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Medizinische Gründe gegen Corona-Impfung: Wer darf sich nicht impfen lassen?

Corona-Pandemie

Wer darf sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen?

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    Noch immer gibt es rund um die Corona-Impfung viele Ängste und Sorgen. Doch aus medizinischen Gründen darf sich nach Einschätzung mehrere Fachärzte nur ein sehr kleiner Kreis nicht impfen lassen.
    Noch immer gibt es rund um die Corona-Impfung viele Ängste und Sorgen. Doch aus medizinischen Gründen darf sich nach Einschätzung mehrere Fachärzte nur ein sehr kleiner Kreis nicht impfen lassen. Foto: Matthias Balk, dpa

    Das Datum wird er sich merken. Für immer. Es war der 29. November 1994. Damals hatte er gedacht, er müsse sterben. So beschreibt der 65-Jährige seinen Allergieschock in Folge einer Spritze. Er war im Krankenhaus und weiß nur noch, dass die Krankenschwester einen Arzt herbeigerufen hat und er in der Intensivstation aufgewacht ist. Seine frühere Hausärztin habe ihm damals gesagt, er dürfe sich nie gegen Grippe impfen lassen, da müsse er wirklich aufpassen.

    Heute, viele Jahre später, will sich der Mann aus dem Landkreis Günzburg, der anonym bleiben möchte, gegen Corona impfen lassen, doch keiner könne ihm genau sagen, worauf er damals so allergisch reagiert habe. Ein zweites Mal will er so einen Allergieschock nicht erleben.

    Medizinische Gründe gegen eine Corona-Impfung: Was zählt dazu?

    Gehört also eine Allergie zu den medizinischen Gründen, warum sich Menschen nicht impfen lassen dürfen? Was können sie tun? Und gibt es noch weitere Erkrankungen, die eine Impfung ausschließen? „Wir haben einzelne Personen gehabt, die sehr, sehr schwere Allergien haben und die bereits mit einem sogenannten anaphylaktischen Schock etwa auf frühere

    Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. Der Mediziner hat zusammen mit seinem Team die ersten deutschen Corona-Patienten behandelt.
    Professor Dr. Clemens Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. Der Mediziner hat zusammen mit seinem Team die ersten deutschen Corona-Patienten behandelt. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Während es bei Menschen, die nachweislich eine PEG-Allergie haben, noch relativ einfach sei, werde es vor allem bei den Menschen schwierig, die nicht genau wissen, gegen was sie allergisch reagieren, die sich aber sicher sind, dass sie vor vielen Jahren bei einer Impfung mit einem anaphylaktischen Schock reagiert haben – wie etwa bei unserem Leser. Generell rät Professor Wendtner all diesen Menschen, in ein spezialisiertes Allergologie-Zentrum zu gehen und sich beraten und vorab testen zu lassen.

    Auch Professor Dr. Bernd Salzberger zählt Menschen, die auf einzelne Stoffe sehr stark allergisch reagieren zu der einzigen Gruppe, die bei einer Impfung gegen Corona zumindest vorsichtig sein müssen. Das bedeute aber nicht, wie der erfahrene Infektiologe von der Universitätsklinik Regensburg gleich ergänzt, dass sich diese Menschen gar nicht impfen lassen können. Denn sie müssen eben vorher zu einem Spezialisten, einem Allergologen, und sich testen und beraten lassen. „Alle Stoffe, die heute in den Impfstoffen enthalten sind, sind bekannt und man kann dafür eine Testung machen.“ Hausärzte hätten da manchmal große Sorgen, aber dafür gebe es Fachärzte. Betreffen würden diese schweren Allergien schätzungsweise aber höchstens einen von 10.000 Menschen.

    Aber gibt es weitere Vorerkrankungen, die eine Impfung ausschließen? „Nein, da gibt es keine“, betont Salzberger im Gespräch mit unserer Redaktion und ergänzt, dass die Impfstoffe gegen Corona wirklich sehr sicher seien und auch keine Infektionen auslösen könnten. Auch Menschen, die beispielsweise transplantiert wurden oder sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, werden nur deswegen nicht geimpft, betont der Arzt, „weil eine Impfung in diesem Zeitraum bei ihnen nichts nützen würde, da ihr Immunsystem aufgrund der Therapie herunter gefahren wurde“. Und auch bei Rheuma oder Multiple Sklerose, ergänzt er, haben sich die Fachgesellschaften längst klar für eine Impfung ausgesprochen. „Denn die Folgen einer Covid-Infektion sind um ein Vielfaches größer als die einer Impfung.“

    Professor: "Impfkomplikationen gibt es"

    Doch wie sieht es mit Impfkomplikationen aus? Also mit Erkrankungen, die aufgrund einer Impfung entstanden sind und die weit über Impfreaktionen wie einer mehrtägigen grippeähnlichen Symptomatik hinausgehen? „Die gibt es“, sagt Salzberger, „aber auch sie sind sehr, sehr selten.“ Als Beispiele nennt er neben den bereits bekannten seltenen Hirnvenenthrombosen, die AstraZeneca auslösen kann, Herzmuskelentzündungen. Vor allem bei jüngeren Männern werden sie beobachtet. „Aber auch diese Herzmuskelentzündungen gehen wieder weg, es sind also keine dauerhaften Schäden.“ Salzberger weiß, dass immer wieder von schweren Impfkomplikationen berichtet wird, doch könne nie nachgewiesen werden, ob die Erkrankung wirklich aufgrund der Impfung erfolgt ist. Für ihn steht fest: „Unsere Impfstoffe sind sehr sicher.“

    Dr. Jakob Berger ist der Sprecher der schwäbischen Hausärzte. Für den erfahrenen Mediziner, der in Herbertshofen im Landkreis Augsburg eine Praxis hat, führt nur eine Impfung aus dieser Corona-Krise.
    Dr. Jakob Berger ist der Sprecher der schwäbischen Hausärzte. Für den erfahrenen Mediziner, der in Herbertshofen im Landkreis Augsburg eine Praxis hat, führt nur eine Impfung aus dieser Corona-Krise. Foto: Marcus Merk

    Doch die Ängste und Sorgen rund um die Corona-Impfung sind bei vielen Menschen noch immer groß. Das erlebt auch Dr. Jakob Berger immer wieder in seiner Hausarztpraxis in Herbertshofen im Landkreis Augsburg. Der Sprecher der schwäbischen Hausärzte sieht überhaupt keinen medizinischen Grund, warum sich Menschen nicht impfen lassen können. Denn auch bei allergischen Reaktionen könne man vorbeugen und zusätzlich beispielsweise Cortison oder Antihistaminika spritzen. Auch die Angst vor Thrombosen ist seiner Ansicht nach völlig übertrieben: „Frauen, die die Pille einnehmen und vielleicht noch rauchen, haben ein wesentlich höheres Risiko für Thrombosen, aber davon wird kaum gesprochen.“ Berger kennt auch die Bedenken junger Frauen, nach der Impfung nicht mehr schwanger zu werden. Dabei gebe es doch so viele Frauen, die nach der Impfung schwanger wurden. Oftmals seien es einfach „diffuse Ängste“ vor der Impfung. Und immer wieder sitzen auch Patientinnen und Patienten in seiner Praxis, die davon überzeugt sind, erzählt er, dass ihnen mit der Impfung ein Chip zur Überwachung eingesetzt werde. „Die sozialen Medien spielen hier wirklich gar keine gute Rolle“, sagt der erfahrene Arzt, „denn dort werden die Ängste mit irgendwelchen erfundenen Geschichten geschürt und die Menschen glauben das dann.“

    Berger erinnert daran, dass nun doch schon weit über eine Milliarde Menschen gegen Corona geimpft wurden, gäbe es da wirklich viele schwere Impfkomplikationen, würden diese doch auch bekannt werden. „Wir haben über 2000 Menschen in unserer Praxis bisher geimpft und ich weiß von keiner einzigen Impfkomplikation.“ Auch Dr. Gregor Blumtritt, Hausarzt und Leiter des Impfzentrums in Kaufbeuren, sind keine größeren Impfkomplikationen bekannt.

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