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München: Kindesmissbrauch im Live-Stream: Angeklagter gesteht

München

Kindesmissbrauch im Live-Stream: Angeklagter gesteht

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    Vor dem Landgericht München I beginnt ein Prozess gegen einen Mann, der via Video-Chat Anweisungen zur Vergewaltigung von Kindern gegeben haben soll.
    Vor dem Landgericht München I beginnt ein Prozess gegen einen Mann, der via Video-Chat Anweisungen zur Vergewaltigung von Kindern gegeben haben soll. Foto: Sven Hoppe, dpa (Symbolbild)

    In einem Prozess um live ins Netz übertragenen Kindesmissbrauch hat der 40-jährige Angeklagte vor dem Landgericht München I ein Teilgeständnis abgelegt. Über seine Verteidiger ließ der Mann zum Prozessauftakt am Donnerstag erklären, er habe Minderjährigen über Video-Chatplattformen bei sexuellen Handlungen zugesehen. Er bestritt allerdings, Chatpartner für den Missbrauch an Kindern bezahlt zu haben.

    Angeklagter legt Teilgeständnis ab

    Der Immobilienkaufmann steht unter anderem wegen Anstiftung zur Vergewaltigung und zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern vor Gericht. Laut Staatsanwaltschaft nahm er zwischen 2014 und 2016 per Videotelefonie mehrmals Kontakt zu Erwachsenen in anderen Teilen der Welt auf, die gegen Bezahlung Kinder vor der Kamera nach seinen Anweisungen sexuell quälten. Diese Vorwürfe bestreitet der Angeklagte.

    Er räumte jedoch über seine Anwälte ein, im Jahr 2018 mehrmals Videotelefonate mit Kindern geführt zu haben und sie dazu gebracht zu haben, sich zu entkleiden und selbst zu befriedigen. Zudem gestand er, mehrere Tausend kinderpornografische Dateien besessen zu haben. Persönlich werde er sich in dem Verfahren nicht zu den Vorwürfen äußern, teilten die Verteidiger mit. Für den Prozess sind bislang drei Verhandlungstage angesetzt.

    Ermittler sehen keinen Zusammenhang mit großen Missbrauchskomplexen

    "Bei dem Phänomen handelt es sich um das sogenannte Live-Streaming", teilt das Bundeskriminalamt vor der Verhandlung mit. Die Chats verliefen laut der ermittelnden, bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg ansässigen Zentralstelle Cybercrime oft auf Englisch, bezahlt wurde in US-Dollar. In mindestens einem Fall soll eine Frau, der der Angeklagte Anweisungen zum Missbrauch gab, auf den Philippinen gelebt haben. Einen Zusammenhang mit den großen Missbrauchskomplexen Münster oder Bergisch Gladbach sahen die Ermittler nicht.

    Kinderhilfswerk identifizierte mit künstlichem Avatar weltweit 1000 Täter

    Die Philippinen sind laut BKA ein Hotspot für den Missbrauch von Kindern und ihre Prostitution per Webcam: "Diese Tatbegehung ist insbesondere auf den Philippinen sehr verbreitet." 

    Das Kinderhilfswerk terre des hommes in den Niederlanden begann schon vor geraumer Zeit mit der Entwicklung des Projektes "Sweetie 2.0". Dabei sollte ein künstlich generierte Avatar dabei helfen, Täter aufzuspüren, die im Netz auf der Suche sind nach Webcam-Kinderprostitution. 

    2013 identifizierte das Kinderhilfswerk mit Hilfe des virtuellen Mädchens "Sweetie" die IP-Adressen von 1000 Tätern aus rund 70 Ländern und übergab sie an die jeweiligen nationalen Strafverfolgungsbehörden, was zu weltweiter Aufmerksamkeit auf diese spezielle Form des Kindesmissbrauchs und zu ersten Strafprozessen führte.

    Webcam-Kinderprostitution ist global weit verbreitet

    "Webcam-Kinderprostitution als Form des Missbrauchs von Kindern breitet sich global rasant aus", teilte das Hilfswerk schon 2015 mit. In jedem Moment seien weltweit 750.000 Täter online auf der Suche nach Minderjährigen. 

    Nach Angaben des Bundeskriminalamtes kommen diese zuschauenden und Anweisungen erteilenden Täter vor allem aus westlichen Staaten. "Die Täter nutzen dabei die vermeintliche Anonymität, um gegen bargeldlose Bezahlung Missbrauchshandlungen sehen beziehungsweise steuern zu können." Die ausführenden Täter vor der Kamera seien dann auch durchaus manchmal Frauen. "Die Beweggründe dafür liegen oftmals auch in der wirtschaftlichen Situation." (dpa)

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