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Massenkarambolage: Unfall auf der A8: Das Wunder von Derching

Massenkarambolage

Unfall auf der A8: Das Wunder von Derching

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    Massenkarambolage auf der A8 mit 171 beteiligten Fahrzeugen und knapp 20 Verletzten.
    Massenkarambolage auf der A8 mit 171 beteiligten Fahrzeugen und knapp 20 Verletzten. Foto: Feuerwehr Augsburg

    Es ist neblig an diesem Freitagmorgen, der Verkehrsfunk warnt vor glatten Straßen. Auf der A 8 fließt der Verkehr zäh in Richtung München. Stefan Koch ist unterwegs zur Arbeit. Plötzlich kracht es. Blech kreischt. Autos und Lastwagen donnern ineinander. "Ich habe vor mir nur noch eine riesige Lkw-Front gesehen und bin sofort auf die Bremse", erzählt

    Der junge Mann lebt in Derching, einer 1800-Seelen-Ortschaft direkt an der A 8. Von der Unfallstelle aus kann er den Kirchturm seines Dorfes sehen. Stefan Koch steht neben seinem silbernen Opel, an seinem Hals baumelt eine Karte, die ihm die Retter umgehängt haben. Das Auto ist reif für den Schrottplatz, doch er hat nur kleine Blessuren. "Ich hatte großes Glück", sagt er, "es hätte viel schlimmer kommen können."

    So wie Stefan Koch denken viele Autofahrer, die an diesem Morgen in die Massenkarambolage auf der Autobahn bei Augsburg verwickelt sind. Die Fahrbahn nach München gleicht auf einer Länge von rund einem Kilometer einem Schlachtfeld. Überall sind Fahrzeuge ineinandergeschoben. Es riecht nach verbranntem Gummi und Öl.

    Angesichts dieser Bilder sprechen auch die Retter vor Ort von einem Wunder. "Es ist fast unglaublich, dass niemand ums Leben gekommen ist", sagt Friedhelm Bechtel von der Augsburger Berufsfeuerwehr. "So ein Trümmerfeld habe ich noch nicht gesehen." Auch bei der Polizei spricht man von einem "glimpflichen Ausgang" des Massenunfalls. "Es ist schon verwunderlich, dass wir so wenige Verletzte haben", sagt Oberkommissar Christian Mergel.

    Die Zahlen belegen es: Rund 200 Autos und Lkw sind in die Karambolage verwickelt, etwa 60 werden schwerer beschädigt. 60 Menschen erleiden leichte Blessuren. Aber nur 19 Verletzte müssen von den Rettern in Kliniken gebracht werden. Und die meisten der Patienten sind nur leicht verletzt. Einzig bei einem Lkw-Fahrer stellen die Mediziner laut Polizei mittelschwere Kopfverletzungen fest.

    Der Mann ist mit seinem Gespann in einen anderen Lastwagen gekracht. Ein Teil des Führerhauses ist zerquetscht, das Dach heruntergerissen. "Der Mann konnte noch selbst aussteigen", sagt Feuerwehrmann Friedhelm Bechtel. "Das ist Wahnsinn." Die Polizei beginnt in dem Trümmerfeld sofort mit der Ursachenforschung. In Teams durchstreifen Beamte die Unfallstelle, sie nehmen Aussagen auf und notieren Personalien.

    Zur genauen Unfallursache kann die Polizei noch nichts sagen. Wahrscheinlich ist aber, dass es um kurz nach sieben Uhr morgens in einer dichten Nebelbank bei Derching (Kreis Aichach-Friedberg) zum ersten Unfall kam. "Die Sicht war zeitweise unter 20 Meter", sagt Polizeisprecher Christian Mergel.

    Eine Erklärung dafür, weshalb die Karambolage so glimpflich endete, hat zunächst keiner. "Es waren viele Schutzengel unterwegs", meint einer, der mit seinem Auto in den Unfall verwickelt wurde. Alfred Pfänder ist ein erfahrener Verkehrspolizist. Er glaubt, dass die meisten Autofahrer "zum Glück" umsichtig gefahren sind. "Das Tempo war wohl nicht allzu hoch." Außerdem habe sich die Sicherheitstechnik der Autos in den vergangenen Jahren enorm verbessert.

    Die Rettungskräfte reagieren schnell - und mit einem Großaufgebot. Über 100 Feuerwehrleute sind vor Ort, etwa 60 Helfer mehrerer Rettungsorganisationen kümmern sich um die Menschen. Es wird Tee ausgegeben. Zelte und Heizstrahler werden aufgebaut. Wer hinter der Unfallstelle im Stau steht, muss sich gedulden. Kilometerweit stecken Autofahrer fest. Auch im Stadtgebiet von Augsburg gibt es Staus.

    Wilfried Kranke, der leitende Notarzt, blickt auf die Blechlawine, die sich bis zum Horizont erstreckt. Auch er ist erleichtert, dass so wenig passiert ist. "Wir haben unglaubliches Glück gehabt", sagt er.

    Und das Wetter spiele den Helfern in die Karten. "Bei Schnee oder Regen wäre das Chaos größer gewesen", meint Kranke. Die Sonne strahlt über der Autobahn. Der Schaden, schätzt die Polizei, wird in die Millionen gehen. Doch daran denken die Wenigsten. Einer sagt: "Heute ist mein zweiter Geburtstag." Jörg Heinzle

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