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Miesbach: Affären-Landrat Jakob Kreidl kann Kandidatur nicht zurückziehen

Miesbach

Affären-Landrat Jakob Kreidl kann Kandidatur nicht zurückziehen

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    CSU-Politiker Jakob Kreidl wollte eigentlich ein Landrat für alle sein.
    CSU-Politiker Jakob Kreidl wollte eigentlich ein Landrat für alle sein. Foto: Andreas Gebert, dpa

    Nun geht auch die gesamte CSU-Spitze auf Distanz zu ihrem affärengeschüttelten Miesbacher Landrat Jakob Kreidl. Der Parteivorstand forderte den 61-Jährigen am Montag auf, auf seine Kandidatur bei der Kommunalwahl am 16. März zu verzichten. Allerdings hat die Aufforderung nur symbolischen Charakter. Denn nach dem Landkreiswahlgesetz kann Kreidl seine Bewerbung so kurz vor dem Urnengang nicht mehr zurückziehen. "Ein Verzicht ist rechtlich nicht möglich", sagte die Sprecherin des Landratsamtes in Miesbach.

    Allenfalls käme eine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit in Betracht. Diese amtsärztliche Bescheinigung ist nach Auffassung des Miesbacher Wahlleiters bis zum 16. März aber nicht mehr möglich. Gleichwohl hatte sich Kreidl am Sonntag krankgemeldet. Im Landratsamt rieben sich die Juristen verwundert die Augen. Wie es hieß, sei man in der Behörde erstaunt, dass die CSU-Spitze nicht zur Kenntnis nehmen wolle, dass Kreidl seine Kandidatur nicht mehr zurückziehen kann.

    Seehofer: Fall Kreidl ist nicht mehr nur eine persönliche Angelegenheit

    Zur Begründung der Aufforderung des CSU-Vorstandes an den Landrat sagte Parteichef Horst Seehofer, es handle sich beim Fall Kreidl nicht mehr nur um eine persönliche oder lokale Angelegenheit. Der Fall könne vielmehr Rückwirkungen auf die gesamte Partei und auf die politische Kultur insgesamt haben. "Vor dem Hintergrund all der neuen Themen, die aufgetreten sind, und dem, wie das in den letzten Wochen abgelaufen ist", bitte der CSU-Vorstand Kreidl nun, seine Kandidatur ruhen zu lassen.

    Als Grund für die klare Haltung des Parteivorstandes nannte Seehofer auch die "Presselage" vom Montag - da war von Schlupflöchern für die CSU die Rede gewesen. "Wir wissen, dass er juristisch nicht mehr vom Stimmzettel genommen werden kann, das ist klar. Aber es sollte vor der Wahl Klarheit geschaffen werden. Und wir bitten ihn, das in dieser Form zu tun", sagte Seehofer an die Adresse Kreidls. "Ich denke, das dient der politischen Kultur - und das ist an diesem Punkt, den wir da jetzt erreicht haben, auch notwendig."

    Ist Kreidls Bauvorhaben ein Schwarzbau?

    Die oberbayerische CSU-Bezirksvorsitzende Ilse Aigner wollte sich noch am Montag mit Kreidl treffen und mit ihm die Lage erörtern. Die Sprecherin des Bezirksverbandes kündigte an, über das Ergebnis der Beratungen werde es erst am Dienstag eine Mitteilung geben.

    Am Montag waren im "Miesbacher Merkur", der Heimatausgabe des "Münchner Merkur", neue Vorwürfe laut geworden. Demnach wird im Landkreis offen darüber geredet, bei Kreidls derzeitigem Bauvorhaben für sich und seine Frau in Fischbachau könne es sich um einen Schwarzbau handeln. Höhe des Gebäudes und Dachneigung entsprächen nicht der Baugenehmigung, heißt es. Die Zeitung zitiert einen namentlich nicht genannten CSU-Vertreter, es handle sich um "ein verheerendes Signal" an alle potenziellen Bauherren.

    Landkreissprecherin Gabriele Dorby sagte zu den neuen Vorwürfen, die Hinweise würden geprüft. Die tatsächlichen Maße des Gebäudes würden mit den genehmigten Plänen verglichen. Eine abschließende Bewertung sei noch nicht möglich. Dorby ergänzte, dass sich Kreidl am Montag in ärztliche Obhut begeben habe.

    Mehrere Affären um den Landrat

    Der 61-Jährige ist wegen mehrerer Affären seit Monaten in der Schusslinie. Die fast 120 000 Euro teure Feier zu seinem 60. Geburtstag hatten im Sommer 2012 fast ausschließlich die örtliche Sparkasse und der Landkreis bezahlt. Im vergangenen Dezember entzog ihm die Münchner Bundeswehr-Universität den Doktortitel - "nicht dissertationswürdig" lautete das Urteil der Prüfungskommission.

    Zudem beschäftigte Kreidl in seiner Zeit als Landtagsabgeordnete über Jahre hinweg seine Ehefrau als Mitarbeiterin - Monatsgehalt 1500 Euro. Die Praxis war zwar legal, die sogenannte Verwandtenaffäre des Landtags sorgte aber parteiübergreifend für massive Kritik. Vor einer guten Woche trat Kreidl als Präsident des Bayerischen Landkreistages zurück. Am Sonntag erklärte er, er lasse sein Amt als Landrat aus gesundheitlichen Gründen vorerst ruhen.

    Parteispitze rät davon ab, bei Kreidl ein Kreuz zu machen

    Rein theoretisch könnte sich Kreidl mit Hilfe eines amtsärztlichen Attestes für dienstunfähig erklären lassen. Dann hätte er nach dem Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz seine Wählbarkeit verloren. Die Landratswahl am 16. März müsste abgesagt und spätestens drei Monate später nachgeholt werden. Die CSU könnte in dieser Situation einen anderen Landrats-Kandidaten nominieren. Der "Miesbacher Merkur" zitiert freilich Wahlleiter Martin Pemler sinngemäß mit den Worten, dass es für dieses Attest mittlerweile zu spät sei.

    Die Wähler im Landkreis Miesbach werden also höchstwahrscheinlich in knapp drei Wochen auf dem Stimmzettel zwar an oberster Stelle den Namen Jakob Kreidl für die CSU vorfinden, der Kandidat dürfte auch wählbar sein, doch die Parteispitze rät davon ab, ihm die Stimme zu geben. Mit anderen Worten: Die CSU gibt die Landratswahl in einer der weiß-blauen Vorzeigeregionen, dem Stimmkreis der oberbayerischen Bezirksvorsitzenden und stellvertretenden Ministerpräsidentin Ilse Aigner, verloren - ein einzigartiger Vorgang. Neben Kreidl kandidieren Bewerber von SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern. dpa/lby

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