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Manching/Donauwörth: Ankerzentren in Bayern: Was ändert sich mit dem neuen Namen?

Manching/Donauwörth

Ankerzentren in Bayern: Was ändert sich mit dem neuen Namen?

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    Die Erstaufnahmeeinrichtung Donauwörth wird in ein "Ankerzentrum" umgewandelt.
    Die Erstaufnahmeeinrichtung Donauwörth wird in ein "Ankerzentrum" umgewandelt. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Donauwörth hat einen neuen Namen: Die frühere Alfred-Delp-Kaserne wird zum heutigen Mittwoch in ein „Ankerzentrum“ umgewandelt – so wie das Transitzentrum in Manching bei Ingolstadt und fünf weitere bestehende Flüchtlingseinrichtungen in Bayern auch.

    Die Abkürzung „Anker“ steht für Ankunft, Entscheidung, Rückführung. Geht es nach Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sollen Einrichtungen dieser Art in ganz Deutschland entstehen. Viele Bundesländer sind aber skeptisch oder lehnen die Forderung der Regierungskoalition in Berlin komplett ab. Anders sieht es in Bayern aus.

    Ankerzentren: Asylverfahren sollen schneller durchgesetzt werden

    Die wichtigsten Akteure im europäischen Flüchtlingskonflikt (Stand: Juni 2018)

    Horst Seehofer und die CSU

    Der Bundesinnenminister hat ein Maßnahmenpaket zur Migration erarbeitet, die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der Grenze ist ein Teil davon. Der CSU-Vorsitzende begründet dies mit der Sicherheit in Deutschland und der Stimmung in der Bevölkerung. Um seine harte Linie durchzusetzen, scheint er sogar zum Bruch mit der CDU bereit, mit einem Zerfall der Regierungskoalition als Folge. Kritiker werfen Seehofer vor, allein einen Erfolg der CSU bei den bayerischen Landtagswahlen im Herbst im Blick zu haben. Doch in der CDU wird auch vermutet, dass Seehofer eigentlich Merkels Sturz zum Ziel hat.

    Angela Merkel

    Die Kanzlerin ist die Getriebene in dem Konflikt. Unter dem Druck der CSU hat sie zugesagt, bis Monatsende über bilaterale Abkommen zu Zurückweisungen zu verhandeln – obwohl sie solche Maßnahmen eigentlich ablehnt. Nun will sie wenigstens eine europäische Lösung dazu hinbekommen. Doch in Europa schlägt ihr überwiegend Ablehnung entgegen, ihre wichtigsten Verbündeten sind Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Was immer Merkel erreicht, der Konflikt hat sie bereits jetzt als Kanzlerin und CDU-Vorsitzende gefährlich geschwächt.

    Emmanuel Macron

    Der französische Präsident warnt vor einer anti-europäischen Stimmung, die sich "wie die Lepra fast überall in Europa breitmacht". Er spricht sich gegen Nationalismus und geschlossene Grenzen aus und wirbt zusammen mit Kanzlerin Merkel für gemeinsame EU-Asylstandards und mehr Solidarität bei der Verteilung von Flüchtlingen. Kritiker auch in seiner eigenen Partei werfen Macron Doppelmoral vor: Denn Frankreich weist an der Grenze zu Italien systematisch Flüchtlinge ab.

    Italiens Regierung mit Innenminister Matteo Salvini

    Unter der neuen Populisten-Regierung geht Rom auf Konfrontationskurs zu Merkel. Treibende Kraft ist Innenminister Matteo Salvini, Chef der fremdenfeindlichen Lega. Er weigert sich, bereits in Italien registrierte Asylbewerber wieder zurückzunehmen: "Wir können keinen Einzigen mehr aufnehmen." Damit droht er, Merkels Plan für bilaterale Abkommen zum Scheitern zu bringen. Stattdessen zeigt sich Rom offen für die Zusammenarbeit mit EU-Staaten wie Österreich, die ebenfalls auf eine harte Gangart in der Migrationspolitik drängen.

    Sebastian Kurz und die ÖVP-FPÖ-Koalition in Wien

    Österreichs Bundeskanzler will mit einer "Achse der Willigen" eine restriktivere Migrationspolitik in Europa durchsetzen. Er wirbt dabei für eine regionale Zusammenarbeit zwischen Rom, Wien und Berlin – wobei er insbesondere Seehofer im Blick hat. Sollte Deutschland die Grenzkontrollen verschärfen, kündigte Kurz seinerseits Kontrollen an Österreichs Südgrenzen an. Zugleich positioniert er sich als Vermittler zwischen den westlichen EU-Mitgliedern und den osteuropäischen Visegrad-Staaten, die eine Flüchtlingsaufnahme strikt ablehnen. Ab 1. Juli übernimmt Österreich die EU-Ratspräsidentschaft und will dem Schutz der EU-Außengrenzen Priorität einräumen.

    Jean Claude Juncker

    Der EU-Kommissionspräsident und seine Behörde versuchen seit der Flüchtlingskrise vergeblich, eine Umverteilung von Flüchtlingen aus den stark belasteten Ankunftsländern im Süden Europas auf alle EU-Staaten durchzusetzen – er scheiterte am Widerstand osteuropäischer Länder. In ihren Vorschlägen für den künftigen EU-Finanzrahmen schlug die Kommission jüngst eine massive Aufstockung der Grenz- und Küstenschutzbehörde Frontex von 1000 auf 10.000 Beamte vor sowie eine stärkere finanzielle Unterstützung von Ländern bei der Flüchtlingsaufnahme. (AFP)

    Die neuen Ankerzentren seien von zentraler Bedeutung, um die Asylverfahren noch effizienter und schneller durchzusetzen, begründet die Bayerische Staatsregierung ihren Standpunkt. In jedem Ankerzentrum werde es eine soziale Betreuung geben und darüber hinaus Außenstellen der Landesausländerbehörde, des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der Bundesagentur für Arbeit und der Verwaltungsgerichte.

    Auf die Nachfrage, wovon sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mehr Effizienz verspreche, wenn die Herkunftsländer ihre Bürger nicht zurücknehmen oder Dokumente fehlen, antwortete der Minister kürzlich bei einem Ortstermin in Donauwörth knapp: „Hier ist der Bund gefordert.“

    Ein weiterer Baustein ist die Umstellung von Geld- auf Sachleistungen. So werde erreicht, dass nur die kämen, die eine echte Bleibeperspektive haben, argumentiert unter anderem Ministerpräsident Markus Söder.

    Die Aufregung in Donauwörth war groß

    In Donauwörth war die Aufregung groß, als die Pläne für das Ankerzentrum bekannt wurden. Es wurde die Sorge geäußert, dass dort künftig deutlich mehr Asylbewerber leben werden als derzeit in der Erstaufnahme. Vertraglich ist geregelt, dass bis zu 1000 Personen auf dem Kasernen-Areal untergebracht werden könnten, aktuell sind es zwischen 500 und 600.

    Die Sorgen sind auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es in der Vergangenheit immer wieder Probleme gab, vor allem mit jungen Männern aus Gambia. Deswegen wurde beim Sicherheitspersonal aufgestockt.

    Innenminister Herrmann sagte beim Ortstermin, dass angestrebt werde, die Belegungszahl auf dem jetzigen Niveau zu halten. Dass die Maximalbelegung dauerhaft für die Zeit bis zur Schließung unterschritten werde, dafür gebe er, so Herrmann, aber „keine hundertprozentige Zusage“.

    Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert die Ankerzentren

    Die Stadt Donauwörth hat aber die Zusage, dass die Einrichtung definitiv Ende 2019 geschlossen wird. Auch deswegen war die Überraschung groß, dass die Stadt überhaupt ein Ankerzentrum bekommt. Letztlich fiel die Wahl jedoch auf Donauwörth, weil hier die Infrastruktur bereits vorhanden ist.

    Kritisiert werden die Ankerzentren unter anderem vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Dessen Sprecher Alexander Thal sagt: „Die Schaffung von Ankerzentren würde in anderen Bundesländern teils zu massiven Verschlechterungen führen, in Bayern sind diese längst an der Tagesordnung. Bayern ist in der Asylpolitik bereits der menschenrechtliche Hinterhof in Deutschland.“

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