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Leitartikel: Die Reizbarkeit der CSU

Leitartikel

Die Reizbarkeit der CSU

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    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will nicht mehr mit der Opposition zusammenarbeiten.
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer will nicht mehr mit der Opposition zusammenarbeiten. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Dass der in dieser Woche geprägte Begriff „Leberwurstkrise“ dereinst Eingang finden wird in die Geschichtsbücher des Freistaats Bayern, darf getrost bezweifelt werden. Dazu ist der Vorgang, den er bezeichnet, doch etwas zu lapidar: SPD, Freie Wähler und Grüne watschen im Nachgang zur Affäre Haderthauer die regierende CSU ab. Die

    Ganz und gar nicht belanglos allerdings sind die Hintergründe des Geschehens. Es geht nicht nur um offenkundigen Unsinn und groben Unfug. Der Vorgang offenbart vielmehr, wie schwach die Opposition und wie seltsam nervös die wieder allein regierende CSU ist.

    Unsinnig war es von der Opposition, nach dem Rücktritt Haderthauers auf der Sondersitzung zu bestehen. Das Kalkül, den Schwung der Affäre parteipolitisch auszuschlachten, ging nicht auf.

    Opposition holte zu wildem Rundumschlag aus

    Das lag zum einen an der Ungeschicklichkeit der Redner. Statt sich auf die Affäre und die Forderungen zu konzentrieren, die sich daraus ergeben, holten die Chefs der Oppositionsfraktionen Rinderspacher (SPD), Aiwanger (Freie Wähler) und Bause (Grüne) zu einem wilden Rundumschlag aus. Dabei hätten schon einige einfache Fragen ausgereicht, um die CSU ins Mark zu treffen: Warum wird mit zweierlei Maß gemessen? Warum musste der CSU-Bundesminister Friedrich sofort zurücktreten, als die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Edathy-Affäre gegen ihn zu ermitteln begann? Warum durfte Haderthauer trotz der Ermittlungen gegen sie noch wochenlang im Amt bleiben? Die Antwort wäre offenkundig gewesen: In einem Fall war Wahlkampf, im anderen nicht.

    Zum anderen eröffnete der Auftritt der Opposition der CSU die Möglichkeit, mit dem Holzhammer zurückzuschlagen. Es ist einfacher, das Niveau einer Debatte pauschal zu geißeln, als auf konkrete Kritik konkret zu antworten. Wenn dann hinterher noch ein Freier Wähler kommt und Seehofer mit Putin vergleicht, ist für die CSU jede Gefahr gebannt. Wer mit solch absurdem Unfug konfrontiert wird, kann sich eigentlich bequem zurücklehnen.

    Vom Dialog- in den Machtmodus

    Umso erstaunlicher ist die Reizbarkeit der CSU. Seehofer und Kreuzer wurden nicht provoziert, sie haben sich gerne provozieren lassen. Der Regierungschef nutzte die Attacken, um eine Zusammenarbeit aufzukündigen, die es ernsthaft nie gegeben hat. Schon lange vor dem Streit war zum Beispiel klar, dass man sich die Vorschläge der Opposition zur Reform des Gymnasiums bestenfalls anhören wollte. Die Entscheidungen, so hieß es unlängst, treffe alleine die CSU. Die Drohung Kreuzers mit der Redezeitbegrenzung offenbarte schließlich endgültig, dass die Regierungspartei vom Dialog- in den Macht-Modus zurückkehren will.

    Dahinter freilich gibt es einen tieferen Grund für die Nervosität der CSU. Sie verdankt ihren Wiederaufstieg zur Alleinregierung im Kern einem einzelnen Mann. Seehofer aber hat angekündigt, in wenigen Jahren das Feld zu räumen. Wie es weitergehen soll, weiß noch niemand. Gleichzeitig droht der Partei neben den Freien Wählern mit der Alternative für Deutschland eine weitere Konkurrenz im rechtskonservativen Lager. Das schafft Unsicherheit und erzeugt den Wunsch, die Machtbasis in Bayern zu festigen. Gegenüber dieser Herausforderung ist die „Leberwurstkrise“ eine lächerliche Episode.

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