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Missbrauchs-Skandal: Schatten aus der Vergangenheit

Missbrauchs-Skandal

Schatten aus der Vergangenheit

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    Das Maristeninternat in Mindelheim.
    Das Maristeninternat in Mindelheim. Foto: dpa

    Der Skandal um den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche weitet sich aus. Mindestens sieben weitere Einrichtungen sind nach Medienberichten mit neuen Vorwürfen konfrontiert.

    Und die Affäre scheint nun die Region erreicht zu haben: Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet von Vorfällen im Maristen-Internat in Mindelheim und in einem früheren Schülerheim der Salesianer Don Boscos in Augsburg. Die Missbrauchsfälle sollen sich zwischen den 60er und 80er Jahren ereignet haben.

    Im katholischen Maristen-Internat sollen bis Mitte der 80er Jahre 13- bis 15-jährige Buben nachts ins Zimmer eines weltlichen Erziehers bestellt worden sein, das gleich neben dem Schlaftrakt der Schüler lag. Dort habe der Präfekt, so ein ehemaliger Zögling, die Kinder mit Weinbrand betrunken gemacht und anschließend missbraucht, teilweise auch vergewaltigt. Die Zahl der Betroffenen schätzt der Zeuge auf 10 bis 15 - allein in seinem Trakt, berichtet der Spiegel.

    Am Internat in Mindelheim herrscht am Sonntag friedliche Ruhe. Die rund 170 Kinder, die dort leben, genießen die letzten Stunden der Faschingsferien fernab von Mindelheim. Erzieher sind keine anzutreffen. Auch Heimleiter Albert Schuster ist nicht für eine Stellungnahme anzutreffen. Der Schulleiter des Maristenkollegs, Gottfried Wesseli, ist geschockt über die Vorwürfe. Seit 1987 ist er an der Schule, aber noch nie habe er im Entferntesten Anspielungen auf eine solche Geschichte gehört. Man müsse den Vorwürfen aber nachgehen und sie lückenlos aufklären.

    Auch der Orden der Salesianer Don Boscos muss sich mit Missbrauchsvorwürfen befassen. Einer davon richtet sich gegen einen früheren Salesianer, der laut Spiegel bis Mitte der 60er Jahre im Schülerheim in Augsburg tätig war. Nach Angaben von Ordenssprecherin Gabriele Merk-Horstmann arbeitete der Mann, gegen den sich die Vorwürfe richten, seinerzeit als Praktikant in der Augsburger Einrichtung. Die Salesianer wollen nichts beschönigen: Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt Mitglied der Gemeinschaft war.

    Die Salesianer wollen den Opfern helfen

    Dem Orden liege seit dem 11. Februar 2010 das Schreiben eines ehemaligen Schülers vor, in dem der Vorwurf der sexuellen Nötigung erhoben werde, bestätigt Merk-Horstmann. Die Provinzleitung der Salesianer bemühe sich um einen persönlichen Termin mit dem Verfasser des Briefes. Dann soll geprüft werden, wie zum einen dem Betroffenen geholfen werden könne und was zum anderen konkret an den Vorwürfen dran ist. Der Orden will sich um weitere Informationen und um Aufklärung bemühen: "Für uns ist ein transparenter Umgang mit derartigen Sachverhalten ein wesentliches und notwendiges Merkmal unserer Arbeit", so Merk-Horstmann.

    Weitere Missbrauchsvorwürfe gehen quer durch die Republik. Sie betreffen laut Spiegel ein Salesianer-Heim in Berlin, ein ehemaliges Vinzentinerinnen-Heim im oberschwäbischen Oggelsbeuren und das frühere Franziskaner-Internat in Großkrotzenburg bei Hanau. Zudem werde ein Ex-Mitarbeiter des Franz-Sales-Hauses in Essen, einer Behinderten-Einrichtung, belastet.

    Der Ulmer Oberbürgermeister und frühere Jesuitenschüler Ivo Gönner (SPD) hat die bisherige Haltung der katholischen Kirche im Missbrauchsskandal kritisiert. "Da wird beschönigt und relativiert. Diese reflexartige Haltung finde ich falsch", sagte Gönner. Die Bischöfe müssten klar sagen, dass die sexuellen Übergriffe in Jesuiten-Kollegs Sünde seien. (hogs, jsto, eva, dpa)

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