Die Masken-Affäre um dubiose Politiker-Geschäfte weitet sich aus: Nach Informationen unserer Redaktion ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München jetzt auch gegen den früheren bayerischen Justizminister Alfred Sauter. Derzeit durchsuchen Ermittler mithilfe des Landeskriminalamts die Privat- und Geschäftsräume des 70-jährigen CSU-Politikers in München und im Landkreis Günzburg. Wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft bestätigte, bestehe der Anfangsverdacht der Bestechlichkeit von Mandatsträgern gegen einen Landtagsabgeordneten. Er bestätigte ebenfalls Durchsuchungen in zehn Objekten in München und in Schwaben. Sauters Büro im Landtag wird derzeit ebenfalls durchsucht, wie unser Landtagskorrespondent Uli Bachmeier berichtet. Er befindet sich vor Ort im Maximilianeum. Die Ermittler sind demnach im 4. Stock des Nordbaus im Landtag zugange. In Zimmer N 413 sichten Staatsanwälte seit etwa 10 Uhr Blatt für Blatt der dort befindlichen Aktenordner.
Zuvor hatte der bayerische Landtag, dem Sauter seit mehr als 30 Jahren angehört, die Ermittlungen gegen den CSU-Politiker ermöglicht. Sauters Immunität ist bisher nicht aufgehoben worden, das ist aber nach den bayerischen Regelungen auch nicht notwendig. Für Ermittlungen gegen einen Mandatsträger ist es ausreichend, wenn die Ermittler ihr Vorhaben bei der Landtagspräsidentin Ilse Aigner anmelden. Kommt dann nicht innerhalb von 48 Stunden ein Veto des Landtags, können die Ermittlungen beginnen. Die Aufhebung der Immunität erfolgt gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt. Landtagspräsidentin Ilse Aigner hatte am Vormittag den Ältestenrat des Landtags darüber informiert.
Thomas Kreuzer fordert Alfred Sauter auf, sein Mandat ruhen zu lassen
Die CSU ist offenbar fest entschlossen, mit Sauter zu brechen. Generalsekretär Markus Blume forderte den langjährigen Landtagsabgeordneten auf, alle Parteiämter niederzulegen. Seine Angaben zur Sache seien unzureichend und die Vorwürfe schwerwiegend, so Blume in einer eilends einberufenen Pressekonferenz in München. Blume drohte sogar "sämtliche Maßnahmen des Parteiordnungsrechts" an. Es gebe zwar nach einer ersten Prüfung keine Hinweise auf einen Parteispendenskandal. Um aber alles Denkbare auszuschließen, habe er eine Sonderprüfung der Finanzen von Sauters CSU-Kreisverbands Günzburg und der Bundeswahlkreis-Geschäftsstelle Neu-Ulm beauftragt, betonte Blume. Externe Wirtschaftsprüfer seien eingeschaltet worden. Fraktionschef Thomas Kreuzer legte nach: Sauter solle sein Landtagsmandat ruhen lassen. Er werde ihn schriftlich auffordern, Details aufzuklären.
Auch Parteichef Markus Söder äußerte sich zu der Affäre. Die Vorwürfe könnten "das Vertrauen in die Demokratie, aber auch in die CSU nachhaltig schädigen", so Söder. Deshalb sei es wichtig, die Anschuldigungen "so rasch, so transparent und so lückenlos, wie es nur irgendwie geht zu entkräften und aus der Welt zu schaffen".
Söder fügte hinzu: "Hilfe anzubieten in der Krise, ist eine Tugend. Damit Geschäft zu machen, ist mit den Werten der CSU und der Demokratie nicht vereinbar." Außerdem zog der Ministerpräsident personelle Konsequenzen in Erwägung: "Wir brauchen im Zweifelsfall auch ganz deutliche Konsequenzen. Das gilt auch für Konsequenzen, was Ämter betrifft – und auch, was das Mandat betrifft."
Hintergrund der neuen Ermittlungen ist Sauters Rolle bei einem millionenschweren Geschäft mit Corona-Schutzausrüstung, die eine hessische Textilfirma unter anderem an das bayerische Gesundheitsministerium verkauft hatte. Sauter hatte gegenüber unserer Redaktion eingeräumt, dass er in dieses Geschäft verwickelt ist, er betonte aber, er sei nur als Anwalt tätig gewesen und habe lediglich den Vertrag entworfen. Als Abgeordneter sei er in dieser Angelegenheit nie tätig gewesen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat an dieser Version aber offenbar große Zweifel. Anders ist das massive Vorgehen gegen Sauter nicht zu erklären. Alfred Sauter ist momentan nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Wie viel hat der CSU-Politiker verdient? Alfred Sauter schweigt
Wie viel der CSU-Politiker mit dem Entwurf des Vertrags verdiente, wollte er unter Verweis auf seine anwaltliche Schweigepflicht bisher nicht sagen, obwohl CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer ihn in der Affäre zu Transparenz aufgefordert hatte. Die Masken-Affäre war durch Korruptionsermittlungen gegen Sauters langjährigen CSU-Parteifreund, den Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein ins Rollen gekommen.
Ihm wirft die Generalstaatsanwaltschaft ebenfalls Bestechlichkeit vor. Pikant ist, dass Nüßlein ebenso wie Sauter aus dem Landkreis Günzburg stammt. Sauter ist dort seit 1996 CSU-Kreisvorsitzender.
Masken-Affäre: Georg Nüßlein bestreitet die Korruptionsvorwürfe
Nüßlein soll über seine Beratungsfirma Tectum 660.000 Euro für Vermittlungstätigkeiten im Zusammenhang mit der Beschaffung von Corona-Schutzausrüstung kassiert haben. Nüßlein bestreitet die Vorwürfe. Seine Wohn- und Geschäftsräume waren Ende Februar durchsucht worden. Weitere Beschuldigte in der Maskenaffäre sind der schillernde Unternehmer Thomas Limberger, der im Münchner Nobelvorort Grünwald wohnt. Über dessen Firmengeflecht sollen die Provisionszahlungen abgewickelt worden sein. Zudem wird dem CSU-nahen Lobbyisten Michael Kraess Bestechung von Mandatsträgern vorgeworfen. Er ist ein alter Bekannter von Georg Nüßlein aus gemeinsamen Tagen bei der Jungen Union.
Zudem wurden die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft auf einen fünften Beschuldigten ausgedehnt, wie ein Sprecher bestätigte. Um wen es sich dabei handelt, ist derzeit noch unklar.
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