störung, wie Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte. In der Wohnung habe man ärztliche Behandlungsunterlagen gefunden, die auf eine Angststörung und Depressionen hindeuten.
Kurz nach der Tat gab es laut Ermittlern keine Hinweise darauf, dass der Täter seine Opfer bewusst ausgesucht hat. Es sollen sich auch keine Schulkameraden unter den Getöteten befinden. Später stellte sich allerdings heraus, dass die Opfer wohl den Schulkameraden ähnelten, von denen David Ali S. gemobbt wurde.
Die FAZ berichtete in den Wochen nach dem Amoklauf, dass der Deutsch-Iraner, der sich selbst nicht als Ausländer gesehen haben soll, Türken und Araber gehasst haben soll. Das wurde von den Ermittlern jedoch nicht bestätigt.
Der Einsatz
Die Polizei habe die höchste Einsatzstufe ausgelöst, die zur Verfügung gestanden habe. Angesichts der vielen Hinweise auf weitere Schauplätze sei das umfassende Vorgehen nötig gewesen, sagte Andrä.
Nach den Schüssen am Olympiazentrum brach in manchen Teilen der Stadt Panik aus. Die Polizei warnte vor einer "akuten Terrorlage" und forderte die Anti-Terror-Einheit GSG 9 des Bundes und Spezialeinheiten aus mehreren anderen Bundesländern an, die Landeshauptstadt rief den "Sonderfall" wegen einer "Amoklage" aus.
Der öffentliche Nahverkehr - U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen - wurde für mehrere Stunden komplett eingestellt, auch der Zugverkehr stand still. Der Münchner Hauptbahnhof wurde evakuiert, Ärzte und Schwestern wurden in die Krankenhäuser gerufen. Restaurants in der Innenstadt schlossen aus Sicherheitsgründen.
Mehrere Fehlalarme und Gerüchte im Internet sorgten für zusätzliche Angst auf den Straßen. Unklar war anfangs, ob es in der Innenstadt eine weitere Attacke gab. Auch dort rückten schwer bewaffnete Polizisten aus, nachdem Menschen schreiend und in Panik geflohen waren. Ein Polizeisprecher sagte später, zahlreiche Hinweise per Notruf über Schusswechsel an anderen Stellen der Stadt hätten sich nicht bestätigt. Zwischen 18 und 24 Uhr zählte die Münchner Polizei 4310 Notrufe. Das sei das Vierfache eines normalen Tages gewesen, sagte Polizeipräsident Andrä.
Die Polizei ermittelt, ob auch absichtliche Falschinformationen aus der Bevölkerung eingingen, wie Bayerns Innenminister Herrmann erklärte: "Wir müssen schon auch überprüfen, inwieweit hier Leute meinten, sie würden etwas Witziges tun, indem sie solche Behauptungen ins Netz stellen oder deswegen die Polizei anrufen." Auch am Samstagabend kam es in der Münchner Innenstadt zu einer erneuten Terrorwarnung von Unbekannten, die sich als Fehlalarm herausstellte. drs, dpa, ida
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