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Lutherjahr: Vom Ringen um den wahren Glauben

Lutherjahr

Vom Ringen um den wahren Glauben

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    Die Ausstellung „Fürstenmacht und wahrer Glaube“ in Neuburg an der Donau zeigt im Lutherjahr nicht nur die Reformation, sondern auch die Gegenreformation. Die Hofkirche, in der auf unserem Bild Kurator Michael Teichmann (links) und Organisationsleiter Roland Thiele sitzen, ist der Schlusspunkt der Schau.
    Die Ausstellung „Fürstenmacht und wahrer Glaube“ in Neuburg an der Donau zeigt im Lutherjahr nicht nur die Reformation, sondern auch die Gegenreformation. Die Hofkirche, in der auf unserem Bild Kurator Michael Teichmann (links) und Organisationsleiter Roland Thiele sitzen, ist der Schlusspunkt der Schau. Foto: Xaver Habermeier

    An kaum einem anderen Ort in Deutschland spielten sich die Auseinandersetzungen um den wahren Glauben intensiver ab als im Fürstentum Pfalz-Neuburg zur Zeit von Reformation und Gegenreformation. Pfalzgraf Ottheinrich führte 1542 den evangelischen Glauben ein, Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm kehrte 1617 zur katholischen Kirche zurück. Beide Glaubenswechsel wurden durch Krieg und Besatzung noch einmal rückgängig gemacht, bevor sie sich durchsetzten. Mit diesen Kontroversen beschäftigt sich die Ausstellung „Fürstenmacht und wahrer Glaube“, die von 15. Juli bis 5. November in Neuburg an der Donau (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) zu sehen ist.

    Vom Ringen um Macht und Religion zeugen rund 150 Exponate von 30 verschiedenen Leihgebern sowie zwei besondere Bauwerke: Die Neuburger Schlosskapelle ist der früheste protestantische Kirchenraum in Deutschland. Sie bildet den Auftakt der Ausstellung und ist mit ihren beeindruckenden Fresken von Hans Bocksberger dem Älteren zugleich einer der Höhepunkte. Die benachbarte Hofkirche wurde als evangelischer Gegenentwurf zur Münchner St.-Michaels-Kirche begonnen, jedoch katholisch vollendet und den Jesuiten übergeben. Dort endet die Besichtigung, unter anderem mit einem Faksimile des „Großen jüngsten Gerichts“ von Peter Paul Rubens – das Original wurde für diese Kirche angefertigt, hängt nun aber in der Alten Pinakothek in München.

    Im Schloss selbst geht es mit Bildnisteppichen von Ottheinrich und Susanna los, einem gemischtkonfessionellen Paar. Der Reichsapfel des „Winterkönigs“ Friedrich V., der aus der Schatzkammer der Münchner Residenz stammt, ist im Rittersaal ausgestellt. Zum daran anschließenden Fürstengang ist eigens für die Laufzeit von „Fürstenmacht und wahrer Glaube“ ein zugemauerter Durchgang geöffnet worden. In diesem Gang befinden sich sechs Abteilungen, die als eine Art Kreuzweg inszeniert sind. Sie widmen sich sechs aufeinanderfolgenden Pfalz-Neuburger Herrschern und ihrer jeweiligen Regierungszeit.

    Anhand dieser Stationen wird deutlich, dass die Konfessionswechsel stets von oben herab diktiert wurden – ohne Rücksicht auf die Untertanen. Als die Gegenreformation eingeführt wurde, mussten sich alle Neuburger einem Glaubensverhör unterziehen. Diese Befragungen werden multimedial nacherlebbar. Am Ende des Fürstengangs gibt es erstmals eine neu eingerichtete Schatzkammer der Hofkirche zu besichtigen – inklusive einer prächtigen Strahlenmonstranz. Die Exponate bei „Fürstenmacht und wahrer Glaube“ sind von unterschiedlichster Art: zum Beispiel Gold- und Silberschmiedearbeiten, Gemälde, Skulpturen, Dokumente und Textilien. Es werden auch ehemals mit Pfalz-Neuburg verbundene Orte wie Lauingen, Höchstädt, Sulzbach, aber auch Düsseldorf, Jülich und Heidelberg mit einbezogen. Neuburg selbst, wie etwa der lokale Historische Verein, der neben dem Stadtmuseum als Träger fungiert, steuert ebenfalls vieles bei.

    Durch eine technische Finesse – ein bayernweites Pilotprojekt – wird die Ausstellung ganz individuell erlebbar: Die Besucher können sich mit ihrem Smartphone eine App herunterladen, über die sie mit einem Chatbot in einen Dialog treten und ein Rätsel lösen können. Dieser Bot, genannt „Credo“, kann dem Besucher übers Handy oder an einer festen Station allerlei Fragen rund um die Ausstellung und die Stadt Neuburg beantworten. Was an der Ausstellung sonst noch außergewöhnlich ist? Kurator Michael Teichmann: „Wir sind die einzigen, die sich heuer nicht nur mit Martin Luther beschäftigen, sondern beide Seiten darstellen: Reformation und Gegenreformation.“ In Neuburg an der Donau feiert man nämlich neben 500 Jahre Reformation gleichzeitig die 400-jährige Wiederkehr der Wiedereinführung des katholischen Bekenntnisses im Fürstentum Pfalz-Neuburg.

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