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Leistungserhöhung Gundremmingen: 27.000 Unterschriften gegen AKW: Auch Regierung kritisiert erstmals Pläne

Leistungserhöhung Gundremmingen

27.000 Unterschriften gegen AKW: Auch Regierung kritisiert erstmals Pläne

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    Mitglieder einer Bürgerinitiative übergeben im Landtag heute 20.000 Unterschriften gegen die Leistungserhöhung im AKW Gundremmingen.
    Mitglieder einer Bürgerinitiative übergeben im Landtag heute 20.000 Unterschriften gegen die Leistungserhöhung im AKW Gundremmingen. Foto: Peter von Neubeck

    Die Bürgerinitiative "Forum Gemeinsam gegen Zwischenlager" will heute Nachmittag im Landtag 20.000 Unterschriften gegen eine geplante Ausweitung der Atomstromproduktion im Kraftwerk Gundremmigen übergeben. Unterstützt werden sie dabei von der SPD-Fraktion im Landtag. Die Staatsregierung ging in der Zwischenzeit erstmals auf Distanz zu den Ausbauplänen der AKW-Betreiber.

    AKW-Betreiber will Leistung steigern

    Der Hintergrund: Die AKW-Betreiber EON und RWE wollen die Leistung der 30 Jahre alten Reaktoren des Kraftwerks steigern. Nachdem die Bundesregierung den Plan im Jahr 2007 noch zurückgewiesen hatte, sieht es nun so aus, als könne ein zweiter Entwurf genehmigt werden. Bereits im Frühsommer hatten Mitglieder der Bürgerinitiative der Landtagspräsidentin knapp 7000 Unterschriften gegen das Vorhaben übergeben. Jetzt sollen 20.000 weitere folgen.

    Der Atommüll ist noch nicht entsorgt

    Raimund Kamm, Vorsitzender der Bürgerinitiative, kritisiert besonders den Zustand der Reaktoren. Beide Reaktoren würden heute keine Genehmigungen mehr bekommen. Von dem dort produzierten Atommüll sei bisher außerdem noch kein Kilo entsorgt worden, so Kamm. Die Hälfte sei gar in "besonders riskanten Abklingbecken" zwischengelagert. Durch eine Leistungsausweitung würden die "Risiken noch größer".

    Die Staatsregierung soll Zeitplan offenlegen

    Das ist das Atomkraftwerk Gundremmingen

    Die Anlage Gundremmingen zwischen Günzburg und Dillingen, die in dieser Form seit 1984 besteht, ist der leistungsstärkste Kernkraftwerksstandort in Deutschland. Die zwei Reaktoren erzeugen pro Jahr mehr als 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht rund einem Drittel des gesamten Verbrauchs in Bayern.

    Die Betreibergesellschaft der Anlage gehört zu 75 Prozent RWE und zu 25 Prozent Eon. Nach dem Atomausstiegsbeschluss der Bundesregierung 2011 sollen Block B im Jahr 2017 und Block C 2021 abgeschaltet werden.

    Das Zwischenlager in Gundremmingen ging im August 2006 in Betrieb. Die Halle liegt rund 150 Meter vom Reaktorgebäude entfernt und ist 104 Meter lang, 38 Meter breit und 18 Meter hoch. Die Wände aus Stahlbeton sind 85 Zentimeter dick. Die Halle verfügt über eine Kapazität von 192 Castoren. Ein Castor wiederum enthält 52 Brennelemente. Damit ist das schwäbische Zwischenlager das größte in Deutschland.

    Wie alle anderen Zwischenlager ist auch dieses für eine Betriebszeit von maximal 40 Jahren ausgerichtet. Das heißt, in Gundremmingen endet die Genehmigung 2046. Spätestens dann, so die ursprüngliche Planung, sollte ein Endlager in Deutschland zur Verfügung stehen.

    Die Kritiker befürchteten schon bei der Genehmigung des Zwischenlagers, dass es de facto zu einem Endlager werden könnte. Außerdem argumentierten sie, dass in jedem der Castoren mehr Radioaktivität enthalten sei, als bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde.

    Gegen den Bau der Zwischenlager wurde bundesweit prozessiert. Im Fall von Gundremmingen reichten fünf Anwohner aus umliegenden Gemeinden Klage beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Der VGH wies die Klage mit seinem Urteil vom 2. Januar 2006 ab.

    Auch die energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Natascha Kohnen, ist besorgt über den Antrag der Atomindustrie. Kohnen hat deshalb die Staatsregierung aufgefordert, ihren Zeitplan offenzulegen.

    Sie fordert: "Gundremmingen darf nicht weiter ausgebaut werden." Die Staatsregierung müsse den Schutz der Bevölkerung vor die wirtschaftlichen Interessen der Atomkonzerne stellen.

    Staatsregierung geht auf Distanz zu Ausbau-Plänen

    Die ging am Dienstag erstmals auf Distanz zu der geplanten Leistungserhöhung. Der Antrag der Betreiber setze "ein politisch falsches Signal - gerade in Zeiten der Energiewende", erklärte Umweltminister Marcel Huber (CSU) am Dienstag in München. "Deshalb steht für mich hinter der Leistungserhöhung ein großes Fragezeichen." Die Zukunft liege in den erneuerbaren Energien.

    Huber appellierte an die Betreiber, auf die geänderte Situation zu reagieren. Der Antrag der Energiekonzerne RWE und Eon stamme noch aus der Zeit vor der Entscheidung über den Ausstieg aus der Atomenergie. Dennoch müsse der Antrag selbstverständlich nach Recht und Gesetz geprüft werden. "Das Verfahren ist noch lange nicht abgeschlossen. Auch die Stellungnahme des Bundes steht noch aus", betonte der CSU-Politiker.

    Bereits seit mehr als zehn Jahren läuft das Verfahren

    Das Genehmigungsverfahren beim bayerischen Umweltministerium läuft bereits seit mehr als zehn Jahren. Nach den Betreiberplänen könnte die Leistung in den beiden Blöcken des Atomkraftwerks um jeweils gut 20 Megawatt gesteigert werden. AZ/dpa/lby

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