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Medien: Angriffe kommen von rechts: Bayerns Kampf gegen Hetze im Netz

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Angriffe kommen von rechts: Bayerns Kampf gegen Hetze im Netz

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    Erst am Dienstag wurden bei einer bayernweiten Razzia 19 Wohnungen von Internetnutzern durchsucht. Wegen des Verdachts auf Volksverhetzung.
    Erst am Dienstag wurden bei einer bayernweiten Razzia 19 Wohnungen von Internetnutzern durchsucht. Wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Foto: Brigitte Hefele-Beitlich, Volker

    Für den Privatsender Radio Primaton aus dem unterfränkischen Schweinfurt war es ein Shitstorm ungekannten Ausmaßes. Bewohner des örtlichen Ankerzentrums hatten im Februar für bessere Lebensbedingungen demonstriert, der Sender streamte das auf seiner Facebook-Seite live. Tausende Kommentare gingen ein, darunter volksverhetzende wie „Viehzeug“.

    Der Sender übermittelte die Hasskommentare daraufhin an die Staatsanwaltschaft. Die Folge: In ganz Bayern wurden am Dienstag 19 Wohnungen durchsucht, auch im Landkreis Aichach-Friedberg. Die meisten der 17 Beschuldigten seien geständig, sagte Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb, der Hate-Speech-Beauftragte der bayerischen Justiz, am Mittwoch. Geständige Ersttäter hätten in so einem Fall mit Geldstrafen zu rechnen, die einem Nettogehalt von vier Monaten entsprächen. „Diese Initiative fruchtet“, ergänzte Hartleb – und meinte damit die im Oktober gestartete Initiative „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“.

    Sie ist eine Kooperation der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und des Bayerischen Justizministeriums, die von mittlerweile mehr als 110 bayerischen Medienhäusern unterstützt wird – darunter die Mediengruppe Pressedruck, in der unter anderem die Augsburger Allgemeine mit ihren Heimatzeitungen erscheint, sowie die Allgäuer Zeitung.

    Minister Eisenreich: „Wer die Meinungsfreiheit schützen will, muss Hass bekämpfen“

    Über ein Online-Formular können die Medienunternehmen unkompliziert die Staatsanwaltschaft über Hasspostings auf ihren Internetseiten in Kenntnis setzen. Bislang – so die erste Bilanz – gingen 106 Prüfbitten ein, die zu 95 Ermittlungsverfahren und einer rechtskräftigen Verurteilung führten. Auch Radio Primaton ging diesen Weg. Man sei dankbar dafür, sagte Geschäftsführer Gerald Huter am Mittwoch. Eine Redakteurin habe am Dienstag, dem Tag der bayernweiten Razzia, aber auch darauf bestanden, alle Türen zu schließen. Sie habe sich unsicher gefühlt.

    Dieses Gefühl kennen Journalisten. In einer nicht repräsentativen, aber aufschlussreichen Studie der Uni Bielefeld, die Professor Andreas Zick am Mittwoch bei einer Pressekonferenz der Initiative vorstellte, gaben 59,9 Prozent der bundesweit 322 befragten Medienschaffenden Ende 2019 an, Angriffe in den letzten zwölf Monaten erlebt zu haben; Angriffe im Sinne von hasserfüllten Reaktionen bis hin zu Straftaten.

    15,8 Prozent sagten, sie hätten schon eine Morddrohung erhalten. 80 Prozent der Angriffe seien von rechts gekommen, erklärte Zick. Besonders alarmierend: 26 Prozent der Befragten hätten wegen der Angriffe nicht weiter über Themen wie Migration, Flüchtlinge oder die AfD berichtet. „Das ist eine selbstauferlegte Einschränkung der beruflichen Freiheit – aus Angst vor Hasskommentaren.“ Vor diesem Hintergrund sagte Justizminister Georg Eisenreich: „Wer die Meinungsfreiheit schützen will, muss Hass bekämpfen.“ An allen 22 Staatsanwaltschaften im Freistaat gebe es daher inzwischen Sonderdezernate. Falls mehr Bedarf bestehe, dürfe es an den Ressourcen nicht scheitern, so der CSU-Politiker. Von sozialen Medien forderte er eine bessere Kooperation bei der Ermittlung tatverdächtiger Nutzer.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Hetze im Netz: Mund auf gegen die Mundtotmacher!

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