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Meridian: Zugunglück bei Bad Aibling: Wird heute die Schuldfrage geklärt?

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Zugunglück bei Bad Aibling: Wird heute die Schuldfrage geklärt?

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    Ein Wagon und Trümmerteile an der Unglücksstelle bei Bad Aibling.
    Ein Wagon und Trümmerteile an der Unglücksstelle bei Bad Aibling. Foto: Uwe Lein (dpa)

    Alle Hoffnung ruht auf ihr. Für die Analyse der dritten Black Box nehmen sich die Ermittler aber weiterhin viel Zeit. Der Fahrtenschreiber wurde bereits am Freitag aus den Trümmern eines Zuges geborgen, der vor einer Woche bei Bad Aibling mit einem entgegenkommenden Zug auf einer eingleisigen Strecke zusammengeprallt war. Bisher war noch nicht bekannt, ob die Aufzeichnungen überhaupt verwendbar sind. Trotz des schlechten Zustands der Black Box sind die Daten jedoch anscheinend nicht verloren.

    Offenbar hat sich sogar schon die eine oder andere Erkenntnis herauskristallisiert. „Tatsache ist, dass nach den Daten, die wir haben, ein technischer Fehler nicht vorgelegen hat“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gestern in München. Die Ermittlungen seien allerdings noch nicht vollends abgeschlossen. Ende der Woche soll es unter anderem Tests auf der Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim geben, bei dem zwei Züge den Unfallhergang bis auf den Zusammenprall simulieren sollen. Zwei Züge des gleichen Typs sollen nach Polizeiinformationen nacheinander losfahren und die Aktivitäten von Signalen und Sicherheitssystemen überprüfen. Das soll zeigen, wie die bisher vorhandenen Daten aus den Fahrtenschreibern eingeordnet werden können.

    Bad Aibling: Ein Triebwagen nach wie vor am Unfallort

    Die schwersten Zugunglücke in Deutschland

    Mai 2018: In Aichach kracht ein Nahverkehrszug in einen im Bahnhof stehenden Güterzug. Der Lokführer und ein Fahrgast sterben.

    Februar 2016: Bei Bad Aibling im Landkreis Rosenheim stoßen zwei Nahverkehrszüge zusammen. Zwölf Männer sterben, über 100 werden verletzt.

    August 2014: In Mannheim rammt ein Güterzug einen Eurocity mit 250 Passagieren - zwei Waggons stürzen um, 35 Menschen werden verletzt. Der Lokführer des Güterzugs hatte ein Haltesignal übersehen.

    September 2012: Ein Intercity entgleist beim Verlassen des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Acht Menschen werden verletzt. Bereits im Juli war an gleicher Stelle ein IC aus den Gleisen gesprungen. Ursache waren jeweils defekte Puffer an den Waggons.

    April 2012: Eine Regionalbahn stößt bei Offenbach (Hessen) mit einem Baukran-Zug zusammen. Drei Menschen werden getötet, 13 verletzt.

    September 2006: Ein Transrapid kollidiert in Lathen im Emsland mit einem Werkstattwagen. Von den 31 Fahrgästen und den zwei Mitarbeitern im Reinigungsfahrzeug verlieren 23 Menschen ihr Leben. Elf Personen werden schwer verletzt. Seither wurde der Versuchsbetrieb der Magnetschwebebahn nicht wieder aufgenommen.

    Juni 2003: Auf der Strecke zwischen Niederstetten und Schrozberg stoßen zwei Regionalzüge zusammen. Sechs Menschen sterben.

    Februar 2000: Ein Nachtexpress entgleist in Bühl bei Köln. 52 Menschen werden verletzt, sechs sterben.

    Juni 1998: In Eschede kracht ein ICE gegen einen Brückenpfeiler. Insgesamt sterben 101 Menschen. Hunderte sind teilweise schwer verletzt.

    Juli 1997: Bei Marburg verliert ein Güterzug Stahlrohre. Eines durchbohrt die Seite des entgegenkommenden Nahverkehrszuges. Sechs Menschen verlieren dabei ihr Leben.

    November 1992: In Northeim entgleist ein Güterzug, weil sich ein Puffer gelöst hatte. Elf Meschen kommen ums Leben, 52 werden zum Teil schwer verletzt.

    Februar 1990: 17 Menschen verlieren ihr Leben, als in Rüsselsheim zwei S-Bahnen frontal zusammenstoßen. Die Schuld lag beim Zugführer, der ein Haltesignal übersehen hatte.

    Januar 1988: Ein Schnellzug, der zwischen Leipzig und Stralsund verkehrt, kollidiert mit einem sowjetischen Panzer. Der Zusammenstoß kostet sechs Menschen das Leben.

    Februar 1984: Dichter Nebel behindert die Sicht. Im Bahnhof von Hohenturm bei Halle übersieht der Lokführer eines Schnellzuges ein Signal und fährt auf einen Personenzug auf. Elf Tote sind zu beklagen.

    Juni 1975: 41 Tote und zahlreiche Verletzte fordert der Zusammenstoß zweier Eilzüge auf einem eingleisigen Streckenabschnitt zwischen München und Lenggries.

    Juli 1971: In der Nähe von Freiburg im Breisgau entgleist ein D-Zug mit viel zu hoher Geschwindigkeit in einer Kurve. Anschließend stürzt er die Böschung hinunter und zerstört ein Wohnhaus. 23 Menschen sterben und 121 werden verletzt.

    Mai 1971: Zwischen Wuppertal und Radevormwald kollidieren ein Güterzug und ein Schienenbus frontal. Der Zusammenstoß fordert 46 Tote, darunter 41 Schüler aus Radevormwald.

    Juli 1967: Das schwerwiegendste Schienenunglück der DDR ereignete sich an einem Bahnübergang bei Magdeburg. Ein Minol-Tanklaster überfährt eine halb geöffnete Schranke und wird von einem Zug gerammt. 15.000 Liter Benzin explodieren. Fast 100 Menschen finden den Tod.

    Bevor dies möglich ist, muss die Deutsche Bahn die Strecke allerdings erst räumen. Ein Triebwagen liegt nach wie vor am Unfallort und kann bisher nicht abtransportiert werden. Um den schwerbeschädigten Zugteil zu bergen, müsste der Schwerlastkran unmittelbar danebenstehen. Das ist momentan aber nicht möglich, weil die Gleise zu stark beschädigt sind. Die Bahn arbeite seit Montagmorgen „rund um die Uhr“ daran, die Schienen auf der Strecke zu erneuern, teilte eine Sprecherin mit. Die Schäden sind wie zu erwarten groß: 120 Meter Gleisanlagen müssen laut Bahn repariert, dazu 180 Meter Schwellen ausgetauscht und mehrere Tonnen Schotter verbaut werden.

    Bis Mittwoch soll der Kran dann in der Lage sein, an den letzten Zugteil heranzufahren und diesen auf einen Güterwagen zu schaffen. „Dann bauen wir die Oberleitungsanlage wieder auf“, sagt die Sprecherin der Bahn. Diese wurde im Zuge der Bergungsarbeiten entfernt. Laufe alles nach Plan, sei die Strecke noch bis Ende der Woche gesperrt. So lange müssen die Fahrgäste auf Ersatzbusse umsteigen. Da die Ferien vorbei sind, musste die Zahl der eingesetzten Fahrzeuge gestern erhöht werden.

    Ermittlungen zu Zugunglück nehmen Fahrt auf

    Bis der Zugverkehr reaktiviert wird, dauert es noch einige Tage – die Ermittlungen nehmen aber Fahrt auf. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen heute in die Offensive und wollen am Nachmittag die Öffentlichkeit im Bad Aiblinger Rathaus informieren. „Es werden erste Ermittlungsergebnisse und aktuelle Erkenntnisse bekannt gegeben“, bestätigte ein Polizeisprecher auf Nachfrage unserer Zeitung. Es sei auch möglich, dass es bis dahin Ergebnisse der Black-Box-Auswertung zu vermelden gebe. Die zuständige

    An der Pressekonferenz nehmen der Leitende Oberstaatsanwalt Wolfgang Giese sowie Rosenheims Polizeipräsident Robert Kopp und andere Ermittler teil. Auch nach den Aussagen des Bundesverkehrsministers deutet vieles darauf hin, dass die Ursache des größten bayerischen Zugunglücks seit Jahrzehnten menschliches Versagen war. Der von Bad Aibling kommende Zug war auf die eingleisige Strecke eingefahren, obwohl der aus Kolbermoor kommende wegen einer kleinen Verspätung dort noch unterwegs war. 11 Menschen starben durch den Unfall, 80 weitere wurden teils schwer verletzt.

    Vonseiten der Polizei sei man auf jeden Fall froh, dass es nach dem Wochenende keine weiteren Todesopfer zu vermelden gebe. „Am Zustand einiger schwer Verletzter hat sich aber nichts geändert. Sie sind nach wie vor in einem kritischen Zustand“, sagte ein Polizeisprecher.

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