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Messerattacke in Würzburg: Protokoll einer Tragödie

Würzburg

Das Protokoll eines schrecklichen Abends in Würzburg

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    Eine Stadt unter Schock: In Würzburg hat am Freitagabend ein Mann mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen. Mindestens drei Menschen sind ums Leben gekommen.
    Eine Stadt unter Schock: In Würzburg hat am Freitagabend ein Mann mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen. Mindestens drei Menschen sind ums Leben gekommen. Foto: Thomas Obermeier

    Es sind schreckliche Bilder und Videos, die sich durch die Sozialen Medien verbreiten. Ein Mann mit einem großen Messer in der Hand läuft barfuß durch die Stadt, mehrere Passanten gehen mit Stühlen oder Taschen auf den Mann zu und versuchen ihn zu entwaffnen. Schnell kommt ein Polizeiwagen und verfolgt den Mann in eine Gasse. Bei der Messerattacke auf Passanten am Würzburger Barbarossaplatz hat ein Mann am Freitagabend gegen 17 Uhr drei Menschen getötet und sechs weitere schwer verletzt.

    Messerattacke in Würzburg: Augenzeugen berichten von dem Angriff am Barbarossaplatz

    Catharina Hettiger, Redakteurin der Mainpost in Würzburg und Augenzeugin, berichtet von schockierenden Bildern. Um etwa 17.15 Uhr war sie gerade mit ihrer Tochter unterwegs von einem Schuhladen in der Kaiserstraße in Richtung Barbarossaplatz. Dort stand eine Straßenbahn, die nicht weiter fuhr, kurz darauf erblickte sie ein Mädchen – blutüberströmt. "Ich dachte zuerst, sie hatte einen Unfall mit der Straßenbahn", erzählt Hettiger. Ihre Stimme ist brüchig, auch Stunden nach dem Vorfall scheint sie noch unter Schock zu stehen.

    Als sie weiterlief, kamen "etliche Polizisten", die die Passanten auf die andere Straßenseite getrieben haben. "Eine Frau meinte, dass gerade geschossen wurde", berichtet Hettiger. Passanten fingen an, loszurennen. Auch Hettiger und ihre Tochter rennen los. An ihrem Auto angekommen, machten sich die beiden schnell auf den Heimweg.

    In Würzburg hat ein Mann mehrere Menschen mit einem Messer attackiert.
    In Würzburg hat ein Mann mehrere Menschen mit einem Messer attackiert. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Um 18 Uhr, etwa eine Stunde nach der Tatzeit, ist es in der rund 300 Meter vom Tatort entfernten Schönbornstraße ruhig. Keine eilenden Passanten, nicht einmal auffälliges Getuschel oder hektische Anrufe. Es wirkt, als hätte keiner mitbekommen, welch schlimme Tat sich nur wenige Gehminuten entfernt abgespielt hatte. Direkt neben den Absperrungen der Polizei sitzen Menschen und trinken Kaffee. Keiner von ihnen habe etwas von der Tat mitbekommen.

    Kurz darauf kursieren erste Gerüchte an den Absperrungen rund um den weiträumig abgesperrten Tatort. Schnell ist von mehreren Verletzten die Rede. Belastbare Informationen sind zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht zu bekommen. Inzwischen haben sich zahlreiche Pressevertreter am Tatort eingefunden. Tagesschau, Spiegel, ZDF oder Süddeutsche Zeitung berichten von der Bluttat aus Würzburg.

    Messerangriff am Barbarossaplatz: Innenminister Herrmann macht sich ein Bild der Lage in Würzburg

    Eine Passantin berichtet, dass sie zwei Minuten vor dem Angriff am Tatort vorbeigelaufen und in das Restaurant "Vier Jahreszeiten" eingekehrt sei. Der Wirt sei dann gekommen und "hat alle Gäste informiert, dass etwas Schlimmes passiert ist und dass wir auf keinen Fall das Lokal verlassen sollen". Es sei eine äußerst bedrückende Stimmung gewesen, berichtet die Frau, als sie gegen 19.30 Uhr das

    Zu dieser Zeit stehen noch immer Limousinen, Polizei- und Krankenwagen sowie Notärzte am Barbarossaplatz. Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchard und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sind inzwischen eingetroffen, um sich vor Ort ein Bild vom Tatort und dem Geschehen zu machen. Gemeinsam mit Polizeipräsident Gerhard Kallert und Innenstaatssekretär Gerhard Eck steht Herrmann in einem Kreis und redet. Die Presse darf sich nicht nähern.

    Kerzen und Blumen nahe des Tatorts in der Innenstadt.
    Kerzen und Blumen nahe des Tatorts in der Innenstadt. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Um 19.45 Uhr berichtet Innenstaatssekretär Gerhard Eck auf Nachfrage von drei Todesopfern und zehn Verletzten, drei oder vier würden "intensivst" in Würzburger Kliniken behandelt. Nicht bei allen sei zur Stunde klar, ob sie überleben werden. Der mutmaßliche Täter sei mit einem "glatten Durchschuss" niedergestreckt worden, aber nicht in Lebensgefahr. Ermittlungen zum Tatmotiv würden auf Hochtouren laufen.

    Im nahegelegenen Restaurant "Habaneros" versammeln sich auf Anweisung der Polizei die Zeugen. Ein Beschäftigter erzählt, er habe nichts von der Gewalttat mitbekommen. "Aber die Gäste auf der Terrasse haben alles gesehen, hier hat man einen guten Blick", erzählt er. Währenddessen gibt es in der Würzburger Posthalle in der Nähe des Hauptbahnhofs einen Treffpunkt für die Presse. Doch bis weitere Informationen mitgeteilt werden, dauert es.

    Innenminister Herrmann über Messerangriff von Würzburg:

    Um 21 Uhr berichtet Joachim Herrmann, dass der 24-jährige Täter aus Somalia bereits in der Vergangenheit durch Gewaltbereitschaft aufgefallen war und vor Kurzem in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen wurde. Er habe sich seine Opfer wohl wahllos ausgesucht, überwiegend seien es Frauen gewesen. Der Mann habe im Kaufhaus "Woolworth" am Barbarossaplatz zugestochen, ehe es einen weiteren Kampf vor der nahegelegenen Filiale der Sparkasse gab. Die Bilder vor Ort müssen furchtbar gewesen sein, so Herrmann. Kurz darauf gibt er eine weitere, schreckliche Information bekannt: Unter den Verletzten sei auch ein kleiner Junge. Ein Elternteil von ihm sei wohl bei dem Messerangriff ums Leben gekommen.

    "Allahu Akbar" habe der Täter gerufen. Ein islamistisches Motiv könnte also zu Grunde liegen, so der Innenminister. Der Täter sei in einem Krankenhaus. Die Schussverletzung ist nicht lebensgefährlich. Er werde aktuell vernommen. Es dämmert in Würzburg. Ein schrecklicher Abend neigt sich dem Ende zu. Ein Augenzeuge, berichtet ein Reporter vor Ort, habe gesagt, dass es im Kaufhaus "so schlimm" ausgesehen haben muss, dass er sich selber nicht reingetraut habe. Um 22 Uhr ist es noch immer nicht ruhig in der Würzburger Innenstadt. Blaulicht erleuchtet die Straßen. Vereinzelt hört man noch Sirenen.

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