Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Landwirtschaft: Die Hallertau kämpft um ihren Ruf

Landwirtschaft

Die Hallertau kämpft um ihren Ruf

    • |
    Der unerlaubte Spritzmitteleinsatz von 40 Hopfenbauern setzt in der Hallertau der ganzen Region zu.
    Der unerlaubte Spritzmitteleinsatz von 40 Hopfenbauern setzt in der Hallertau der ganzen Region zu. Foto: Stefan Kiefer/dpa

    Wolnzach Die Reaktionen fielen heftig aus. Da war die Rede vom Hopfendesaster, vom Spritzmittelskandal und vom Mantel des Schweigens, den eine ganze Branche über ein Tabuthema gelegt hatte. Für Otmar Weingarten in

    Dabei handelt es sich um den Wirkstoff Fluopicolid, der – anders als im Wein- und Gemüseanbau – für Hopfenpflanzen keine Zulassung hat. Rund 30 bis 40 Betriebe in der Hallertau haben es trotzdem verwendet und damit Deutschlands größtes Hopfenanbaugebiet in Erklärungsnot gebracht.

    Seit der unerlaubte Einsatz des Spritzmittels bekannt wurde, steht Weingartens Telefon nicht mehr still. Hartnäckig wehrt sich der Verbandssprecher jetzt dagegen, dass die ganze Hallertau in Sippenhaft genommen und an den Pranger gestellt wird. Auch von einem Mantel des Schweigens könne in seinem Verband keine Rede sein, sagt Weingarten. Gleichzeitig versucht sich der Vertreter der Hopfenbauern an einer Erklärung für die unlauteren Praktiken einiger seiner Kollegen.

    Offenbar hatten die Hopfenpflanzer im Sommer 2010 in dem unerlaubten Wirkstoff die einzige Chance gesehen, einer unangenehmen Pilzkrankheit auf ihren Feldern Herr zu werden.

    Ein Jahr zuvor hatte der Hagel die Bestände vieler Bauern zerstört. Wegen des Pilzbefalls drohten erneut Ernteausfälle. Den Totalschaden vor Augen, hätten wohl 30 bis 40 Höfe auf den im Hopfen nicht zugelassenen Wirkstoff Fluopicolid zurückgegriffen, glaubt Weingarten. „Zu rechtfertigen ist das Verhalten der Bauern damit nicht, aber zumindest zu erklären“, sagt der Verbandssprecher.

    Für die Pfaffenhofener Kreisbäuerin Annemarie Randelzhofer haben die Bauern aus der Not heraus die falsche Entscheidung getroffen. Vielleicht, weil die gängigen Pflanzenschutzmittel gegen den hartnäckigen Pilz nicht mehr wirkten, sagt die Bäuerin, die selbst Hopfen anbaut.

    Sie schließt aber auch nicht aus, dass sich einige Bauern von Agrarmittelvertretern überreden ließen, Fluopicolid auf ihren Feldern zu verwenden.

    Bei Qualitätskontrollen von Händlern war das unerlaubte Spritzmittel schließlich nachgewiesen worden. Der gesamte belastete Hopfen musste vernichtet werden. Der Hopfenpflanzerverband meldete den Vorfall den zuständigen Behörden. „Es ist nichts ins Bier gelangt“, gibt Verbandssprecher Weingarten Entwarnung.

    Die Folgen sind dennoch verheerend. Weingarten zufolge ist den Bauern ein Gesamtschaden von vier bis sechs Millionen Euro entstanden. Zudem wurden gegen die Hopfenpflanzer Bußgelder verhängt, auch droht eine zivilrechtliche Haftung.

    Das ganze Ausmaß des Schadens kann der Hopfenpflanzerverband zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen, ebenso wenig, wie sich die Affäre langfristig auf den Ruf der Hallertau auswirkt.

    Um einen drohenden Imageschaden abzuwenden, hat der Pflanzerverband reagiert. Seit der Ernte 2011 gibt es ein flächendeckendes Monitoring für Pflanzenschutzmittelrückstände. Das bedeutet letztlich, dass die gesamte Ernte nicht mehr nur von den Händlern, sondern auch von den Erzeugern selbst in einem neutralen Labor auf Pflanzenschutzmittel hin überprüft wird.

    „Das Sicherheitsnetz ist noch einmal engmaschiger geworden“, sagt Verbandssprecher Otmar Weingarten. Er hofft, dass bald wieder Ruhe in der Hallertau einkehrt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden