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München: Katarina Witt: Außenministerin der Olympia-Bewerbung

München

Katarina Witt: Außenministerin der Olympia-Bewerbung

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    Katarina Witt
    Katarina Witt Foto: soe;hae

    Die bayerischen Männer zeigen ihr die kalte Schulter. Das "schönste Gesicht des Sozialismus" haut einen wie Markus Wasmeier nicht vom Hocker. "Eine Kati Witt kann nie in München und Bayern Akzente setzen", sagt der ehemalige Skirennfahrer.

    Wasmeier ist Urbayer, er hat ein Bauernhofmuseum und vieles, was Katarina Witt nicht hat. Sie kommt aus Sachsen. Die ehemalige Eiskunstlauf-Königin trägt keine Tracht und muss ohne den angenehmen bayerischen Zungenschlag auskommen.

    Dass die 44-Jährige trotzdem das "Gesicht" der Münchner Bewerbung um die Olympischen Winterspiele im Jahr 2018 ist, löste in Bayern vom ersten Tag an zumindest Staunen aus. Seit Montag werden wieder eifrig die Köpfe geschüttelt, denn die Witt ist nach dem Rückzug des Modeschöpfers Willy Bogner nun das alleinige Aushängeschild der Bewerbungsgesellschaft.

    Nicht nur Wasmeier und Uli Hoeneß zweifeln: Kann die Vorzeigesportlerin der DDR das Aushängeschild für den bayerischen Winter-Traum sein? Ja und nein.

    Katarina Witt hat längst Akzente gesetzt. Wer das sehen wollte, musste zum Beispiel im Februar nach Vancouver reisen. Während der Winterspiele warb München für sich. Der Auftakt war glanzlos und holprig. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude pries seine Stadt vor lauter Eifer so sehr, dass er in seiner Rede sogar behauptete, es habe das Oktoberfest-Attentat nie gegeben.

    Katarina Witt rettete den Tag. Die ehemalige Eiskunstläuferin erinnerte äußerlich an Bizets Carmen, mit der sie 1988 zum zweiten Mal Olympia-Gold gewann. Sie erzählte vom Duell gegen die andere Carmen, Debi Thomas aus den USA. Ost gegen West. 1988 hingen Millionen Amerikaner vor den Fernsehgeräten. 2010 zog Katarina Witt die Zuhörer in Vancouver in ihren Bann. Der Politik-Profi Ude war beeindruckt davon, "wie sie Menschen mitreißen kann".

    Witt ist bekannt und berühmt auf der ganzen Welt - auch unter den Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Die 112 Männer und Frauen entscheiden im Juli 2011 darüber, ob München, Pyeonchang (Südkorea) oder Annecy (Frankreich) die Winterspiele 2018 bekommen.

    Sie kennen die Frau, die mit fünf Jahren zum ersten Mal im damaligen Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) aufs Eis gegangen und mit ihrer streng wirkenden Trainerin Jutta Müller zum Star aufgestiegen war. Die DDR-Bosse sonnten sich an ihrer Seite und umgarnten sie mit Privilegien. Sie ließen sie aber auch bespitzeln und im Ausland von Aufpasser-Schwärmen bewachen.

    In den USA prägte das Magazin Time den Satz vom "schönsten Gesicht" des Ostens. Dort verdiente Kati Witt viel Geld mit Auftritten bei Eis-Shows. Dort war der Playboy ausverkauft, als sie sich enthüllte.

    Wenn Katarina Witt in der weiten Welt für die Winterspiele in München wirbt, muss sie sich nicht vorstellen. Weil viele der IOC-Mitglieder mit Wintersport wenig am Hut haben, hinterlassen nette Plaudereien mit der Witt oft mehr Eindruck als Präsentationen von Langlaufloipen-Konzepten. Da die klare Mehrheit auch noch männlich ist, ist die Sächsin mit ihrem Charme eine perfekte Außenministerin für die bayerische Olympiabewerbung.

    Das ist ihre Stärke und war von Beginn an die Rolle, die ihr zugedacht war. Die Münchner fanden bislang aber niemanden, der daheim für den Traum von Winterspielen steht. Keiner der Männer an Witts Seite hat es geschafft, in der geplanten Olympia-Region Begeisterung zu entfachen oder Brandherde zu löschen. Der Widerstand wächst, die Bauern in Garmisch-Partenkirchen rebellieren und das Geld ist knapp.

    Viele Olympia-Freunde träumen von einem Ski fahrenden Franz Beckenbauer. Der ist aber nicht in Sicht. Witt muss es (vorerst) alleine richten. "Ich scheue nicht die Verantwortung", sagt sie. Ob sie das Eis brechen kann, ist offen. Die bayerischen Männer zeigen ihr die kalte Schulter. Josef Glatz, der kernige Chef der Garmischer Weidegenossenschaft und Vertreter der rebellierenden Bauern, sagte der Abendzeitung: "Die Witt ist mir wurscht." Von Marcus Bürzle

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