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Missbrauchsskandal: Bayerns Bistümer verzeichnen gewaltige Austrittswelle

Missbrauchsskandal

Bayerns Bistümer verzeichnen gewaltige Austrittswelle

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    Die Hände eines Geistlichen.
    Die Hände eines Geistlichen. Foto: dpa

    In den bayerischen Bistümern zeichnet sich nach den zahlreichen Missbrauchsfällen in der Kirche eine gewaltige Austrittswelle ab. Wie eine ddp-Umfrage ergab, rechnen fast alle Diözesen im März mit einer steigenden Zahl von Christen, die der katholischen Kirche den Rücken kehren.

    Besonders drastisch fällt die Reaktion der Gläubigen im Erzbistum Bambergaus. "In der Politik würde man wohl sagen: erdrutschartig", kommentierte Sprecherin Elke Pilkenroth die vorläufige Zahl von 1000 Austritten im März. So viele habe es nach ihrer Kenntnis noch nie in einem Monat im Erzbistum gegeben, das langjährige Mittel liege bei etwa 250.

    Ganz deutlich sei der Bezug zu den aktuellen Missbrauchsfällen. "Bei uns im Kirchensteueramt gehen zahlreiche Anrufe, Briefe und Mails ein, in denen die Menschen ihre Enttäuschung über die Vergehen beschreiben, aber auch den Ärger über den Umgang der Kirche damit", sagte Pilkenroth. Manchmal gebe es auch eine Vielzahl von Gründen und die Missbrauchsfälle seien der Tropfen gewesen, welcher das Fass zum Überlaufen gebracht habe.

    Ähnliche Erfahrungen hat der Würzburger Bistumssprecher Bernhard Schweßinger gemacht. Bei den Anrufern herrsche oft Enttäuschung, Betroffenheit und auch eine gewisse Ratlosigkeit. Folglich erwartet er für März 2010 "fast doppelt" so viele Austritte wie noch vor einem Jahr. Meist würden die Gründe nicht genannt, da ja der Austritt bei den Finanzämtern erklärt werde. "Aber wir stellen aufgrund der Rückmeldungen klar fest, dass es mit den aktuellen Ereignissen zusammenhängt", sagte Schweßinger.

    Im Bistum Eichstättgibt es nach Angaben von Sprecher Martin Swientek ebenfalls Hinweise, dass die Zahl der Austritte in einigen Bezirken verglichen mit Januar gestiegen ist. "Es gibt einzelne, die schon sagen, sie nehmen die Missbrauchsfälle zum Anlass, auszutreten", räumte er ein.

    Ähnlich sieht es im Bistum Augsburgaus. Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Austritte gegenüber dem Vorjahr leicht erhöht ist", sagte Sprecherin Kathi Marie Ulrich. Belastbare Zahlen gebe es jedoch noch nicht.

    Ihr Kollege Clemens Neck, Leiter der Pressestelle des Bistums Regensburg, sieht ein langjähriges Schema in Bezug auf die Zahl der Kirchenaustritte. "Wir stellen dabei fest, dass es Anlässe gibt, wo diese punktuell nach oben geht", sagte er. Dies sei etwa der Skandal um Holocaust-Leugner Richard Williamson, einem Bischof der Pius-Brüder, gewesen oder jetzt die Missbrauchsfälle. "Wir gehen davon aus, dass diese Taten Menschen schon motivieren, einen Schlussstrich unter ihre Kirchenzugehörigkeit zu ziehen", erklärte Neck. Dabei seien sexueller Missbrauch und Pädophilie aber "nicht ursächlich, sondern anlässlich". Hier zeige sich eine langjährige Erodierung von Kirchenbindung.

    Zumindest bis Mitte März zeigte sich im Bistum Passaukeine erhöhte Zahl an Austritten, im Gegenteil. "Bis dahin waren die Zahlen noch nicht hochgeschnellt und lagen unter denen vom März 2009", sagte Sprecher Wolfgang Duschl. Inzwischen zeichne sich aber "eindeutig" ein Anstieg ab, der noch nicht genau beziffert werden könne.

    Überhaupt noch keine Zahlen über Kirchenaustritte hat das Erzbistum München und Freising. "Diese werden erst im Folgejahr erhoben, also jetzt für März 2009", sagte Sprecherin Adelheid Utters-Adam. Trotzdem würden Gläubige den Mitarbeitern verbunden mit Austrittsankündigungen deutlich ihren Unmut über die Kirche vermitteln. (ddp)

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