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München: Grüne scheitern mit Klage im Fall Hoeneß

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Grüne scheitern mit Klage im Fall Hoeneß

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    Im Fall Hoeneß legte das Gericht strenge Maßstäbe an - die Klage der Grünen wurde abgewiesen.
    Im Fall Hoeneß legte das Gericht strenge Maßstäbe an - die Klage der Grünen wurde abgewiesen. Foto: Alexander Hassenstein (dpa)

    Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung gegen Privatpersonen – selbst wenn sie so sehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen wie der frühere Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß – gehen die Abgeordneten des Bayerischen Landtags in aller Regel nichts an. Die Staatsregierung war somit im Mai 2013 nicht verpflichtet, parlamentarische Anfragen der Grünen zum Steuerfall Hoeneß zu beantworten. Das hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof unter Vorsitz seines Präsidenten Karl Huber entschieden. Zwei der acht Richter gaben allerdings Sondervoten ab. Sie waren der Auffassung, die Regierung hätte antworten müssen.

    Niederlagen der Regierung

    Uli Hoeneß: Die Geschichte der Steueraffäre

    Uli Hoeneß: Vor vielen Jahren begann er an der Börse eine Zockerei, die ihn 2013 ins Visier der Justiz brachte.

    2001: Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überweist Hoeneß in Form eines Kredits und einer Bürgschaft 20 Millionen D-Mark (10,23 Millionen Euro) auf ein Konto in der Schweiz.

    2002 bis 2006: In diesen Jahren handelt Hoeneß nach eigenen Worten teilweise Tag und Nacht an der Börse und macht weltweit Geschäfte.

    2008: Hoeneß machte nach eigenen Angaben schon in den Vorjahren zu viele Verluste. Mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise sei es «endgültig in den Keller» gegangen, und er habe seine Geschäfte stark reduziert.

    August 2011: Nach langen Verhandlungen einigen sich Deutschland und die Schweiz darauf, dass in der Schweiz gebunkerte unversteuerte deutsche Vermögen nachversteuert werden. Das Abkommen, das später noch präzisiert wird, soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

    November 2012: Die von SPD und Grünen regierten Länder lassen das Abkommen im Bundesrat scheitern - damit kann Hoeneß seine Gewinne nicht nachträglich steuerrechtlich legalisieren.

    Am 17. Januar 2013 reicht Hoeneß nach eigenen Angaben Selbstanzeige bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle in Rosenheim ein.

    März 2013: Das Finanzamt hat die Selbstanzeige schnell an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Am 20. März kommt es zur Hausdurchsuchung in Hoeneß' Anwesen am Tegernsee. Ihm wird der Haftbefehl eröffnet, dieser wird gegen eine Kaution und Auflagen außer Vollzug gesetzt.

    April 2013: Der «Focus» macht den Fall öffentlich.

    Juli 2013: Die Staatsanwaltschaft erhebt am 30. Juli Anklage gegen Hoeneß. Diese wird im November vom Landgericht München II unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen.

    März 2014: Hoeneß wird wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

    Juni 2014: Hoeneß tritt seine Haft in der JVA Landsberg an.

    September 2014: Erster Ausgang - für einige Stunden kann Hoeneß das Gefängnis verlassen, um sich mit seiner Familie zu treffen.

    Januar 2015: Hoeneß wird Freigänger. Er muss jetzt nur noch zum Übernachten in die JVA, tagsüber arbeitet er in der Jugendabteilung des FC Bayern.

    Januar 2016: Die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg entscheidet, dass die Haftstrafe zum 29. Februar zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Münchner Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Beschwerde.

    Februar 2016: Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß kommt mit 64 Jahren vorzeitig aus der Haft frei.

    Am 8. August 2016 teilt der FC Bayern auf seiner Homepage mit, dass Hoeneß wieder für das Präsidentenamt kandidieren wird. Sein Nachfolger Karl Hopfner verzichtet auf eine weitere Amtszeit. Im November wird Hoeneß wiedergewählt.

    Dass das höchste bayerische Gericht im Streit um die Kontrollrechte des Landtags der Staatsregierung Recht gibt, war gerade in jüngster Zeit nicht selbstverständlich. Zweimal schon musste die Regierung in diesem Jahr eine Niederlage einstecken. In einem Fall ging es um Fragen der Grünen zur Arbeit des Verfassungsschutzes, im anderen Fall um die Verstrickung von Kabinettsmitgliedern in die Verwandtenaffäre. In beiden Fällen stärkte das

    Fall Hoeneß: Klage zurückgewiesen

    Im Fall Hoeneß aber legte das Gericht strengere Maßstäbe an und wies die Klage der Grünen ab. Das Steuergeheimnis und das allgemeine Persönlichkeitsrecht setzten in diesem Fall dem Fragerecht der Abgeordneten Grenzen. Geschützt seien dabei nicht nur die Steuerdaten im engeren Sinne, sondern auch alle Informationen „soweit sie, und sei es auch nur mittelbar, Rückschlüsse auf die Verhältnisse des Steuerpflichtigen zulassen.“.

    Die Grünen hatten also nach Auffassung des Gerichts keinen Anspruch darauf zu erfahren, wann die Selbstanzeige von Uli Hoeneß beim Finanzamt Miesbach eingegangen ist und ob sie persönlich oder von einem Vertreter abgegeben wurde. Das Gleiche gilt für die Frage, welcher Vertreter welcher bayerischen Behörde vor Abgabe der

    Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht

    Derlei Informationen seien nicht nur durch das Steuergeheimnis, sondern auch durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Bayerischen Verfassung geschützt. Insbesondere die Bekanntgabe des Eingangsdatums der Selbstanzeige wäre ein Eingriff in dieses Grundrecht, weil dieses Datum eine entscheidende Rolle spielen könne für die Frage, ob die Selbstanzeige strafbefreiende Wirkung hat oder nicht.

    Ein generelles Recht, zu Steuerermittlungen zu schweigen, kann die Staatsregierung aus dem Urteil allerdings nicht ableiten. Das Gericht ermahnte die Regierung, künftig eine „substanzielle Begründung“ für die Verweigerung einer Antwort zu geben. Im Fall Hoeneß sei sie „verfassungsrechtlich noch vertretbar“ gewesen. Die Richter wiesen auch darauf hin, dass die Geheimhaltung von Steuerverhältnissen nicht dazu führen dürfe, dass „ein von parlamentarischer Kontrolle gänzlich freier Raum entsteht“. Konkret ließen sie im Fall Hoeneß offen, ob die Staatsregierung nach Abschluss eines Strafverfahrens Auskunft geben müsse.

    Großes öffentliches Interesse am Fall Hoeneß

    Die Grünen kündigten daraufhin prompt an, eine neue Anfrage zu prüfen. Das öffentliche Interesse an dem Fall zeige sich schon daran, so sagte Ex-Fraktionschef Martin Runge, dass Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schon frühzeitig „das halbe Kabinett“ informiert habe. Außerdem sei es „absurd“, dass mehrere 1000 Mitarbeiter den Fiskus Zugriff auf die Steuerakte von Uli Hoeneß gehabt hätten, ohne dass die Zugriffe ordentlich protokolliert worden wären, der Opposition aber Auskünfte verweigert würden.

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