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Memminger Amok-Prozess: 15-jähriger Schütze muss viereinhalb Jahre in Jugendhaft

Memminger Amok-Prozess

15-jähriger Schütze muss viereinhalb Jahre in Jugendhaft

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    Es hätte eine Katastrophe werden können, doch der Amok-Alarm an einer Memminger Schule ging ohne Blutvergießen zu Ende.
    Es hätte eine Katastrophe werden können, doch der Amok-Alarm an einer Memminger Schule ging ohne Blutvergießen zu Ende. Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa

    Die große Jugendkammer des Landgerichts Memmingen sprach den Schüler unter anderem wegen versuchten Totschlags in vier Fällen, Bedrohung, Nötigung und Verstößen gegen das Waffenrecht schuldig. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

    Auslöser der Tat sei Liebeskummer gewesen, so die Vorsitzende Richterin Brigitte Grenzstein in der Urteilsverkündung. Auf diese Kränkung habe der Junge an jenem 22. Mai 2012 mit Aggression reagiert. Zwar habe er nicht vorgehabt, in der Schule amokzulaufen oder seine Freundin zu töten. "Hätte er eine solche Tat geplant, wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen." Mit den Waffen habe er seinen Schulkameraden lediglich imponieren wollen. Damit folgte die Richterin weitgehend dem Plädoyer von Verteidigerin Anja Mack.

    Später, als die Lage eskalierte, habe sich die Situation jedoch geändert, so die Richterin: So habe der Junge auf dem Sportplatz durchaus billigend in Kauf genommen, mit gezielten Schüssen Polizisten zu töten.

    Die Richterin sprach zudem von einem "erheblichen" Erziehungsbedarf bei dem 15-Jährigen. Bei ihm läge eine auf schwere Erziehungsfehler zurückzuführende innere Verwahrlosung vor. Er habe sich lange als „der Held gefühlt, der auch auf die Polizei geschossen habe“. Diese Einstellung des Angeklagten habe bisher eine Auseinandersetzung mit seiner Tat verhindert. Erst gegen Ende der Verhandlung und vor allem in seinem letzten Wort habe er begonnen, Einsicht und Reue zu zeigen.

    15-Jähriger ist voll schuldfähig

    Der Jugendliche hatte am 22. Mai 2012 mit scharfen Waffen seines Vaters zuerst an der Memminger Lindenschule und später auf einem Sportplatz im Stadtteil Steinheim mehrere Schüsse abgegeben. Nach Angaben der Polizei wurden nach der Tat rund um das Gelände 70 Patronenhülsen sichergestellt, Einschusslöcher fanden sich unter anderem am Sportheim sowie an mehreren Polizeiautos. Am Abend konnte der Junge von Spezialkräften festgenommen werden, verletzt wurde niemand.

    Laut Gutachter ist der Junge voll schuldfähig. Ende September wurde er daher bereits von der Psychiatrie, in der er nach der Tat ärztlich betreut wurde, in eine Jugendstrafanstalt verlegt.

    Das Motiv war Liebeskummer

    Der Junge hatte die Tat bereits zum Prozessauftakt am 22. Januar weitgehend eingeräumt, allerdings betont, er habe niemanden töten wollen. Als Motiv gab er an, dass seine damals 13-jährige Freundin am Tag vor der Tat die Beziehung mit ihm beendet hatte.

    Dass der Junge das Mädchen nicht antraf, verdankte dieses einem glücklichen Zufall - auch das ergab der Prozess: Mittags habe sie in der Mensa an einem anderen Platz gesessen als üblich, berichtete die 13-Jährige am zweiten Verhandlungstag. Als der Schuss fiel, habe sie sich zunächst hinter einem Stuhl versteckt, dann hinter einem Vorhang.

    "Er ist froh, dass es jetzt vorbei ist"

    Grenzstein betonte in der Urteilsverkündung, es grenze an ein Wunder, dass die Tat einen so günstigen Ausgang gefunden habe und niemand verletzt wurde. Das dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotzdem eine Reihe von Menschen durch die Tat erheblich geschädigt wurde.

    In seinem letzten Wort entschuldigte sich der 15-Jährige nach Angaben eines Justizsprechers bei allen Beteiligten für das, was geschehen ist. "Er ist froh, dass es jetzt vorbei ist", sagte seine Anwältin Anja Mack später. Ihr Mandat wolle die Zeit in Haft nun dazu nutzen, an sich zu arbeiten und etwas zu ändern.

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