Als Ludwig-Holger Pfahls noch das von der Polizei um die ganze Welt gejagte "Phantom" war, schwang bei seinem Namen stets eine gewisse Ehrfurcht wegen seiner filmreife Flucht mit. Bis zu seiner Festnahme 2004 in Paris war der zu den Schlüsselfiguren der Schreiber-Affäre zählende Pfahls einer der meistgesuchten Deutschen. In dem Augsburger Prozess gegen ihn im Jahr 2005 präsentierte sich der frühere CSU-Politiker dann als ein Mann mit Geist - doch aus seiner damaligen Verurteilung hat er offenbar nichts gelernt. Denn ab Mittwoch steht der 68-Jährige in Augsburg wieder vor Gericht. Die Anklage lässt das "Phantom" nun wie einen sehr gewöhnlichen Kriminellen erscheinen.
Das Augsburger Landgericht hatte den Pfahls 2005 rechtskräftig zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, weil er in seiner Funktion als Verteidigungsstaatssekretär von dem Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber Schmiergeld kassiert hatte. Dem Prozess vorausgegangen war eine Flucht, bei der ehemalige Pfahls, der auch Präsident des Bundesamtes für Verfassungschutz gewesen war, allerlei Finten einsetzte - so löste er einmal sechs Flugtickets in völlig verschiedene Himmelsrichtungen und verwischte so seine Spur. Die Polizei stand mehr als einmal blamiert dar.
Weil Pfahls in dem verzwickten Schmiergeldgebilde Schreibers der Erste war, der mit einem Geständnis den Ermittlern half, ging das Gericht dennoch milde mit ihm um - keine drei Wochen nach seiner Verurteilung kam Pfahls wieder frei. Doch kurz vor dem vergangenen Weihnachtsfest nahm ihn die Polizei wieder fest. Der Grund: Pfahls, der als Folge seines früheren Prozesses noch Schulden in Höhe von etwa 3,7 Millionen Euro bei der öffentlichen Hand hat, hatte sich als mittellos dargestellt. Doch tatsächlich soll er ein Millionenvermögen besitzen und darüber auch verfügt haben.
Pfahls wird nun Bankrott, eine falsche Versicherung an Eides Statt und auch Erpressung vorgeworfen. Denn der promovierte Jurist soll sich wie ein Pate in einer Schmierenkomödie verhalten haben. Im vergangenen Dezember, kurz vor seiner Festnahme, soll er sich um 12.00 Uhr mittags in der Filiale einer Fastfood-Kette am Nürnberger Hauptbahnhof mit einem Mann getroffen haben, dem er 10.000 Euro schuldete. Drei Schergen an seiner Seite sollen dem Mann dann nur 5000 Euro gegeben und ihm mit Drohungen klar gemacht haben, dass Pfahls nicht mehr zahlen werde.
Pfahls schweigt zu den Vorwürfen
Von Kiep bis Strauß: Urteile in der Schreiber-Affäre
Walther Leisler Kiep hatte als CDU-Schatzmeister von Karlheinz Schreiber eine Million Mark als Parteispende entgegengenommen. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Winfried Haastert hatten von Schreiber Schmiergeld kassiert und erhielten Bewährungsstrafen von 24 und 20 Monaten.
Ludwig-Holger Pfahls: Der Ex-Rüstungsstaatssekretär hat sich von Schreiber mit 3,8 Millionen Mark schmieren lassen. Er wurde zu 27 Monaten Haft verurteilt.
Max Strauß: Der Politikersohn erhielt 2004 wegen Steuerhinterziehung eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Nach der Revision wurde Strauß freigesprochen.
Dieter Holzer wurde 2008 wegen Fluchthilfe für Pfahls zu neun Monaten Bewährungsstrafe verurteilt.
Karlheinz Schreiber wurde 2010 wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
Ein weiteres Mal wurde Ludwig-Holger Pfahls im November 2011 verurteilt. Wegen Bankrotts und Steuerhinterziehung muss der frühere Spitzenpolitiker für viereinhalb Jahre ins Gefängnis.
Dieter Holzer wurde im November 2011 verurteilt, weil er Pfahls nach Ansicht des Landgerichts Augsburg bei der Steuerhinterziehung half. Aufgrund seiner zwei offenen Bewährungen lautete das Urteil auf dreieinhalb Jahre Haft.
Karlheinz Schreiber wird 2013 im Revisionsverfahren wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
Pfahls, der einst Büroleiter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß war, schweigt bisher zu den Vorwürfen. Aber wie es der Anklage nach scheint, hat er seine gewonnene Freiheit dem Luxus zuliebe aufs Spiel gesetzt und dabei seine aktuelle und seine geschiedene Frau mit reingerissen. Statt die Schreiber-Millionen liegen zu lassen und wieder neu anzufangen, soll Pfahls nämlich auf großem Fuß gelebt haben. Er soll das im Ausland liegende Geld Schreibers auf deutsche Konten seiner deutlich jüngeren dritten Frau umgeleitet haben und ein Haus und ein Luxus-Auto angeschafft haben. Mit Hilfe seiner geschiedenen Frau soll Pfahls zudem seine Villa in Südfrankreich für 2,7 Millionen Euro verkauft haben - beide Frauen sowie weitere Helfershelfer des promovierten Juristen sitzen mit auf der Anklagebank.
Maximilian Hofmeister, der Richter im ersten Pfahls-Prozess, sagte der "Augsburger Allgemeinen", er komme "überhaupt nicht mit, wie man so einen Mist bauen kann. Das zeugt von grenzenloser Selbstüberschätzung." Nach der ersten Verurteilung hatte ein Foto vom Handschlag Hofmeisters mit einer Verbeugung vor Pfahls für großes Aufsehen gesorgt, galt es doch vielen als Beleg für besondere Milde des Augsburger Gerichts. Der inzwischen pensionierte Richter bedauert die Geste heute - und sie hat damals für so viel Wirbel gesorgt, dass Pfahls alleine deshalb im erneuten Prozess nicht auf Milde hoffen darf.