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Modellbau-Affäre: Landtag trifft sich zum Fall Haderthauer noch in der Sommerpause

Modellbau-Affäre

Landtag trifft sich zum Fall Haderthauer noch in der Sommerpause

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    Der Druck auf Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Staatskanzleileiterin Christine Haderthauer wächst der Druck in der Modellbau-Affäre.
    Der Druck auf Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Staatskanzleileiterin Christine Haderthauer wächst der Druck in der Modellbau-Affäre. Foto: Sven Hoppe dpa

    In der Modellbau-Affäre wächst der Druck auf Ministerpräsident Horst Seehofer und seine Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (beide CSU) weiter: Auf Drängen der Opposition wird es im Landtag voraussichtlich noch in der Sommerpause eine Sondersitzung zum Fall Haderthauer geben.

    Chronologie: Der Fall Haderthauer

    Als junge Rechtsanwältin steigt die spätere Staatskanzleichefin Christine Haderthauer 1990 in das Modellauto-Geschäft ein. Ein knappes Vierteljahrhundert später steht sie unter Betrugsverdacht.

    16. Mai 1988 - Der dreifache Sexualmörder Roland S. wird vom Landgericht Nürnberg zu lebenslanger Haft und Unterbringung verurteilt. Im Maßregelvollzug lernt S. Assistenzarzt Hubert Haderthauer kennen.

    1990 - Der Dreifachmörder baut Modellautos. Haderthauers Frau Christine wird Teilhaberin der Firma Sapor Modelltechnik, die die Autos verkauft. Ein Mitgesellschafter ist der Franzose Roger Ponton. Das Geschäft läuft schlecht, Ponton soll Geld nachschießen. Laut Haderthauer antwortet er nicht auf entsprechende Kontaktversuche und ist seit 1996 nicht mehr erreichbar.

    2004 - Haderthauer überträgt nach ihrem Einzug in den Landtag ihren Firmenanteil an Ehemann Hubert.

    2008 - Christine Haderthauer wird Ministerin, Hubert Haderthauer - inzwischen Landgerichtsarzt in Ingolstadt - verkauft die Firma.

    6. April 2011 - Der nach Darstellung der Haderthauers jahrelang nicht erreichbare Ponton meldet sich und verlangt eine Abfindung für seinen Anteil. Die Parteien einigen sich auf 20 000 Euro.

    2013 - Der «Spiegel» berichtet über die Modellauto-Geschäfte. Die bayerische Landesanwaltschaft führt unter anderem wegen der früheren Modellauto-Geschäfte ein Disziplinarverfahren gegen Dr. Haderthauer.

    Mai 2014 - Ponton erstattet Betrugsanzeige. Er vermutet, dass die Haderthauers ihn bei der Abfindung um rund 30 000 Euro prellten.

    1. August 2014 - Die Staatsanwaltschaft München II leitet förmliche Ermittlungen wegen Betrugsverdachts gegen die Staatskanzleichefin ein. Gegen ihren Mann wurde bereits vorher ermittelt.

    5. August 2014 - Seehofer macht den Verbleib Haderthauers im Amt von zwei Faktoren abhängig: dem Ausgang des Ermittlungsverfahrens und eventuellen neuen Enthüllungen.

    10. August 2014 - Seehofer fordert von Haderthauer schnelle Aufklärung der Vorwürfe.

    1. September 2014: Haderthauer erklärt ihren Rücktritt wegen der «Modellbau-Affäre».

    SPD, Freie Wähler und Grüne forderten Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) am Dienstag geschlossen auf, für den 16. September zu einer solchen Sitzung einzuladen - zwei Wochen vor dem nächsten regulären Plenartag. Stamm kündigte daraufhin an, die Sondersitzung einzuberufen - wenn die Opposition dies formal korrekt beantragt. Das soll nun an diesem Mittwoch geschehen.

    Opposition: Keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Haderthauer möglich

    Als Gründe für ihre Forderung nannten die drei Oppositionsfraktionen die Entwicklungen in der sogenannten Modellauto-Affäre und das "Nichttätigwerden" von Ministerpräsident Seehofer. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei unter Leitung Haderthauers sei insbesondere wegen nicht korrekt beantworteter Anfragen nicht mehr möglich, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der drei Fraktionen an die Landtagspräsidentin vom Dienstag.

    Gegen Haderthauer wird wegen Betrugsverdachts ermittelt. Hintergrund ist eine Anzeige, die der frühere Mitgesellschafter des Unternehmens Sapor Modelltechnik eingereicht hat. Darin wirft der französische Geschäftsmann Roger Ponton dem Ehepaar Hubert und Christine Haderthauer vor, ihn um mehrere 10 000 Euro geprellt zu haben.

    Die Opposition fordert schon seit Wochen Haderthauers Rücktritt beziehungsweise ihren Rauswurf durch den Ministerpräsidenten. Seehofer hat zwar mehrfach Haderthauers Krisenmanagement kritisiert, sich aber ansonsten bislang hinter seine Ministerin gestellt.

    Modellbau-Affäre: Seehofer bleibt gelassen

    Das ist Christine Haderthauer

    2003 zog die 51-jährige Juristin erstmals in den Landtag ein, 2007 machte sie der damalige Parteichef Erwin Huber zur Generalsekretärin.

    2008, nach dem CSU-Absturz bei der Landtagswahl, stand sie vor dem politischen Aus. Doch Haderthauer überlebte. Ministerpräsident Horst Seehofer machte sie – für viele überraschend – zur Sozialministerin. 2013 wechselte sie in die Staatskanzlei.

    Haderthauer gilt als Allzweckwaffe der CSU. Sie ist bundesweit bekannt, auch wegen ihres losen Mundwerks, wird zu allen politischen Themen gefragt und zu Talkshows in Berlin eingeladen.

    Zuletzt war sie wegen einer gefährlichen Verengung der Halsschlagader für etwa einen Monat außer Gefecht gesetzt. (dpa)

    Seehofer reagierte am Dienstag gelassen. "Wenn die Opposition das für richtig hält, kann die Debatte gerne stattfinden", sagte er dem "Münchner Merkur" (Mittwoch). Er betonte zugleich: "An meiner Vorgehensweise und Terminplanung ändert sich dadurch nichts."

    Als Termin für die Sondersitzung schlugen die Fraktionsvorsitzenden Markus Rinderspacher (SPD), Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Margarete Bause (Grüne) den 16. September vor, weil dieser Tag bereits außerhalb der Schulferien liege. Man wolle den gesamten Komplex zeitnah parlamentarisch im Landtag behandeln, erklärten sie.

    Stamm sagte, sie nehme den Vorschlag der Oppositionsfraktionen zur Kenntnis. Sie betonte aber: "Sondersitzungen des Parlaments regelt die Geschäftsordnung des Landtags. Wer davon Gebrauch machen will, muss dies entsprechend mit dem hierfür zutreffenden § 99 Absatz 2 der Geschäftsordnung tun. Selbstverständlich werde ich in diesem Fall entsprechend der Geschäftsordnung eine Vollversammlung einberufen." 

    Dort heißt es: "Die Vollversammlung muss von der Präsidentin oder dem Präsidenten unverzüglich einberufen werden, wenn es die Staatsregierung oder mindestens ein Drittel der Mitglieder des Landtags verlangen oder es zur Behandlung von Volksbegehren notwendig ist." Die Opposition hatte zunächst auf den unzutreffenden Paragrafen 98 verwiesen - und Stamm lediglich gebeten, die Sondersitzung einzuberufen. Der förmlich Antrag soll nun am Mittwoch folgen. SPD, Freie Wähler und Grüne stellen zusammen 79 von 180 Abgeordneten. dpa/AZ

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