Der Fall hatte vergangene Woche für Schlagzeilen gesorgt. In einer Todesanzeige in der Süddeutschen Zeitung war eine 17-Jährige aus Ismaning betrauert worden. „Unsere liebe Steffi hat uns heute für immer verlassen. Sie wurde heute viel zu früh aus ihrem jungen und erfüllten Leben gerissen (...) Wer das Glück hatte, Steffi in ihrem Leben zu begegnen, der wird wissen welches Glück wir hatten. Wir werden dich nie vergessen", hieß es in dem Text unter anderem.
Doch wie sich sehr schnell herausstellte war die Todesanzeige falsch. Das Mädchen lebt. Und die Anzeige war auch nicht von den Eltern der 17-Jährigen aufgegeben worden, sondern von einem Unbekannten.
Die Polizei nahm daraufhin die Ermittlungen auf. Denn es bestand sehr schnell der Verdacht, dass hinter der Anzeige der gleiche unbekannte Täter stecken könnte, der die 17-jährige Auszubildende bereits in den Wochen zuvor per SMS und Mails bedroht und belästigt hatte.
Verdächtiger gibt Anschuldigungen zu
Die Fahndung nach dem Stalker ist nun beendet. Die Münchner Polizei berichtet, dass am Mittwoch ein 43 Jahre alter Mann festgenommen wurde. Die Ermittler hatten die Wohnung des Tatverdächtigen durchsucht. Nach Angaben der Polizei wurde dort umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Dieses muss nun ausgewertet werden. Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte am Donnerstag, dass der 43-Jährige die Vorwürfe eingeräumt habe. Der Mann hat zugegeben, das Mädchen seit Mai belästigt zu haben.
Der Stalker hat einen entscheidenden Fehler gemacht
Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks handelt es sich bei dem Mann um einen ehemaligen Kollegen der Jugendlichen, die mit ihm zusammen in einer Firma gearbeitet hatte. Erste Untersuchungen im Umfeld des Mädchens im Frühsommer hätten noch keine Hinweise auf den jetzt Festgenommenen erbracht, sagte Kripo-Ermittler Marco Müller. Bereits damals sowie nach dem Erscheinen der Todesanzeige hatte die Familie jeweils Anzeige erstellt.
Das müssen Sie über Stalking wissen
Unter Stalking versteht man das wiederholte Verfolgen oder Belästigen eines anderen Menschen.
Der Begriff ist vom englischen "to stalk" abgeleitet. Das bedeutet jagen, heranpirschen, verfolgen.
Sehr häufig stehen oder standen Täter und Opfer beim Stalking in einer Beziehung, waren etwa einmal zusammen, hatten zusammen gearbeitet oder kennen sich aus der Nachbarschaft.
Auch abgewiesene Verehrer stecken oft hinter Stalking-Attacken.
Stalking äußert sich zum Beispiel in (nächtlichem) Telefonterror, in Schikanen, Verleumdungen, Auflauern an der Wohnung oder am Arbeitsplatz oder Bestellungen unter falschem Namen.
In extremen Fällen wurden Stalking-Opfer von Tätern auch verletzt oder sogar getötet.
Etwa 90 Prozent der Opfer beim Stalking sind Frauen.
Stalking ist in Deutschland eine Straftat. Auf die sogenannte „Nachstellung“ (§ 238 StGB) steht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre.
Im Jahr 2011 verzeichnete die Polizeiliche Kriminalstatistik 25.038 Fälle von Nachstellung.
Stalking-Opfer sollten sich möglichst frühzeitig an die Polizei wenden. Diese kann zum Beispiel Kontaktverbote oder einen Platzverweis aussprechen.
Opfer sollten unbedingt und möglichst frühzeitig auch ihre Bekannten und Verwandten über die Attacken informieren.
Auch anwaltliche Beratung ist sinnvoll, etwa, um gegen den Täter zivilrechtlich vorzugehen.
Am Sonntag schließlich drohte der Mann, das Mädchen würde den nächsten Tag nicht überleben. Bei der Rückverfolgung der Daten gelang der entscheidende Treffer, berichtete Müller: "Der Stalker hatte einen Fehler gemacht und einmal seine Echtpersonalien angegeben."
Dem Mann droht eine mehrjährige Freiheitsstrafe
Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch sagte, aufgrund der schweren gesundheitlichen Schäden bei dem Opfer sei ein Strafmaß von drei Monaten bis zu fünf Jahren für den Täter möglich. "Stalking in der Form habe ich noch nicht erlebt", betonte Steinkraus-Koch. Die Ermittlungen gestalteten sich bei Stalking generell schwierig, weil Provider Daten nicht mehr über einen bestimmten Zeitraum speichern müssen, betonte Müller. In diesem Fall konnte zeitnah ermittelt werden, so dass noch Daten vorhanden waren.
Justizministerin will Gesetzeslücke schließen
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sprach sich nach der Klärung des Falls dafür aus, eine Lücke im Stalking-Paragrafen zu schließen. Denn der Straftatbestand sei nur dann erfüllt, wenn das Nachstellen zu einer Beeinträchtigung der Lebensführung des Opfers führe. "Das hat zur Konsequenz, dass Opfer, die sich nach außen hin stark zeigen und ihr Leben nicht umstellen, durch unser Strafrecht häufig ungeschützt sind." bo, dpa