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Lesetipp: Fünf Lehrerinnen, fünf Beispiele: So innovativ kann Digitalunterricht sein

Lesetipp

Fünf Lehrerinnen, fünf Beispiele: So innovativ kann Digitalunterricht sein

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    Heft, Buch, Tablet: So könnte ein Schülerschreibtisch in Corona-Zeiten aussehen.
    Heft, Buch, Tablet: So könnte ein Schülerschreibtisch in Corona-Zeiten aussehen. Foto: Ulrich Wagner

    Seit März 2020 schalten sich Lehrer regelmäßig per Video zu ihren Schülern nach Hause, der Distanzunterricht ist Alltag geworden – und er stellte manche Unterrichtsmethode auf die Probe. Lag im vergangenen Frühjahr das System Schule durch den Lockdown erstmal in Schockstarre, sind heute an vielen Schulen innovative neue Lernprojekte entstanden. Und manche von ihnen gehen weit über den normalen Unterrichtsstoff hinaus.

    Sybille Ziegler, Inge-Aicher-Scholl-Realschule Pfuhl und Stefanie Mahler, Realschule Affing: "Digitale Relitanten" auf 3-D-Tour

    Sybille Ziegler und Stefanie Mahler sind nicht nur Realschullehrerinnen, sondern auch gut befreundet. Sie nennen sich selbst die "Digitalen Relitanten" und auf ihrer gleichnamigen Homepage finden Lehrkräfte für jedes Schuljahr einen digital aufbereiteten Lernbereich im Fach Katholische Religionslehre. Im Moment beschäftigt sie Jahrgangsstufe sieben, genauer: Ökumene und Martin Luther. "Religion hat sich schon immer die Medien ihrer Zeit zunutze gemacht", erklärt Sybille Ziegler von der Realschule im Neu-Ulmer Stadtteil Pfuhl – so wie Luther den Buchdruck. "Wir fragen: Wie hätte Luther seine Thesen verbreitet, wenn er Whatsapp, Instagram oder einen Blog zur Verfügung gehabt hätte und wie hätten die Menschen reagiert?"

    Stefanie Mahler (links) und Sybille Ziegler in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen.
    Stefanie Mahler (links) und Sybille Ziegler in der ehemaligen Synagoge Ichenhausen. Foto: Digitale Relitanten

    Digitalität und Religion ließen sich gut verbinden, finden die beiden. "Hinter einem modernen Lernbegriff stecken ganz viele christliche Werte", sagt Stefanie Mahler, die an der Realschule Affing im Kreis Aichach-Friedberg unterrichtet. "Das Internet basiert auf einer Kultur des Teilens." Religionslehrer hätten "die Aufgabe, gelebte Religion ins 21. Jahrhundert hineinzutragen und in der Lebenswelt der Schüler Hilfen zu geben".

    Eins der spektakulärsten Projekte der "Digitalen Relitanten" ist eine 3-D-Führung durch die ehemalige Synagoge in Ichenhausen (Kreis Günzburg). Als Ersatz für die Exkursion dorthin haben Mahler und Ziegler sich eine 3-D-Kamera besorgt, sich mit digitalen Tools auseinandergesetzt und eine virtuelle Tour mit einzelnen Info-Stationen geschaffen. Und weil der Tag der offenen Tür wegen Corona entfällt, digitalisierten sie so auch gleich ihre Schulhäuser. Mit Hilfe von 3-D-Apps fürs Smartphone können sich Schüler an solchen Projekten beteiligen. "Am Ende war die ganze Schulfamilie dabei", freut sich Sybille Ziegler. Bietet der coronabedingte Distanzunterricht also auch Chancen? "Im Ausprobieren und Kreativsein entfalten Schülerinnen und Schüler ganz viel Potenzial", stellen die beiden fest. "Und Lehrkräfte sind bereit wie noch nie, neue Wege zu gehen."

    Annette Wörmann, Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen: Ausgezeichneter Unterricht mit Fachgesprächen

    Annette Wörmann vom Schyren-Gymnasium in Pfaffenhofen an der Ilm hat diese Woche den renommierten Deutschen Lehrerpreis gewonnen. Ihre Schüler haben sie dafür vorgeschlagen, eine Jury des Deutschen Philologenverbands und der Heraeus-Bildungsstiftung wählte sie am Ende aus. Die 38-Jährige unterrichtet Latein und Katholische Religionslehre, ein Schüler schreibt in seiner Begründung: "Frau Wörmann ist eine der kompetentesten Lehrkräfte, die ich kenne. Sie ist immer bestens vorbereitet, (...) auch ihr Zeitmanagement ist hervorragend. Sie versteht es, jeden Schüler zu packen, Stoff so zu erklären, dass ihn alle verstehen, und gestaltet immer abwechslungsreichen und aufregenden Unterricht." Seit einem Jahr vor allem digital.

    Annette Wörmann gewann in der Schülerpreiskategorie.
    Annette Wörmann gewann in der Schülerpreiskategorie. Foto: S. Pohla

    Wenn Annette Wörmann selbst von ihrem Unterricht erzählt, wirkt sie ganz bodenständig. Man merkt: Sie würde sich nie über andere Lehrer stellen. "Mir geht’s darum, den Schülerinnen und Schülern Raum zu geben, Fragen zu stellen und Antworten zu reflektieren und dabei wirklich Freude am Denken, am Lernen, am Kompetenzzuwachs zu entwickeln", sagt sie unserer Redaktion. Um das zu schaffen, denkt sie nicht strikt nach Stundenplan. In Zeiten des Distanzunterrichts lädt Wörmann Experten aus allen wissenschaftlichen Disziplinen ein, die mit Schülern der höheren Klassen per Video diskutieren. "Spannend war’s etwa, als ein Lichtforscher von den positiven Auswirkungen natürlichen Lichts auf die menschliche Gesundheit berichtete", erinnert sich Annette Wörmann. "Oder auch, als ein Musikwissenschaftler die musikalische Sprache des Metal mit den Jugendlichen erarbeitete."

    Am liebsten steht die Lehrerin im Klassenzimmer, doch auch auf den Distanzunterricht haben sie und ihre Schüler sich gut eingestellt. "Sei es ein Energizer, also ein Aktivierungsspiel oder ein Quiz mit Wettbewerbscharakter – die Schüler zu aktivieren, darum geht’s."

    Claudia Arifianto, Realschule Meitingen: Auf Schatzsuche mit den Fünftklässlern

    Claudia Arifianto hadert ein wenig damit, dass ausgerechnet ihr Projekt hier vorgestellt werden soll. "Da draußen sitzen täglich zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer vor den Geräten, die so unglaublich viel leisten, die Inspiration und Vorbild sind", sagt die Realschullehrerin aus Meitingen (Kreis Augsburg). "Für diese Menschen bin ich sehr dankbar und sie alle sollten einen Ehrenplatz bekommen."

    Gedichte illustrieren, mit bunten Bildern und dem passenden Text: Das können die Meitinger Fünftklässler.
    Gedichte illustrieren, mit bunten Bildern und dem passenden Text: Das können die Meitinger Fünftklässler. Foto: Silvio Wyszengrad

    Sie selbst schickt ihre Fünftklässler auf Schatzsuche. Der Schatz, den sie am Ende einer Schulwoche entdeckt haben: ein eigenes Theater für Gedichte. Arifianto, Lehrerin für Deutsch, Ethik und Englisch, hat mit Kolleginnen der Fächer IT und Kunst die digitale Schatzsuche konzipiert. "Uns war es wichtig, dass die Kinder kreativ sein und selbst etwas produzieren können", sagt die 40-Jährige. Sie bekommen dafür eine Powerpoint-Präsentation mit einer virtuellen Landkarte.

    Das erste Ziel auf ihrem Weg: "Die Höhle der Dichter". Darin finden die Schüler den Link zu einer Kindergedichtesammlung, suchen sich eines aus – Fallerslebens "Ein Männlein steht im Walde" etwa, oder "Der kleine Nimmersatt". Eine sprechende Krake erklärt, wie man ein Gedicht betont. In den "Bergen der Zeichenschule" lernen die Schüler, die Verse bildlich umzusetzen. Auf der Schatzkarte versteckt sich auch die Erklärung, wie man mit Powerpoint Text und Bilder zu einer Präsentation zusammenbaut. Und dann: die große Premiere vor der Klasse im virtuellen Theater.

    Manche Kinder hätten in Gruppen gearbeitet, andere aus der Gedichtwerkstatt ein Familienprojekt gemacht, sagt Claudia Arifianto. Sie hat ihre Schüler gefragt, was ihnen an der Schatzsuche gefallen hat: "Miteinander arbeiten, ohne sich zu sehen" antwortete ein Kind. "Ich habe gelernt, was man alles mit Powerpoint machen kann", ein anderes. Und die Lehrerin? "Ich werde die Geschenke, die uns die Digitalisierung bringt, definitiv weiter nutzen. Das größte Geschenk ist, dass wir Lehrer neugierig und begeisterungsfähig für neue Medien sind – und das auch bleiben müssen."

    Angela Hitzler, Realschule Weißenhorn: Ein Schnupperkurs für die perfekte Fächerwahl

    Wenn Angela Hitzler über Betriebswirtschaftslehre und Rechnungswesen (BwR) spricht, gerät sie ins Schwärmen. Das liegt auch an ihrer eigenen Lebensgeschichte: "Ich hatte selbst schon BwR in der Schule. Danach habe ich als Industriekauffrau gearbeitet – und jeden Tag davon profitiert." Obendrauf studierte sie noch Lehramt – und ist heute Lehrerin für BwR, Wirtschaft und Recht, Mathe und IT an der Realschule Weißenhorn.(Kreis Neu-Ulm). Nach der 6. Klasse können Schüler sich dort für den betriebswirtschaftlichen Zweig entscheiden.

    Angela Hitzler hat selbst vor dem Studium eine Ausbildung gemacht.
    Angela Hitzler hat selbst vor dem Studium eine Ausbildung gemacht. Foto: A. Hitzler

    Aber: "BwR ist so speziell, dass kaum ein Schüler sich etwas darunter vorstellen kann." Deshalb hat die 35-Jährige in Absprache mit der Fachbetreuerin einen digitalen Schnupperkurs entwickelt. Sie nutzte die kostenlose Software LearningApps. "Hinter einem Link verbergen sich spielerische Aufgaben. Um sie zu lösen, reicht ein Smartphone." In einem Kreuzworträtsel lernen die Schüler Kernbegriffe des Fachs – etwa Lohn, Gehalt, Gewinn, Verlust –, sie erfahren anhand eines virtuellen Geldscheins, warum Euroscheine fälschungssicher sind.

    Im BwR-Schnupperkurs ordnen die Schüler Einkommensquellen und -arten einander zu.
    Im BwR-Schnupperkurs ordnen die Schüler Einkommensquellen und -arten einander zu. Foto: A. Hitzler/Screenshot: S. Ritschel

    Hitzler hat Youtube-Quizzes erstellt, in denen die Schüler zum Beispiel Rechnungen lesen lernen. "Mein wichtigstes Ziel ist, dass die Kinder zufrieden sind mit dem Bereich, den sie für ihre weitere Schullaufbahn wählen."

    Schon vor Corona hat Angela Hitzler Lehrvideos in ihren Unterricht eingebaut, betreibt eine eigene Homepage mit Lernmaterialien. "Mein langfristiges Ziel für die Zukunft ist es, Grundwissen zu digitalisieren, damit die Schüler bei Bedarf zeitlich unabhängig die Möglichkeit zur Wiederholung haben."

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