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Landtag: Nach Krebserkrankung: Daxenberger meldet sich zurück

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Nach Krebserkrankung: Daxenberger meldet sich zurück

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    Sepp Daxenberger (dpa)
    Sepp Daxenberger (dpa) Foto: de cu

    Wenn Sepp Daxenberger diese Woche in den Landtag zurückkehrt, dann wissen seine Kollegen, politische Freunde wie Gegner: Er hat es wieder einmal geschafft. Wieder einmal konnte der 48-Jährige sich erfolgreich gegen sein schweres Krebsleiden aufbäumen. Wieder einmal gelingt ihm der Schritt zurück auf die Bühne der Politik.

    Das Gehen, vor allem das Treppensteigen, fällt ihm noch schwer. Die geschwächte Muskulatur und der nach mehreren Krebstherapien eingeschränkte Gleichgewichtssinn machen ihm zu schaffen. Doch der neben Parteichefin Claudia Roth prominenteste Grüne in Bayern klagt nicht. Wer sich mitfühlend nach seinem Befinden erkundigt, wird nüchterne, fast lapidare Antworten erhalten wie: "Es geht schon wieder aufwärts." Oder: "Daheim auf dem Sofa werd' ich auch nicht gesund."

    Daheim ist für Daxenberger eine der schönsten Ecken Oberbayerns, in Waging am See im Rupertiwinkel. Wer wissen will, was ihn politisch antreibt, muss ihn in Waging besuchen. Hier war er zwölf Jahre lang Bürgermeister, der erste grüne Bürgermeister Bayerns. Hier holte er 2008 bei der Landtagswahl 51,5 Prozent der Erststimmen. Und hier steht, etwas außerhalb, auch sein Bio-Hof, wo er mit seinen Eltern, seiner ebenfalls an Krebs erkrankten Frau und seinen drei Söhnen wohnt. Die Arbeit mit den Kühen und die Arbeit im Wald müssen die gesunden Familienmitglieder schultern. Daxenberger hilft, so gut er kann: "Anschaffen geht schon wieder", sagt er schelmisch lächelnd.

    Unser Treffpunkt ist ein Café im Zentrum Wagings, gleich neben der Kirche. Daxenberger trinkt Johannisbeer-Schorle und beantwortet Fragen nach seiner Krankheit. Seit 2003 leidet er an einer Mischung aus Knochenkrebs und Leukämie. Vor dreieinhalb Jahren rettete ihn eine Knochenmarkstransplantation. Es folgten eine schwere Infektion und viele Monate im Krankenhaus. 2007 ging es wieder bergauf. Der wertkonservativ-pragmatische Biobauer, damals Landesvorsitzender der Grünen, mischte politisch wieder mit. Er gab 2008 sein Bürgermeisteramt ab, wurde Spitzenkandidat seiner Partei und erreichte für die Grünen mit 9,4 Prozent ihr bisher bestes Landtagswahlergebnis. Er wurde Fraktionschef im Landtag.

    Ende 2009 meldete sich der Krebs zurück. Die Ärzte rieten zu Übertragungen von Blutplasma. Sie sollen eine Abwehrreaktion provozieren, um den Körper zu stärken. Doch zunächst wurde alles schlimmer. Daxenberger verlor stark an Gewicht und musste sogar einige Wochen künstlich ernährt werden, ehe er langsam wieder auf die Beine kam. Ob die Quälerei ihm auf Dauer nützt, weiß er nicht. Doch er gibt sich "ganz optimistisch".

    Einige Zweifel aber hat er auch - vor allem, wenn es um die Politik in Bayern geht. "Die Regierung ist schwach, aber die Opposition ist auch nicht sehr stark", bemerkt er ebenso trocken wie selbstkritisch. Gerne würde er auf Landesebene wiederholen, was ihm im Kleinen in Waging gelungen ist: Als er 1996 Bürgermeister wurde, hatten sich die Schulden der 6500-Einwohner-Gemeinde auf 350 Euro pro Kopf summiert. Es gelang ihm dennoch, etwas zu bewegen. Er setzte eine Sanierung des Ortskerns und eine Verlegung der Durchgangsstraße durch und verhinderte die Abwanderung des Einzelhandels. Jetzt ist alles herausgeputzt und das Leben pulsiert. Besonders stolz ist Daxenberger auf eine Zahl: Als er die Gemeinde seinem Nachfolger übergab, lag die Pro-Kopf-Verschuldung bei null.

    In der Landespolitik, gibt er zu, sei es ungleich schwieriger, "ein in sich geschlossenes Konzept vorzulegen". Er kritisiert die neue CSU/FDP-Staatsregierung scharf. "Bei Stoiber hat man wenigstens noch irgendeine Vision gesehen. Das vermisse ich bei Seehofer völlig", sagt Daxenberger, fügt aber sogleich hinzu: "Wenn ich ehrlich bin, tun wir uns damit momentan auch als Grüne schwer." Jeder wisse, dass in der Politik der Überbringer der schlechten Nachricht "geköpft" werde. "Wenn Politik ehrlich wäre, müssten wir sagen, dass wir in den vergangenen 30 Jahren über unsere Standards gelebt haben und dass es in Zukunft darauf ankommt, das Erreichte zu sichern." Eine Chance sieht Daxenberger nur in einer Politik, die sich vom kurzatmigen "Themen-Hopping" verabschiedet und versucht, statt ein Jahr zehn Jahre vorauszudenken. Über sich selbst sagt er: "Ich bin voller Pläne und Ideen." Jetzt kehrt er erst einmal in den Landtag zurück. Und wenn sich dort auf Dauer zu wenig bewegt, hält er sich noch eine andere Option offen: eine Kandidatur als Landrat im Kreis Traunstein.

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