Nichts ist mehr, wie es war für die CSU – im Guten wie im Schlechten. Quer durch Europa zerfleddert das bürgerliche Lager. In Deutschland schmiert die Schwesterpartei CDU ab. Nur die CSU in Bayern hält den Laden (noch?) zusammen. Sie kann sich rühmen, die letzte Volkspartei mit der Chance auf eine absolute Mehrheit in einem Landtag zu sein. Sie muss aber zugleich fürchten, genau dieses Alleinstellungsmerkmal zu verlieren. Sie kämpft um ihre Einzigartigkeit. Die bevorstehenden Wahlen im Bund (2017) und im Land (2018) werden in der Partei als Schicksalswahlen wahrgenommen.
Alles Anti-Söder im Seehofer-Lager
Ausgerechnet in dieser bewegten Zeit steht in der CSU ein Generationenwechsel an. Schon vor Jahren hat Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer angekündigt, seine Ämter 2018 zur Verfügung zu stellen. Ob er sich 2017 noch einmal für weitere zwei Jahre zum Parteichef wählen lassen will, ließ er dabei stets offen. Mittlerweile darf man getrost davon ausgehen, dass er seine Rücktrittsankündigung bereut. Einst schien es viele potenzielle Nachfolger zu geben. Jetzt aber erhebt nur einer den Anspruch auf die Macht: Finanzminister Markus Söder. Das ist der Mann, den Seehofer auf gar keinen Fall an der Spitze von Partei und Staat sehen will.
Nach außen hin, so zeigte es sich bei den Winterklausuren der Landesgruppe und der Landtagsfraktion, hält sich die Partei an die eisernen Regeln des Machterhalts, die im Vorfeld von Wahlen existenziell sind. Es gab keine hörbare Personaldiskussion. Es fiel öffentlich kein falsches Wort. Das Sprechverbot wurde konsequent beachtet. Einzig Seehofers missglückte Spötteleien zu Söders Geburtstag sorgten diese Woche in Kloster Banz für einigen Unmut.
Spekulationen um Innenminister Joachim Hermann
Tief im Innern der Landtags-CSU aber brodelt es gewaltig. Spekulationen, Seehofer könnte versuchen, Innenminister Joachim Herrmann im Frühsommer nicht nur zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, sondern gleich auch noch zum Parteichef wählen zu lassen, lösen im Söder-Lager sofort Alarmstufe Rot aus. Eine Kampfabstimmung wäre unausweichlich, heißt es da.
Wer würde gewinnen? Im Seehofer-Lager ist man davon überzeugt, dass ein Kandidat, der vom Parteichef vorgeschlagen und vom Vorstand mitgetragen wird, auf jeden Fall das Rennen machen würde. Im Söder-Lager dagegen heißt es, dass die Zustimmung für Söder mittlerweile so groß sei, dass die Parteibasis sich „gegen das Establishment“ durchsetzen würde.
Tatsächlich aber deutet nichts darauf hin, dass es schon vor der Bundestagswahl zu einer solchen Kraftprobe kommt. Seehofers Unterstützer glauben, dass Söder aktuell ohnehin in der Falle sitzt. Mit seiner Weigerung, als Spitzenkandidat der CSU in die Bundestagswahl zu ziehen, habe er sich vorerst selbst ins Abseits manövriert. Schneidet die CSU gut ab, sei es ein Sieg Seehofers.
Geht die Wahl in die Hose, könne Söder daraus keinen Nutzen ziehen, weil er sich gedrückt habe. Es bestehe also kein Grund, Söder durch eine vorgezogene Parteichef-Wahl zu provozieren.
Söder braucht nur etwas Geduld
Umgekehrt ist man sich auch im Söder-Lager offenbar weitgehend einig, dass nur ein Spiel auf Zeit Erfolg verspricht. Geduld sei zwar keine der Stärken des ehrgeizigen Nürnbergers. Aber ihm bleibe halt im Moment nichts anderes übrig, als abzuwarten und weiter an seiner Machtbasis in der Partei zu arbeiten. Irgendwann, so heißt es, werde Seehofer aufhören müssen – ob aus politischen oder aus gesundheitlichen Gründen.
Seehofer hat Söder ausgebremst. Gestoppt hat er ihn nicht. Vermutlich werden erst mit der Bundestagswahl die Karten neu gemischt. Dann kann alles passieren.
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