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München: Bernd Eichinger: Die letzte Szene

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Bernd Eichinger: Die letzte Szene

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    Bernd Eichinger.
    Bernd Eichinger. Foto: DPA

    München "Let it be." Der letzte Song hätte ihm gefallen. Denn er wirkt auf die Menschen wie viele seiner Filme: echt und berührend. Er ist aber auch massenkompatibel.

    Wärmend schlagen die Strahlen der Sonne zur Beatles-Melodie durch die lichten Fenster der Michaelskirche im Zentrum Münchens. Mutter Inge, Tochter Nina und Ehefrau Katja kämpfen ebenso wie viele der gut 800 Freunde und Wegbegleiter aus der Film- und Showbranche vergeblich gegen die Tränen. Es ist der bewegendste Moment in der Trauerfeier für Bernd Eichinger, den sie posthum "den letzten Münchner Film-Tycoon" getauft haben. Auch draußen vor dem Gotteshaus, vor der Großbildleinwand - der Sender Sat.1 überträgt live - herrscht Stille. Es ist ein Moment des Innehaltens in dem wie immer geschäftigen Betrieb in der Münchner Fußgängerzone.

    Eichinger wird an diesem Montag fast mit einer Art Staatsakt geehrt. Das ist in der Landeshauptstadt guter Brauch für verdiente Persönlichkeiten. So war es schon bei Franz Josef Strauß. Später kamen Tausende zur Beerdigung des ermordeten Modemachers Rudolph Moshammer. "Eine schöne Leich", nennen das die Münchner.

    Die Polizei ist präsent, die geladenen Trauergäste werden über einen schwarzen Teppich durch einen Seiteneingang in die Kirche geleitet. Die Elite der Prominenz ist da: die Schauspieler Iris Berben, Hannelore Elsner, Veronica Ferres, Katja Flint, Thomas Kretschmann und Joachim Fuchsberger, Moderator Thomas Gottschalk sowie die Regisseure Sönke Wortmann, Doris Dörrie, Uli Edel und Tom Tykwer, auch Politiker wie Oberbürgermeister Christian Ude und sogar Entführungsopfer Natascha Kampusch, Hauptfigur von Eichingers letztem, unvollendetem Filmprojekt.

    Vorne im Altarraum der mit weißen Rosen geschmückten Kirche steht ein großes Schwarzweiß-Porträt des Produzenten und Regisseurs, ein Bild aus dem vergangenen Jahr. Stolz wirkt Eichinger da, lächelnd und glücklich, die Hand liegt auf dem Herzen. Gerade war er mit dem deutschen Filmpreis für sein Lebenswerk geehrt worden und hatte das bekommen, was er in vielen Feuilletons nur selten fand: Anerkennung für seine Arbeit.

    Eichinger wurde vor 61 Jahren in Neuburg an der Donau geboren. Seine 89-jährige Mutter lebt noch immer in Rennertshofen, einer Marktgemeinde vor den Toren der Stadt. Von dort war der junge Eichinger in den 70er Jahren in die Welt hinausgezogen. An der Filmhochschule habe er schon zu Beginn mit überschäumendem Selbstbewusstsein getönt, er werde jede Menge Filme drehen. Uli Edel, Freund und Kollege, bemerkt dies in seiner Trauerrede. Eichinger, der extrovertierte bayerische Kraftkerl, und er, der introvertierte Edel. Anfangs habe er ihn nicht gemocht, später seien sie innige Freunde geworden, sagt der Regisseur.

    Christian Ude zeichnet den Weg Eichingers in München nach, von den Anfängen in Schwabing, der Sanierung der Constantin-Film bis hin zu seinem sozialen Engagement für "Artists for kids". Hier in dieser Stadt habe alles begonnen, an dieser Stadt habe er besonders gehangen, sagt der Oberbürgermeister.

    Einen bemerkenswerten Nachruf formuliert Regisseur Tom Tykwer, Trauzeuge von Katja und Bernd Eichinger: "Sein Tod ist wie ein sauberer Schnitt, der lange über den Abspann hinaus wirkt." Eichingers Überdimensionalität in der Außenwirkung sei mit einer Nahbarkeit, die er stets zugelassen habe, gekoppelt gewesen. "Wen Bernd in sein Herz geschlossen hatte, der blieb dort beheimatet."

    Schauspielerin Martina Gedeck findet, es sei seine Profession gewesen, "Bilder der Seele im Leben eines Menschen zu finden". Man muss hinzufügen: und sie einem großen Publikum vorzuführen. Denn dem Erfolg hatte Eichinger sein Leben untergeordnet.

    Von München aus begann der Bayer seinen kometenhaften Aufstieg, der ihn schließlich bis nach Hollywood führte. Dort starb er am 24. Januar völlig überraschend an einem Herzinfarkt. Seine Filme waren über Jahrzehnte hinweg Ereignisse: "Der Name der Rose", "Das Geisterhaus", "Der Untergang" oder "Das Parfum". Jesuitenpater Karl Kern, der die Eichingers auch getraut hatte, spricht in seiner Predigt "von einem der Größten seiner Zunft".

    Eichinger, der dem Vernehmen nach so gerne und intensiv lebte, hätte sich gefreut, dass nach der kirchlichen Trauerfeier noch zu einem weltlichen Empfang geladen wird. Der findet im Kaisersaal der Residenz für einige hundert geladene Gäste statt.

    Am Ende des Trauertags treffen sich dann noch die engsten Freunde, Weggefährten von der Constantin Film AG und Familienangehörige in seiner Lieblingsbar, dem "Schumann's" am Odeonsplatz. Dort fällt das eine oder andere lobende Wort über Eichinger. Auch das hätte ihm wohl gefallen. Josef Karg

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