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Landtagswahl 2018: Grünen-Kandidatin Schulze: "Die CSU muss zur Besinnung kommen"

Landtagswahl 2018

Grünen-Kandidatin Schulze: "Die CSU muss zur Besinnung kommen"

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    Katharina Schulze, Spitzenkandidaten der bayerischen Grünen, will ihre Partei zur zweitstärksten Kraft hinter der CSU machen.
    Katharina Schulze, Spitzenkandidaten der bayerischen Grünen, will ihre Partei zur zweitstärksten Kraft hinter der CSU machen. Foto: Lino Mirgeler, dpa

    Kreisläufer im Handball sind die Nervensägen der gegnerischen Mannschaft: Sie bringen die Abwehr durcheinander, sind flink, wuselig, durchsetzungsstark und allzeit bereit, den Ball aufzunehmen und einen Treffer zu landen. Katharina Schulze war Kreisläuferin beim TSV Herrsching am Ammersee. Heute ist die Grünen-Spitzenkandidatin die größte Nervensäge der bayerischen Staatspartei CSU.

    Die junge Politikerin ist mit ihrem Kollegen Ludwig Hartmann drauf und dran, die Grünen im Freistaat zur zweitstärksten Kraft hinter der CSU zu machen. Die neuesten Umfragen belegen das. Die Grünen haben einen Lauf, sie liegen zwischen 15 und 17 Prozent. Bei der letzten Landtagswahl waren es 8,6 Prozent. 1986 sind sie als „Schmuddelkinder“ ins Parlament eingezogen. Nun könnte es zum ersten Mal die Chance zum Mitregieren geben. In München haben die Grünen Wahlprognosen zufolge die reale Möglichkeit, Direktmandate zu gewinnen. Selbst CSU-Ministerpräsident Markus Söder hat die altehrwürdige SPD als Hauptgegner abgeschrieben und durch die Grünen ersetzt.

    Umfrage: Historischer Tiefstand für bayerische SPD

    Die Grünen machen zurzeit anscheinend fast alles besser als die Sozialdemokraten. Während die sich in der Berliner GroKo aufreiben, dringen ihre bayerischen Genossen mit den Themen Wohnen, Familie und Arbeitswelt nicht durch. Sie fielen in der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für unsere Redaktion auf 11,8 Prozent – ein historischer Tiefstand. Vor allem aber gelingt den Grünen der Generationenwechsel besser. Alt-Zeigefinger wie Jürgen Trittin oder Renate Künast sind quasi von der Bildfläche verschwunden. Leute wie Robert Habeck und Annalena Baerbock ersetzen sie und heimsen nicht nur bessere Sympathiewerte und mehr Medienpräsenz ein, sondern punkten auch in der härtesten politischen Währung: bei den Wahlergebnissen.

    In Bayern ist der Aufschwung der Grünen eng verbunden mit Katharina Schulze. Sie ist erst 33 und könnte damit noch gar nicht Ministerpräsidentin werden, weil die Verfassung des Freistaats dies Menschen unter 40 nicht erlaubt. Das haben einige ältere Männer einmal so beschlossen.

    Aber so weit ist es ja noch nicht. Katharina Schulze sitzt in einem Münchner Café, redet viel, schnell und nicht leise. Sie sagt Sätze wie „es gibt zurzeit so viele Herausforderungen, Entschuldigung, aber wir haben schlicht keine Zeit für die Eitelkeiten alter Männer“. Sie meint CSU-Chef Horst Seehofer. Ein alter Mann am Nebentisch schaut streng herüber und man kann erahnen, wie die Männerpartei CSU auf Katharina Schulze reagiert. „Sie ist eine Nervensäge“, sagt ein CSU-Landtagsabgeordneter.

    Schulzes iPhone ist in eine rosa Hülle eingepackt, einige Meter weiter steht ihr Fahrrad, der Sattel trägt Blümchenmuster. Sie sagt, sie sei Feministin. Ein Auto hat sie nicht. Grüne Klischees. Katharina Schulze spielt mit ihnen. Sie ist schlau genug zu wissen, dass sie damit das alte grüne Gutmenschentum in die Neuzeit überführen kann. Aus ihr sprudelt der Satz: „Ich will pragmatisch die Welt retten“ – völlig ohne Ironie. Der alte Mann am Nebentisch grinst.

    "Katha spielt alle an die Wand“: Schopper spricht sich für Schulze aus

    In der CSU haben sie auch lange gegrinst über Katharina Schulze, über die einstige Schülersprecherin, das „Mädchen“ von den Grünen, das da 2013 auf einmal im Landtag auftauchte, bunte Klamotten trug, freche Reden hielt und ständig mit ihrem Smartphone beschäftigt war. Inzwischen dämmert es den Parteioberen bei den Christsozialen, dass hier ein echtes politisches Talent herangereift ist. Und zwar wahrscheinlich genau aus jenen Gründen, die altgediente Abgeordnete Schulze ankreiden: dass sie wenig Erfahrung hat, unbekümmert redet, keinem Parteiflügel angehört, oftmals sehr direkt und immer gut gelaunt ist. Katharina Schulze kommt bei den Leuten gut an. Und so kommt es, dass eine Ansage wie „wenn die CSU unsere Bürgerrechte einschränken will, bekommt sie es mit mir zu tun“ von Ministerpräsident Markus Söder und den Seinen nicht mehr belächelt, sondern ernst genommen wird.

    Viele bei den Grünen halten Schulze für ihr größtes politisches Talent. Theresa Schopper aus dem Allgäu, die zehn Jahre Grünen-Chefin in Bayern war und heute Staatssekretärin in der baden-württembergischen Landesregierung ist, kennt die gebürtige Freiburgerin schon lange. Schulze hat einst in ihrem Büro angefangen. „Die Katha spielt alle an die Wand“, sagt Schopper.

    Ihre Durchsetzungsfähigkeit hat Katharina Schulze früh unter Beweis gestellt. Als Vorsitzende der Grünen Jugend München und Sprecherin der NOlympia-Bewegung hatte sie maßgeblichen Anteil daran, Olympische Spiele in München zu verhindern. Und zwar gegen die eigene Partei. Auf einem Bundesparteitag der Grünen 2010 hielt sie eine mitreißende Rede gegen Olympia, obwohl die Grünen-Ikone und damalige Parteichefin Claudia Roth im Münchner Olympia-Beirat saß. Schulze gewann die Abstimmung, Roth zog sich aus dem Beirat zurück. Als Parteifreunde Schulze danach rieten, ihre Bewerbung um den Münchner Grünen-Vorsitz zurückzuziehen, pfiff sie auf diese Warnungen und holte sich den Posten. Als Sprecherin des Bündnisses gegen eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen schaffte sie das Kunststück, die CSU und die Münchner SPD in einem Bürgerentscheid zu schlagen.

    Im Dirndl und auf Demos: Schulze agiert nicht nur im Landtag

    Schulze kann Kampagnen. Und mehr. Sie bewährt sich als Rednerin im Dirndl im Bierzelt genauso wie auf Demos und im Landtag. Und sie kann Internet. Kaum ein anderer bayerischer Politiker ist so aktiv in sozialen Netzwerken. Schulze hatte auch den ersten politischen Youtube-Kanal. Jetzt weiß die CSU, warum sie immer am Smartphone hängt. Auch bei ihren Inhalten ist Schulze nicht nur klassisch grün: Sie pflegt einen guten Kontakt zur Polizei, sagt: „Ich bin froh, dass wir die

    Und sie will an die Macht: „Unser Ziel ist es, Verantwortung zu übernehmen und das Land zu gestalten“, formuliert Schulze und ist sich darin einig mit ihrem Co-Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann. Das bringt die CSU in die Bredouille. Die hat ohnehin schon panische Angst davor, die absolute Mehrheit zu verlieren und zu einer „normalen“ Partei zu werden. Nun befürchtet sie zusätzlich, zwischen Links und Rechts, also zwischen Grünen und AfD, zerrissen zu werden. Eine schwarz-grüne Regierungskoalition würde die klassische CSU-Klientel weiter auf die Barrikaden treiben. So oder so könnte es eine historische Wahl in Bayern werden, mit Auswirkungen auf die ganze bundespolitische Landschaft.

    Doch so weit ist es noch nicht. Denn Katharina Schulze hält sich geschickt Optionen offen: „Mit uns kann man immer über ökologische und gerechte Politik reden. Nicht aber über antieuropäische und autoritäre

    Um die Landtagswahl 2018 geht es auch in der aktuellen Folge unseres Podcasts:

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