Crash am ersten Tag: Die störanfällige Lernplattform Mebis ist zum Start des bayernweiten Lockdowns wieder nur eingeschränkt erreichbar gewesen. Die Ursache war zunächst unbekannt, wie ein Sprecher des Kultusministeriums am Mittwochmorgen sagte. Nach dem Einloggen wurden Wartezeiten von bis zu 15 Minuten angezeigt, doch viele Nutzer gelangten auch danach nicht auf die gewünschte Webseite. Wer es doch schaffte, musste damit rechnen, aus dem instabilen System zu fliegen. Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), der wegen seines Corona-Krisenmanagements sowieso schon in der Kritik steht, versprach eine Lösung für nach den Weihnachtsferien.
"Aktuell melden sich sehr viele Nutzerinnen und Nutzer gleichzeitig an der Lernplattform an. Dadurch kommt es leider zu langen Wartezeiten. Alle anderen Mebis-Teilangebote stehen voll zur Verfügung", hieß es auf der Mebis-Webseite am Vormittag.
Kultusminister Piazolo (Freie Wähler) steht in der Kritik
Bei Mebis hatte es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gegeben. Über die staatliche digitale Plattform sollen Bayerns 1,7 Millionen Schüler eigentlich Lerninhalte abrufen, vor allem, wenn wie seit Mittwoch in den Schulen kein Unterricht vor Ort stattfindet. Piazolo steht in der Kritik, weil die Lernplattform zu Stoßzeiten nach wie vor immer wieder in die Knie geht - und das seit den ersten coronabedingten Schulschließungen im Frühjahr.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Lehrer, Schüler und Eltern zuvor auf einen längeren Ausnahmezustand an den Schulen auch nach den Weihnachtsferien eingestimmt. Er gehe davon aus, dass es wegen Corona auch nach dem 10. Januar noch Wechselunterricht geben werde, sagte er.
"Bis dahin wird es für die Schulen, die Mebis nutzen, eine Lösung geben", sagte Piazolo am Mittwoch. "Leider zeigt sich seit letzter Woche unter erhöhter Last: Alle umgesetzten Maßnahmen zeigen bislang nicht die Wirkung, die ich mir wünsche. Das ist für mich nicht akzeptabel." Schulen, die im Distanzunterricht auf die Lernplattform zugreifen wollten, müssten zuverlässig arbeiten können.
Dem Ministerium zufolge nutzen Bayerns Schulen verschiedene digitale Kommunikationswerkzeuge wie Beispiel MS Teams, andere Videokonferenztools und Cloud-Lösungen.
Mebis hatte schon früher eine Störung
Zum Start des Wechselunterrichts in höheren Schulklassen war Mebis auch schon am 9. Dezember gestört, wohl wegen eines Fehlers infolge eines Updates. Seit März habe man mit hoher Intensität an der Optimierung der Systeme gearbeitet, hieß es damals beim Ministerium. Statt sechs gebe es nun 28 Server. Die Leistungsfähigkeit habe sich verzehnfacht und die Rechenleistung sei erweitert worden.
Nach den Schulschließungen Mitte März brach Mebis zusammen, Eltern wurden mit Arbeitsaufträgen für ihre Kinder regelrecht überschüttet, per E-Mail, per Handychat oder übers Elternportal.
Piazolo steht aber nicht nur deshalb in der Kritik. Am Montag, also kurz nach der Bund-Länder-Entscheidung zur Schließung der Schulen ab Mittwoch, hatte ein Schreiben des Kultusministeriums für Aufregung gesorgt, in dem es für alle Jahrgangsstufen mit Ausnahme der Abschlussklassen unter anderem hieß: "Distanzunterricht findet in den betreffenden Klassen nicht statt." Die Landtags-FDP forderte daraufhin am Dienstag den Rücktritt des Kultusministers. Das Kultusministerium stellte später klar, dass Distanzunterricht auf der dreitägigen Zielgeraden zu den Weihnachtsferien zwar nicht verpflichtend sei, aber möglich bleibt.
Opposition spricht von "Systemcrash mit Ansage"
Dass nun gleich die Lernplattform crasht, bringt Piazolo erneut in Erklärungsnot. "Das war ein Systemcrash mit Ansage", erklärte der bildungspolitische Sprecher der Grünen Landtagsfraktion in Bayern, Max Deisenhofer, der Bayern-2-Radiowelt. Er setzte Piazolo ein Ultimatum: "Er hat den letztmaligen Auftrag, Bayerns Schulen bis zum 11.1. digital fit zu machen. Wenn er sich das nicht zutraut, sollte er andere ranlassen."
Andere sehen die Verantwortung ganz oben. "Die politische Verantwortung liegt aber auch bei Markus Söder", twitterte der SPD-Landtagsabgeordnete Florian von Brunn. "Sein Krisenmanagement: Große Worte, groß inszeniertes Auftreten, miserable Ergebnisse." (dpa/lby)
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