Nach der vorläufigen Festnahme eines 63-jährigen ehemaligen bayerischen Polizeibeamten in Zusammenhang mit der Serie rechtsextremer Drohmails mit der Unterschrift "NSU 2.0" hat sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) für harte Konsequenzen ausgesprochen. "Wir müssen mit aller Konsequenz gegen die Verfasser dieser unsäglichen Drohmails vorgehen. Die Disziplinarbehörde der Bayerischen Polizei hat gegen den ehemaligen Beamten, der seit 16 Jahren im Ruhestand ist, bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet", sagte Herrmann unserer Redaktion. "Auch ein Beamter im Ruhestand darf sich nicht extremistisch betätigen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, drohen dem ehemaligen Beamten harte dienstrechtliche Sanktionen bis hin zur Aberkennung des Ruhegehalts", sagte Herrmann.
Verdächtiger im Fall "NSU 2.0" war Polizist in Landshut
Wie das bayerische Innenministerium gegenüber unserer Redaktion erklärte, war der Beschuldige im Alter von 47 Jahren Ende Mai 2004 vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden, da er krankheitsbedingt dauerhaft dienstunfähig gewesen sei. Sein Dienstort war die Polizeiinspektion Landshut.
Er erwarte schnellstmögliche Aufklärung, welche Rolle der ehemalige Polizeibeamte und seine 55-jährige Ehefrau, die ebenfalls vorläufig festgenommen worden war, beim Versand der rechtsextremistischen Drohmails habe, sagte Herrmann. Die Durchsuchungsaktion und die vorläufige Festnahme im bayerischen Landshut wertete der CSU-Politiker als ein ersten Erfolg.
Dort wurden am vergangenen Freitag eine Wohnung durchsucht und der ehemalige Polizist sowie seine 55-jährige Ehefrau vorläufig festgenommen, wie die Frankfurter Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte. Der 63-Jährige soll bereits in der Vergangenheit wegen rechtsmotivierter Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten sein.
Ermittler wissen aktuell von 69 Drohmails des "NSU 2.0"
Vor kurzem war bekanntgeworden, dass Linken-Politikerinnen mit "NSU 2.0" unterzeichnete Drohschreiben erhalten hatten. Weitere bekannte Empfängerinnen von Drohmails waren die Kabarettistin Idil Baydar und die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz, die im Münchner Prozess um die Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) Opferfamilien vertreten hatte.
Den Ermittlern des hessischen LKA lagen zuletzt Informationen über 69 rechtsextreme Drohschreiben vor. Diese richteten sich nach Angaben von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) an 27 Personen und Institutionen in insgesamt acht Bundesländern. Neun Personen sollen in Hessen wohnen.
Über Basay-Yildiz, Baydar und die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler waren zuvor persönliche Daten von Polizeicomputern in Frankfurt und Wiesbaden abgerufen worden. Es gibt mittlerweile bereits eine Serie von mit "NSU 2.0" unterzeichnete Schreiben. Es ist aber nicht geklärt, ob es sich bei allen Drohungen um denselben Absender handelt.
An der Durchsuchungsaktion in Landshut sollen auch Kräfte des hessischen Landeskriminalamtes und der bayerischen Polizei beteiligt gewesen sein. (mit dpa)
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